BGE 135 III 503 | |||
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74. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Betreibungsamt Basel-Stadt (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_244/2009 vom 9. Juli 2009 | |
Regeste |
Art. 8a SchKG; Einsicht in Protokolle und Register. | |
Sachverhalt | |
A. Am 4. September 2008 ersuchte X., Inhaber eines Garagenbetriebes, das Betreibungsamt Basel-Stadt um Auskunft, ob gegen Z., wohnhaft in Basel, Betreibungen erfolgt und allenfalls offene Verlustscheine registriert seien. Für den Fall von Pfändungsvollzügen bat er um vollständige Auszüge bzw. Kopien der betreffenden Protokolle. Zur Glaubhaftmachung seines Interesses an der Auskunftserteilung reichte X. den (vom Käufer Z. unterzeichneten) Auto-Abzahlungskaufvertrag vom 4. Oktober 2007 ein. Das Betreibungsamt sandte ihm daraufhin am 5. September 2008 einen sogenannten detaillierten Betreibungsregisterauszug zu, der Angaben über die seit dem 1. Januar 2006 eingeleiteten Betreibungsverfahren enthält. Darin sind das Datum des Eingangs des jeweiligen Betreibungsbegehrens, der Name des Gläubigers, die Forderungshöhe, der Erledigungsvermerk, der Verfahrensstand, worunter der Stand des Zahlungsbefehls, des Verlustscheins sowie eine allfällige Lohnpfändung aufgeführt. Am 9. September 2008 verlangte X. vom Betreibungsamt telefonisch die Angabe der weiter verlangten Details (Pfändungsprotokolle) über den betreffenden Betreibungsschuldner, was ihm das Amt jedoch verweigerte.
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B. Mit Beschwerde vom 9. September 2008 gelangte X. an die kantonale Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt und verlangte, das Betreibungsamt sei anzuweisen, die Kopien der letzten zwei Pfändungsakten betreffend Z. auszuhändigen. Mit Urteil vom 13. Oktober 2008 wies die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab.
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C. X. führt mit Eingabe vom 6. April 2009 (Postaufgabe) Beschwerde in Zivilsachen gegen den (am 26. März 2009 zugestellten) kantonalen Beschwerdeentscheid. Der Beschwerdeführer verlangt im Wesentlichen, es sei der angefochtene Beschwerdeentscheid aufzuheben und das Betreibungsamt anzuweisen, Auskunft über die letzten beiden, gegenüber Z. vollzogenen Pfändungen zu geben bzw. Einsicht in die betreffenden Protokolle zu gewähren.
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Das Betreibungsamt und die kantonale Aufsichtsbehörde haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Z. hat sich nicht vernehmen lassen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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3.1 Vorliegend steht nicht in Frage, dass der Beschwerdeführer gestützt auf den von ihm vorgelegten, vom Schuldner unterzeichneten Abzahlungsvertrag ein hinreichendes Interesse glaubhaft gemacht und Anspruch auf einen sog. detaillierten Auszug aus dem Betreibungsregister hat. Das Bundesgericht hat für das Betreibungsverfahren entschieden, dass im Fall, in dem Einsicht zu gewähren ist, der Interessent grundsätzlich Anspruch hat, alle im Betreibungsregister enthaltenen Angaben, auch die Namen der Gläubiger, die Forderungssummen und den Stand des Verfahrens zur Kenntnis zu nehmen, wenn dies der Gesuchsteller verlangt (BGE 102 III 61 S. 62; BGE 115 III 81 E. 3b S. 88; vgl. Art. 10 der Verordnung vom 5. Juni 1996 über die im Betreibungs- und Konkursverfahren verwendeten Formulare und Register sowie die Rechnungsführung [VFRR; SR 281.31]).
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3.2.2 In der Lehre wird im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass nach dem Sinn von Art. 8a SchKG die Tiefe des Einsichtsrechts dem konkreten Auskunftsinteresse anzupassen ist (DALLÈVES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 9 zu Art. 8a SchKG; MÖCKLI, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 19 zu Art. 8a SchKG; ausführlich MEIER, Betreibungsauskunft - ein ungelöstes Problem des SchKG, in: Festschrift 100 Jahre SchKG, 1989, S. 144 f.; vgl. ferner PETER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 1998, N. 17 zu Art. 8a). Nach der Auffassung von MEIER (a.a.O.) ist erst der betreibende Gläubiger berechtigt, Einsicht in alle Protokolle und Belege betreffend andere Betreibungen zu nehmen, in denen bereits das Fortsetzungsbegehren gestellt worden ist, damit die Erhebung einer Kollokations- oder Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG geprüft werden kann. Mit Bezug auf die Einsicht in das Pfändungsprotokoll betont MARVILLE (Exécution forcée, responsabilité patrimoniale et protection de la personnalité, 1992, Ziff. 536), dass das vom Gesetz gewährte Einsichtsrecht in einem hinreichenden öffentlichen Interesse stehen und der Eingriff in die Privatsphäre des Schuldners verhältnismässig sein muss (in diesem Sinn SCHWANDER, Zur Grundrechtsnähe der im SchKG geregelten Problematiken, AJP 1996 S. 600; IQBAL, SchKG und Verfassung - untersteht auch die Zwangsvollstreckung dem Grundrechtsschutz?, 2005, S. 202).
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3.4 Die zur Einschränkung der Privatsphäre des Schuldners notwendige gesetzliche Grundlage (Art. 8a SchKG) ist gegeben. Sodann ist anerkannt, dass mit Blick auf die Überprüfung der Kreditwürdigkeit und den Erfolg der Zwangsvollstreckung ein öffentliches Interesse an der Einsicht in das Betreibungsregister besteht, hinter welches der Persönlichkeitsschutz grundsätzlich zurückzutreten hat (BGE 115 III 81 E. 3b S. 88). Die Bundesverfassung verlangt allerdings, dass - wie die Lehre zu Recht ausgeführt hat - die durch das SchKG vorgesehene Einschränkung des Schutzes der Privatsphäre das Verhältnismässigkeitsprinzip respektiert (Art. 36 Abs. 3 BV).
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3.5.3 Vorliegend macht der Beschwerdeführer zur Einsichtnahme in die Pfändungsprotokolle allerdings geltend, dass der Schuldner offensichtlich Einkommen und wesentliche Vermögenswerte verschwiegen habe, zumal er die Kaufpreis-Anzahlung in bar (Fr. 9'000.-) für den Abzahlungsvertrag (vom 4. Oktober 2007) trotz zahlreicher gleichzeitiger Einkommenspfändungen habe leisten können. Die Aufsichtsbehörde habe übergangen, dass der Schuldner im vorliegenden Fall kein Schutzbedürfnis habe, da er daran sei, sich "kriminell zu verschulden". Der Beschwerdeführer will die Informationen, um "seine Inkassobemühungen zu optimieren".
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Wenn es dem Interessenten auf diese Weise möglich sein soll, sich über die Einzelheiten des Pfändungsvollzuges in anderen Betreibungen ins Bild zu setzen, so ist nicht ersichtlich, weshalb ihm nicht direkt Einsicht in das Pfändungsprotokoll gegeben werden darf, um anhand dieser Angaben mögliche Schlüsse über verheimlichtes Vermögen des Schuldners zu ziehen und die Einleitung einer Konkurseröffnung nach Art. 190 SchKG zu erwägen. Unverhältnismässig wäre hingegen, Auskunft über Daten zu geben, welche hier für den Antragsteller (sei er betreibender Gläubiger oder nicht) keine Bedeutung haben oder nicht direkt mit der Betreibung im Zusammenhang stehen, wie z.B. das Scheidungsurteil als Beleg für rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge. Solche Angaben sind vorliegend unbestrittenermassen nicht vorhanden. Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung kann daher gerechtfertigt sein, auch einem nicht betreibenden Gläubiger, der Anspruch auf einen detaillierten Betreibungsregisterauszug hat, weitergehende Einsicht in das Pfändungsprotokoll anderer Betreibungen zu gewähren, zumal der Beschwerdeführer gegenüber dem Betreibungsamt offenbar zum Ausdruck gebracht hat, dass die Auskunft der Abklärung betreffend Verheimlichung von Vermögenswerten diene. Richtig ist, wenn die Vorinstanz (mit dem Hinweis betreffend Zahlungsverzug) davon ausgeht, dass vor Abschluss eines Vertrages die Einsicht in das Pfändungsprotokoll in andere Betreibungen nicht gerechtfertigt ist. Sodann bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Einsichtsrechts. Wenn die Aufsichtsbehörde dem Beschwerdeführer, der nach Erhalt des detaillierten Betreibungsregisterauszuges erneut an das Betreibungsamt gelangt ist, die weitergehende Einsicht in das Pfändungsprotokoll des Schuldners verweigerte, hat sie das schutzwürdige Interesse des Beschwerdeführers an der Beurteilung der zwangsvollstreckungsrechtlichen Situation verkannt.
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3.6 Nach dem Dargelegten genügt die Stufe des Einsichtsrechts, wie sie durch den sog. detaillierten Betreibungsregisterauszug gewährt wird, vorliegend nicht, um dem glaubhaft gemachten Interesse des Beschwerdeführers gerecht zu werden. Mit Blick auf die Prüfung einer Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung erweist es sich nicht als unverhältnismässig, gestützt auf Art. 8a SchKG eine Stufe tiefer Einsicht zu gewähren bzw. in die Privatsphäre des Schuldners einzugreifen und den Beschwerdeführer wie verlangt die Protokolle und Belege der letzten beiden Pfändungsvollzüge einsehen zu lassen. Da das Recht auf Erstellung eines Auszuges in der Regel gleich weit wie das Einsichtsrecht geht, kann sich der Beschwerdeführer wie beantragt entsprechende Auszüge geben lassen, zumal keine Anhaltspunkte bestehen, dass dies dem Betreibungsamt einen unzumutbaren Arbeitsaufwand verursacht (BGE 102 III 61 S. 62). Die Beschwerde ist begründet.
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