BGE 135 III 574 | |||
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83. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_306/2009 vom 25. Juni 2009 | |
Regeste |
Kindesrückführung gemäss HKÜ; Hinterlegung des Reisepasses. | |
Sachverhalt | |
Mit Urteil vom 16. April 2009 verpflichtete das Bundesgericht die Mutter, den in Verletzung einer amerikanischen gerichtlichen Verfügung widerrechtlich in der Schweiz zurückbehaltenen Sohn Z. gestützt auf das Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (HKÜ; SR 0.211.230.02) in die USA zurückzubringen, sobald gewisse Bedingungen (Garantien) seitens der USA erfüllt sind; diese sind momentan in Schwebe.
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Mit Bezug auf den Kinderpass erhob der Vater Beschwerde in Zivilsachen. Er verlangt, der Schweizer Pass des Kindes sei der Mutter erst herauszugeben, wenn die von den USA verlangten Garantien nicht erhältlich seien, wenn das Kind erfolgreich in die USA zurückgeführt sei oder wenn eine schriftliche Zustimmung beider Parteien zur Herausgabe des Passes vorliege. In ihrer Vernehmlassung vom 11. Mai 2009 verlangt die Mutter, das Gesuch sei abzuweisen bzw. als gegenstandslos zu erklären. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen und den Pass von Z. verwahren lassen.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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4. Es bleibt zu prüfen, ob die Einbehaltung des schweizerischen Reisepasses des Kindes im vorliegenden Einzelfall notwendig, geeignet und verhältnismässig ist. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass der Reisepass von Z. bereits während des Rückführungsverfahrens bei den Behörden hinterlegt war und diese Massnahme bislang nicht auf Widerstand gestossen ist.
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Unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit ergibt sich, dass die Beschwerdegegnerin in der Vernehmlassung im Rückführungsverfahren vor Bundesgericht auf einmal sehr starke generelle Bedenken gegen eine Rückkehr in die USA äusserte, dass sie in der Zwischenzeit aber bei der amerikanischen Botschaft das Gesuch für die verlangten Garantien bzw. einen anderen Visumstyp im Sinn des bundesgerichtlichen Rückführungsentscheides deponiert hat, was auf Kooperation schliessen lässt. Es bestehen denn auch keine konkreten Anhaltspunkte für ein Untertauchen bzw. einen Wegzug in ein anderes Land. Andererseits kann vom Beschwerdeführer nicht verlangt werden, dass er gewissermassen eine konkrete Fluchtgefahr der Gegenseite nachweist; vielmehr sind im Rahmen eines HKÜ-Verfahrens per se gewisse Sicherungsmassnahmen angezeigt.
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Mit Bezug auf die Eignung ist festzuhalten, dass zum einen die Rückgabeverpflichtung unter der Strafandrohung von Art. 292 StGB steht und zum anderen spätestens seit der Verwirklichung des Schengen-Raumes die Hinterlegung von Reisepapieren keine absolute Gewähr bietet, dass das rückzuführende Kind nicht in ein anderes Land verbracht wird; nichtsdestoweniger bleibt aber die Massnahme insofern zweckmässig, als ohne Reisepass jedenfalls ein dauerhaftes Verbleiben bzw. Niederlassen in einem Drittstaat erschwert ist.
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Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit der Massnahme kann festgehalten werden, dass es um das Einbehalten der Reisepapiere für die beschränkte Zeit bis zur Rückführung geht und im vorliegenden Fall Mutter wie Kind durch die Massnahme kaum beschwert sind: Die Beschwerdegegnerin hält in der vorliegenden Vernehmlassung selbst fest, dass sie nicht gedenke, in ein anderes Land zu reisen, und für die Einreise in die USA ist nach der unbestrittenen Darstellung des Beschwerdeführers lediglich der amerikanische Pass von Z. erforderlich bzw. gemäss US-amerikanischer Gesetzgebung überhaupt erlaubt.
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Vor diesem Hintergrund erweist es sich als zweckmässig und verhältnismässig, den Schweizer Pass von Z. in dahingehender Gutheissung der Beschwerde einstweilen einzubehalten, sei es durch das Obergericht selbst, sei es durch eine vom Obergericht bezeichnete Behörde (erstinstanzliches Gericht, Vollstreckungsbehörde, etc.). Im Rückführungsfall kann der Pass beispielsweise durch die Flughafenpolizei ausgehändigt werden (vgl. HAUSER/URWYLER, Kindesentführungen, in: Rechtshilfe und Vollstreckung, 2004, S. 77). Sofort und direkt herauszugeben ist er selbstredend, wenn seitens der USA keine Garantien erhältlich sind, weil diesfalls die Rückführungsverpflichtung gemäss dem Bundesgerichtsurteil vom 16. April 2009 dahinfällt. Sodann kann der Pass jederzeit mit dem Einverständnis des Beschwerdeführers an die Beschwerdegegnerin ausgehändigt werden. Vorbehalten bleiben ferner weitere Herausgabegesuche infolge veränderter Situation.
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