![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
11. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. und Y. gegen Sozialbehörde Z., Vormundschaft (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_215/2008 vom 24. Oktober 2008 | |
Regeste |
Art. 264 und 268a ZGB; Adoption eines verwandten Kindes. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
B. ist der Bruder von X. und lebt mit seiner Ehefrau C. in D., Republik Serbien. Dieses Ehepaar hat vier Kinder (geboren 1998, 2000, 2002 und 2003). Als die Ehefrau das fünfte Kind erwartete, kamen die beiden Ehepaare überein, dieses Kind, F. (geboren 2003), dem kinderlosen Ehepaar zu überlassen.
| 2 |
In der Folge ersuchten X. und Y. im Hinblick auf eine Adoption um eine Pflegeplatzbewilligung für F. Mit Verfügung vom 31. Mai 2005 erteilte das Amt für Jugend und Berufsberatung des Kantons Zürich, Zentralbehörde Adoption, die definitive Bewilligung, das Kind F. aus Serbien-Montenegro zwecks späterer Adoption aufzunehmen. Zwei Monate später reiste das Kind in die Schweiz ein und lebt seither bei seinen Pflegeeltern.
| 3 |
Am 7. Juni 2006 beantragten X. und Y. die Adoption ihres Pflegesohnes F.; ebenso schloss die Vormündin des Kindes auf Adoption. Mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 überprüfte die Sozialbehörde Z. als Vormundschaftsbehörde die formellen Voraussetzungen zur Adoption und stimmte dem Adoptionsgesuch zu; sie beantragte dem Bezirksrat Hinwil als Aufsichtsbehörde, der Adoption gemäss Art. 422 Ziff. 1 ZGB zuzustimmen und diese gemäss Art. 268 ZGB auszusprechen.
| 4 |
Der Bezirksrat Hinwil verweigerte mit Beschluss vom 8. Februar 2007 die Zustimmung zum Adoptionsgesuch und sprach die Adoption nicht aus. Gegen diesen Beschluss gelangten X. und Y. an das Obergericht des Kantonsgerichts Zürich, II. Zivilkammer, welches den Rekurs mit Beschluss vom 22. Mai 2007 abwies und den Beschluss des Bezirksrates bestätigte.
| 5 |
Mit Eingabe vom 7. April 2008 führen X. und Y. Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführer beantragen dem Bundesgericht, den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 22. Mai ![]() | 6 |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
| 7 |
Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
8 | |
2.2 Die Beschwerdeführer machen im Wesentlichen geltend, dass ihnen die kantonale Zentralbehörde im Mai 2005 gestützt auf die massgebenden Bestimmungen die definitive Aufnahme des Kindes zur Adoption bewilligt habe. Die Prüfung des Kindeswohls sei bei der Erteilung der Adoptionspflegebewilligung bereits erfolgt. Am Verlauf des Pflegeverhältnisses werde nichts ausgesetzt, so dass die Verweigerung der Adoption nicht gerechtfertigt und nicht im Kindesinteresse sei. Dass es sich beim Kind, das sie zur Adoption aufgenommen hätten, um den Neffen handelt, sei bereits bei Erteilung der Aufnahmebewilligung klar gewesen. Als Pflegeeltern hätten sie darauf vertrauen dürfen, dass die Adoption bewilligt werde, wenn sie sich gut um das Kind kümmern würden. Die Vorinstanz habe ohne Beizug eines Sachverständigen angenommen, dass es für das Wohl des Kindes nachteilig sei, wenn es von den Beschwerdeführern adoptiert würde. Handelte es sich beim Kind F. um einen Ausnahmefall, der die Adoptionsverweigerung rechtfertigen würde, müsste dies durch weitere Abklärungen bzw. eine sachverständige ![]() | 9 |
10 | |
11 | |
3.2 Gemäss Art. 264 ZGB darf ein Kind adoptiert werden, wenn nach den gesamten Umständen zu erwarten ist, die Adoption diene seinem Wohl (BGE 107 II 18 E. 4 S. 20). Dies trifft zu, wenn die Voraussetzungen für eine gute Entwicklung seiner Persönlichkeit verbessert werden. Zu berücksichtigen sind dabei die Begründung eines Kindesverhältnisses mit den Adoptiveltern und die Aufhebung des bisherigen Kindesverhältnisses zu den leiblichen Eltern (HEGNAUER/BREITSCHMID, Grundriss des Kindesrechts [...], 5. Aufl. ![]() | 12 |
13 | |
3.3.1 Der Verlauf des Pflegeverhältnisses erlaubt zu beurteilen, ob die Adoption dem Wohl des Kindes dient; das erfolgreiche Pflegeverhältnis bildet eine selbständige Rechtfertigung der Adoption (BGE 125 III 161 E. 3a S. 162; BGE 126 III 412 E. 2a S. 413; HEGNAUER, ![]() | 14 |
3.3.2 Vorliegend geht es um die Trennung des (im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils) über 3 1/2-jährigen Kindes von seinen faktischen Eltern, bei denen es seit dem Alter von 18 Monaten lebt. Anerkannt ist, dass in Fällen, in denen die rechtliche Anerkennung verweigert wird und das Kind von seinen Pflegeeltern getrennt wird, das Pflegekind auf die Unterbrechung seiner Gefühlsbindung mit Trauer und mit Rückschritten in seiner Entwicklung antwortet, nicht anders als auf den Verlust von den natürlichen Eltern durch Trennung oder Tod (GOLDSTEIN/FREUD/SOLNIT, Jenseits des Kindeswohls, Frankfurt 1991, S. 30). Die Vorinstanz hat angenommen, dass nicht zu befürchten sei, dass bei einer Rückkehr von F. in die ursprüngliche Familie "das Wohl längerfristig ernsthaft beeinträchtigt wird", und dass "angesichts seines noch relativ jungen Alters und der zwar erheblichen, aber nicht sehr langen Dauer des Aufenthalts bei den Pflegeeltern wohl kaum unüberwindliche Hindernisse für eine Reintegration in die ursprüngliche Familie bestehen". Im angefochtenen Urteil wird jedoch nicht ausgeführt, aus welchen Erkenntnissen diese vagen Schlussfolgerungen gezogen werden, zumal kein Gutachten zu den möglichen Folgen ![]() | 15 |
3.3.3 Hinzu kommt ein weiterer Gesichtspunkt. Die Adoptionspflegebewilligung wird nur erteilt, wenn - nach Untersuchungen der von Gesetzes wegen zuständigen einzigen kantonalen Behörde (Art. 316 Abs. 1bis ZGB) - keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen und die gesamten Umstände, namentlich die Beweggründe der künftigen Adoptiveltern erwarten lassen, dass die Adoption dem Wohl des Kindes dient (Art. 11b Abs. 1 lit. b PAVO). Die Adoptionspflegebewilligung ist daher geeignet, Vertrauen zu schaffen. Die Voraussetzungen, die zu deren Erteilung erfüllt sein müssen, sollen zur Herstellung der gewünschten Dauerbeziehung ermutigen und möglichst vermeiden, dass die zukünftigen Adoptiveltern das Kind während der Adoptionspflegezeit als "auf Probe" behandeln (vgl. GOLDSTEIN/FREUD/SOLNIT, a.a.O., S. 36 f.). Auch vor diesem Hintergrund soll die Adoption nicht ohne Not gestützt auf ![]() | 16 |
3.4 Nach dem Dargelegten ergibt sich, dass die vorliegende Untersuchung nicht alle für die Adoption wesentlichen Umstände erfasst hat und die Prüfung des Kindeswohls dem in Art. 268a ZGB festgelegten Untersuchungsgrundsatz nicht genügt. Die Beschwerde ist begründet, und die Sache ist zu weiteren Abklärungen, allenfalls unter Beizug von Sachverständigen, und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich, die angebliche Verletzung von verschiedenen Verfassungsbestimmungen zu erörtern, zumal die Vorbringen in der Beschwerdeschrift im Wesentlichen auf den Vorwurf einer Verletzung der adoptionsrechtlichen Bestimmungen hinauslaufen.
| 17 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |