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18. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. SAirLines in Nachlassliquidation gegen Staat Belgien, Société Fédérale de Participations et d'Investissement SA und SA Zephyr-Fin (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_20/2008 vom 30. September 2008 | |
Regeste |
Kollokationsklage im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 321 Abs. 1 i.V.m. Art. 250 Abs. 1 SchKG); Sistierung. |
Für die Kollokation ist einzig der Ausgang des Kollokationsprozesses und nicht derjenige eines in Belgien pendenten Prozesses massgebend. Die Sistierung des Kollokationsprozesses kommt daher nur in Betracht, wenn sie mit dem verfassungsmässigen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist vereinbar ist (E. 2-4). | |
Sachverhalt | |
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B. Gegen die Verfügung des Einzelrichters rekurrierte die Beklagte an das Obergericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, die Sistierung sei aufzuheben. Mit Beschluss vom 2. März 2007 wies das Obergericht den Rekurs ab. Die Beklagte focht den Beschluss des Obergerichts beim Kassationsgericht des Kantons Zürich an, welches die Nichtigkeitsbeschwerde mit Zirkulationsbeschluss vom 15. November 2007 abwies.
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C. Mit Eingabe vom 7. Januar 2008 führt die Beklagte (Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen gegen die Beschlüsse des Kassationsgerichts und des Obergerichts. Sie beantragt dem Bundesgericht, die beiden Beschlüsse und die auf Antrag der Kläger (Beschwerdegegner) ergangene Sistierung des Kollokationsprozesses seien aufzuheben.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut.
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Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
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1.2 Im Kollokationsprozess ergibt sich der Streitwert aus der Differenz zwischen der Dividende nach der angefochtenen und der ![]() | 6 |
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1.5 Mit der Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Soweit die Vorbringen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner im von den kantonalen Instanzen verbindlich festgestellten Sachverhalt keine Stütze finden (Art. 105 Abs. 1 BGG), kann darauf nicht eingetreten werden. Die Feststellung des ![]() | 9 |
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3.1 Die kantonalen Instanzen haben die Sistierung auf § 53a ZPO/ZH gestützt, wonach ein Verfahren aus zureichenden Gründen ![]() | 13 |
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Der Kollokationsprozess ist im beschleunigten Verfahren zu führen (Art. 250 Abs. 3 SchKG). Art. 25 Ziff. 1 SchKG setzt den Rahmen für die kantonale Prozessgesetzgebung, wonach die Parteien auf kurze Frist zu laden sind. Zudem soll der Prozess - im Sinne einer Ordnungsvorschrift - binnen sechs Monaten seit Anhebung der Klage durch Haupturteil der letzten kantonalen Instanz erledigt sein (BRUNNER/REUTTER, Kollokations- und Widerspruchsklagen nach SchKG, 2. Aufl. 2002, S. 52). Daraus kann - wie das Kassationsgericht zu Recht erwogen hat - nicht abgeleitet werden, dass Art. 25 Ziff. 1 SchKG die Sistierung eines Prozesses ausschliesse, wenn das kantonale Recht mit Bezug auf die Prozessleitung keine weiteren Anordnungen trifft. Nach der ZPO/ZH kommen in Bezug auf die Prozessleitung vollumfänglich die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens zur Anwendung (BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 53), mithin auch § 53a ZPO/ZH betreffend die Sistierung von Verfahren. Insofern ist die Beschwerde unbegründet.
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3.3 Die Beschwerdeführerin wirft den kantonalen Instanzen weiter Rechtsverzögerung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV vor, weil sie zu Unrecht eine in materiellrechtlicher Hinsicht präjudizierende Wirkung des endgültigen belgischen Urteils annehmen und insoweit in unzulässiger Weise einen Grund zur Sistierung des Kollokationsprozesses sehen. Das Obergericht ist in der Tat davon ![]() | 16 |
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3.3.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Verbindlichkeit zu Recht. Wenn die Forderung nicht pro memoria vorgemerkt bzw. vormerkbar ist, so kommt es, was die Teilnahme der Forderung im schweizerischen Konkurs betrifft, einzig auf den Ausgang eines allfälligen Kollokationsprozesses und nicht auf denjenigen des pendenten Auslandprozesses an (DIETER HIERHOLZER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 1998, N. 76 zu Art. 247 SchKG). Zu diesem Ergebnis ist das Bundesgericht in BGE 130 III 769 gelangt, wenn es (in E. 3.2 S. 774) festgehalten hat, dass die Hängigkeit des ausländischen Prozesses weder die hoheitliche Kompetenz der schweizerischen Konkursverwaltung (Art. 245 ![]() | 18 |
3.3.3 Weiter wendet die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang ein, das Kassationsgericht habe die Frage, ob das belgische Urteil in der Schweiz anerkannt werden könne, übergangen. In der Lehre wird darauf hingewiesen, dass aus schweizerischer Sicht - wie erwähnt (E. 3.3.1) - ein nach Ausbruch des Zwangsvollstreckungsverfahrens fortgeführter Prozess zum Kollokationsprozess gemäss Art. 250 SchKG und das Urteil zum Kollokationsurteil wird, dessen Anerkennung jedoch in Frage steht (ANDREA BRACONI, La collocation des créances en droit international suisse de la faillite, Diss. Zürich 2005, S. 151). Die Anerkennbarkeit eines ausländischen Urteils als Kollokationsurteil muss in der Tat verneint werden (vgl. DANIEL STAEHELIN, Die Anerkennung ausländischer Konkurse und Nachlassverträge in der Schweiz [Art. 166 ff. IPRG], Diss. Basel 1989, S. 162). Mit Bezug auf das Lugano-Übereinkommen ergibt sich aus dem Territorialitätsprinzip, dass der Richter in der Schweiz für die Kollokationsklage - wegen der verfahrens- bzw. vollstreckungsrechtlichen Natur der Auseinandersetzung - international zwingend zuständig ist (BGE 133 III 386 E. 4.3.2 und 4.3.3 S. 389 ff. mit Hinweisen; vgl. CHARLES JAQUES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 26 zu Art. 250 SchKG; AMONN, a.a.O., mit Bezugnahme auf den Kollokationsstreit sowie das LugÜ). Das Abkommen vom 29. April 1959 zwischen der Schweiz und Belgien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen (SR 0.276.191.721) ist nicht ![]() | 19 |
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3.4 Nach kantonalem Recht (§ 53a ZPO/ZH) setzt die Sistierung allerdings nicht voraus, dass der Ausgang des einen Verfahrens von der Anerkennung des Urteils eines anderen Verfahrens bzw. hier der Ausgang des Kollokationsverfahrens von der Anerkennung des belgischen Entscheides abhängig ist. Der Kollokationsrichter hat - dies ergibt sich bereits aus seiner Prozessleitungsbefugnis - grundsätzlich das Recht, den Kollokationsprozess auszusetzen, um den Ausgang eines anderen Verfahrens abzuwarten, das für die Beurteilung des Streitgegenstandes Material liefern könnte (vgl. WALTER J. HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Aufl. 1990, Rz. 152, betreffend Zivilprozess und Strafverfahren). Im Fall, in dem der Zivilrichter an die Beurteilung von Vorfragen durch einen anderen Richter (wie den Strafrichter) nicht gebunden ist, bleibt die Sistierung zwar möglich, jedoch wird sie auf seltenste Ausnahmen beschränkt (FRANK/STRÄULI/MESSMER, a.a.O., sowie Ergänzungsband, 2000, N. 3 ff. zu § 53 ZPO/ZH). Ebenso gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass die Einstellung eines Verfahrens die Ausnahme sein soll und demzufolge im Zweifelsfall das verfassungsmässige Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 BV) entgegenstehenden Interessen vorgeht (Urteil 1P.178/1995 vom 28. Juli 1995 E. 2, in: Pra 85/1996 Nr. 141 S. 471). ![]() | 21 |
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