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Informationen zum Dokument  BGE 136 III 528  Materielle Begründung
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Regeste
Aus den Erwägungen:
3. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei bei Abgabe der ...
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77. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
4A_219/2010 vom 28. September 2010
 
 
Regeste
 
Aberkennungsklage in einer Betreibung auf Sicherheitsleistung (Art. 38 und 83 Abs. 2 SchKG); Sicherstellung einer Forderung als "Gegenleistung" für ein Stillhalten des Gläubigers; kommt dem Bestand der zu sichernden Forderung oder allfälligen Willensmängeln bezüglich der Schuldanerkennung für die Sicherstellungspflicht (Art. 23 f. und 28 OR) Bedeutung zu?  
 
BGE 136 III, 528 (529)Aus den Erwägungen:
 
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BGE 136 III, 528 (530)3.1 Die Vorinstanz ging wie das Bezirksgericht davon aus, Forderungen würden naturgemäss gerade deswegen sichergestellt, weil sie sich in irgendeiner Weise noch in der Schwebe befänden oder strittig seien. Daher entfalle die Pflicht zur Sicherstellung nur, wenn die zu sichernde Forderung offensichtlich nicht bestehe. Dasselbe gilt nach Auffassung der Vorinstanz auch für eine allfällige Täuschung oder einen Irrtum mit Bezug auf die Hauptschuld. Die Vorinstanz erachtete die Vorbringen des Beschwerdeführers als unwahrscheinlich. Sie verzichtete indessen auf die Durchführung eines Beweisverfahrens und liess offen, ob die betreffenden Ausführungen überhaupt zulässig waren. Mangels Offensichtlichkeit erachtete sie den Einwand des Nichtbestands der zu sichernden Forderung beziehungsweise einer diesbezüglichen Täuschung oder eines Irrtums für unerheblich. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Auffassung, es bestehe keine Grundlage dafür, die erwähnten Einwände nur zuzulassen, wenn sie offensichtlich zutreffen würden. Vielmehr hätte von Bundesrechts wegen ein Beweisverfahren durchgeführt werden müssen.
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3.2 Das Verfahren der Betreibung auf Sicherstellung verläuft grundsätzlich gleich wie jenes auf Geldzahlung (Art. 38 SchKG; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 7 Rz. 9 S. 73; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, 1984, § 10 Rz. 25 ff. S. 98 f.), wobei für die Fortsetzung der Betreibung allerdings nur die Spezialexekution in Frage kommt (Art. 43 Ziff. 3 SchKG). Die Betreibung wird allein aufgrund der Behauptungen des Gläubigers angehoben, weshalb der Schuldner sie mit dem Rechtsvorschlag ohne Weiteres zum Stillstand bringen kann (AMONN/WALTHER, a.a.O., § 18 Rz. 1 S. 132). Die provisorische Rechtsöffnung wird aufgrund der Schuldanerkennung erteilt, da diese mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit für den Bestand der Forderung spricht. Materiell wird über die Forderung aber nicht abschliessend geurteilt (AMONN/WALTHER, a.a.O., § 19 Rz. 65 ff. S. 154). Wurde die provisorische Rechtsöffnung erteilt, gibt die Aberkennungsklage dem Schuldner die Möglichkeit, die materielle Berechtigung der in Betreibung gesetzten Forderung beurteilen zu lassen (AMONN/WALTHER, a.a.O., § 19 Rz. 93 S. 161). Der Schuldner kann alles vorbringen, was gegen die in Betreibung gesetzte Forderung (hier auf Sicherstellung) spricht (AMONN/WALTHER, a.a.O., § 19 Rz. 101 S. 163). Aus der Natur der Betreibung auf Sicherstellung lässt sich BGE 136 III, 528 (531)diesbezüglich keine Einschränkung ableiten. Alle Einwände, die gegen die Pflicht zur Sicherstellung sprechen, sind grundsätzlich umfassend zu prüfen.
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3.3 Der Beschwerdeführer behauptet, die sicherzustellende Forderung bestehe nicht. Mit Blick darauf bestreitet er die Sicherstellungspflicht. Indessen können auch bloss mögliche oder zukünftige Forderungen sichergestellt werden. Erst wenn feststeht, dass die Forderung, zu deren Sicherstellung sich ein Schuldner verpflichtet hat, nicht (oder nicht mehr) besteht und auch in Zukunft nicht entstehen kann, entfällt das Rechtsschutzinteresse an der Sicherstellung. Im Streitfall kann sich der Schuldner zwar seiner Pflicht zur Sicherstellung entschlagen, indem er gerichtlich feststellen lässt, dass die zu sichernde Schuld nicht besteht, aber nicht in einem Verfahren, das ausschliesslich die Sicherstellungspflicht betrifft, denn das Urteil über die anbegehrte Sicherstellung erwächst bezüglich Vorfragen (hier den Bestand der zu sichernden Forderung) nicht in Rechtskraft (BGE 121 III 474 E. 4a S. 478 mit Hinweis). Solange über den Bestand der Forderung nicht rechtskräftig entschieden ist, bleibt aber der Anspruch auf Sicherstellung bestehen. Ist jedoch offensichtlich, dass keine zu sichernde Forderung existiert, erwiese sich die anbegehrte Sicherstellung als schikanöse, nutzlose Rechtsausübung, die nach Art. 2 Abs. 2 ZGB keinen Rechtsschutz beanspruchen kann (BGE 123 III 200 E. 2b S. 203 mit Hinweis). Im Ergebnis hat die Vorinstanz daher zu Recht ihre Prüfung darauf beschränkt, ob die sicherzustellende Forderung offensichtlich nicht besteht.
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3.4.1 Ein Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat (Art. 23 OR). Ein wesentlicher Irrtum ist der so genannte Grundlagenirrtum. Auf einen solchen kann sich die Partei berufen, die sich über einen bestimmten Sachverhalt geirrt hat, der für sie notwendige Vertragsgrundlage war, und den sie zudem nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachten durfte (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR; BGE 132 II 161 E. 4.1 BGE 136 III, 528 (532)S. 165 f.; BGE 123 III 200 E. 2 S. 202). Neben der subjektiven Wesentlichkeit ist damit erforderlich, dass der zu Grunde gelegte Sachverhalt auch objektiv, vom Standpunkt oder nach den Anforderungen des loyalen Geschäftsverkehrs als notwendige Grundlage des Vertrages erscheint (BGE 118 II 58 E. 3b S. 62; Urteil des Bundesgerichts 4C.219/2004 vom 25. Oktober 2004 E. 3.3.1 mit Hinweisen).
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3.4.2 Wenn ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des anderen zum Vertragsabschluss verleitet worden ist, so ist der Vertrag für den Getäuschten gemäss Art. 28 Abs. 1 OR auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war (BGE 132 II 161 E. 4.1 S. 165). Der Tatbestand der absichtlichen Täuschung setzt einerseits voraus, dass der Vertragspartner - durch positives Verhalten oder durch Schweigen (vgl. BGE 132 II 161 E. 4.1 S. 166; BGE 116 II 431 E. 3a S. 434) - absichtlich getäuscht wurde; für die Täuschungsabsicht genügt Eventualvorsatz (BGE 53 II 143 E. 1a S. 150). Andererseits ist erforderlich, dass der Vertragspartner durch die Täuschung zum Vertragsabschluss verleitet wurde. Der durch die Täuschung hervorgerufene Irrtum muss somit kausal für den Abschluss des Vertrages gewesen sein (BGE 132 II 161 E. 4.1 S. 166; BGE 106 II 346 E. 4b S. 352).
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3.5 Dem Beschwerdeführer ging es primär darum, seine Gesellschaften vor Vollstreckungsmassnahmen zu schonen. Dafür unterzeichnete er die Schuldanerkennung und erklärte sich als Ausgleich für das Risiko, welches der Beschwerdegegner durch das Zuwarten mit der Durchsetzung seiner Forderungen einging, bereit, die Zahlung der anerkannten Schuld abzusichern. Ursprünglich sollte das Haus des Beschwerdeführers in A. als Pfandsicherheit dienen. Vor dem Hintergrund des geplanten Verkaufes vereinbarten die Parteien mit der nun streitigen Vertragsklausel, zur Sicherung solle stattdessen bis zu einem bestimmten Betrag der Verkaufserlös dienen. Die Vereinbarung betrifft mithin lediglich die Modalität der Sicherstellung, da der Beschwerdegegner im Ergebnis an der hinterlegten Summe ein einem Pfandrecht analoges Recht erhält (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 31 zu Art. 38 SchKG). Die Sicherstellung sollte offensichtlich verhindern, dass das zuvor in der Liegenschaft gebundene Vollstreckungssubstrat dem Beschwerdegegner entzogen wird, während ihm der Zugriff darauf zufolge des Stillhalteabkommens versagt ist.
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BGE 136 III, 528 (533)3.5.1 Mit Blick auf diesen Zweck der Sicherstellung wird ohne Weiteres klar, dass mit der Sicherstellung nicht zugewartet werden kann, bis rechtskräftig entschieden ist, ob der Beschwerdeführer bei Abgabe der Schuldanerkennung getäuscht wurde oder sich in einem wesentlichen Irrtum befand. Der Beschwerdeführer musste nach Treu und Glauben erkennen, dass die Sicherstellung als "Gegenleistung" für das Stillhalten selbst bei Zweifeln oder Streit über Bestand oder Höhe der Hauptschuld zu leisten war. Anders lässt sich nicht verhindern, dass dem Beschwerdegegner aus dem Zuwarten mit der Geltendmachung seiner Ansprüche ein Nachteil erwächst, falls seine Forderung besteht. Selbst wenn der Beschwerdegegner die Schuldanerkennung durch eine Täuschung erlangt haben sollte, hätte er gestützt auf die Anerkennung Massnahmen zur Vollstreckung der anerkannten Schuld einleiten können. Auch in diesem Fall profitierte der Beschwerdeführer vom Stillhalteabkommen. Er hat daher als Gegenleistung die Forderung zu sichern, bis über die Frage des Irrtums oder der Täuschung entschieden ist.
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3.5.2 Der Beschwerdeführer kann mithin die Leistung der Sicherheit nicht wegen Irrtum oder Täuschung bezüglich der Hauptschuld verweigern. Nach dem Sinn der Vereinbarung ist vielmehr die Sicherheitsleistung vorab zu erbringen und bleibt so lange geschuldet, bis die diesbezügliche Auseinandersetzung rechtskräftig entschieden ist. Sollte sich dabei herausstellen, dass die anerkannte Schuld nicht besteht oder die Pflicht zu Sicherstellung infolge Irrtums oder Täuschung unverbindlich ist, könnte der Beschwerdeführer den Sicherungsbetrag herausverlangen und allenfalls Schadenersatz geltend machen. Indem er diese Fragen vorab geklärt haben will, versucht er, vom Stillhalteabkommen zu profitieren, ohne die als "Gegenleistung" versprochene Sicherheit zu leisten. Dies ist nicht zulässig.
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