![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
9. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_270/2010 vom 25. November 2010 | |
Regeste |
Art. 122 ff. ZGB; Verpfändung von Mitteln der beruflichen Vorsorge für Wohneigentum zum eigenen Bedarf. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Es wird festgestellt, dass der Vorsorgeausgleich nicht geregelt werden kann.
| 2 |
Y. hat die St. Galler Kantonalbank jährlich, erstmals auf Ende 2010, um Zustimmung zur Übertragung von Austrittsleistungen im Umfang von Fr. 72'755.60 auf die Vorsorgeeinrichtung der Ehefrau zu ersuchen. Er hat X. über das Ergebnis seiner Anfrage, eine Aufhebung der Verpfändung des Vorsorgeguthabens oder einen Verkauf der Liegenschaft zu informieren.
| 3 |
Die Beschwerdeführerin hat dagegen Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und verpflichtet den Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin [recte: den Beschwerdegegner, der Beschwerdeführerin] eine angemessene Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB von Fr. 72'755.60 nebst Zins in monatlichen Raten zu bezahlen.
| 4 |
(Zusammenfassung)
| 5 |
Aus den Erwägungen: | |
2. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass die Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner eine Forderung aus beruflicher Vorsorge von Fr. 72'755.60 hat und dass das Vorsorgeguthaben des Beschwerdegegners für das von den Parteien während der Ehe selbst genutzte Wohnhaus verpfändet ist. Das Kreisgericht hat die ![]() | 6 |
7 | |
3.1 Die Art. 122 ff. ZGB regeln die Scheidungsfolgen betreffend "Berufliche Vorsorge" (Marginalie). Gehört ein Ehegatte oder gehören beide Ehegatten einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge an und ist bei keinem Ehegatten ein Vorsorgefall eingetreten, so hat jeder Ehegatte Anspruch auf die Hälfte der nach dem Freizügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1993 (FZG; SR 831.42) für die Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistung des anderen Ehegatten (Art. 122 Abs. 1 ZGB). Stehen den Ehegatten gegenseitig Ansprüche zu, so ist nur der Differenzbetrag zu teilen (Art. 122 Abs. 2 ZGB). Ist bei einem oder bei beiden Ehegatten ein Vorsorgefall bereits eingetreten oder können aus andern Gründen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, die während der Dauer der Ehe erworben worden sind, nicht geteilt werden, so ist eine angemessene Entschädigung ![]() | 8 |
9 | |
10 | |
3.2.2 Die im Wesentlichen gleiche Regelung gilt für die Verpfändung von Mitteln der beruflichen Vorsorge. Gemäss Art. 30b BVG kann der Versicherte den Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe seiner Freizügigkeitsleistung nach Art. 331d OR verpfänden. Der verwiesene Art. 331d OR sieht insbesondere vor, dass der Arbeitnehmer den Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe seiner Freizügigkeitsleistung für Wohneigentum zum eigenen Bedarf verpfänden kann (Abs. 1), dass beim verheirateten Arbeitnehmer die Verpfändung nur mit schriftlicher Zustimmung des Ehegatten zulässig ist (Abs. 5) und dass ![]() | 11 |
12 | |
13 | |
14 | |
3.3.2 Nach der Lehre gelten die Grundsätze nicht nur für den Fall des im Zeitpunkt der Scheidung tatsächlich eingetretenen Wertverlustes, sondern auch für den im Zeitpunkt der Scheidung absehbaren Wertverlust. Bei einem absehbaren Wertverlust des Wohneigentums ist nur derjenige Teil des Vorbezugs zur teilbaren Austrittsleistung hinzuzurechnen, der im Falle einer Veräusserung an die Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt werden müsste. Die Bestimmung dieses hypothetischen Erlöses, d.h. des Wertes des Wohneigentums ![]() | 15 |
16 | |
17 | |
18 | |
19 | |
3.4.3 In BGE 135 V 324 hat das Bundesgericht anhand der Lehre verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Forderung des ![]() | 20 |
3.5 Es stellt sich abschliessend die Frage, ob der Vorsorgeausgleich in Anbetracht der Schwierigkeiten, die die Durchführung der Teilung bereiten kann, in ein Ergänzungs- oder Nachverfahren verwiesen werden darf. Einer derartigen Verweisung steht der Grundsatz ![]() | 21 |
22 | |
4.1 In tatsächlicher Hinsicht steht unangefochten fest, dass während der Ehe beide Beschwerdeparteien einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge angehört haben und bei keinem Ehegatten ein Vorsorgefall eingetreten ist. Die zu teilenden Austrittsleistungen haben Fr. 3'570.90 für die Beschwerdeführerin und Fr. 149'082.12 für den Beschwerdegegner betragen, insgesamt Fr. 152'653.02. Davon steht den Beschwerdeparteien die Hälfte zu (Fr. 76'326.51). Nach Abzug ihrer Austrittsleistung (Fr. 3'570.90) beläuft sich der Anspruch der Beschwerdeführerin aus beruflicher Vorsorge auf Fr. 72'755.60. Es handelt sich dabei um den Differenzbetrag zwischen den ![]() | 23 |
24 | |
4.3 Die entscheidende Frage, ob ein Wertverlust, d.h. die Verwertung der verpfändeten Vorsorgeguthaben absehbar sei, hat das Kantonsgericht nicht beantwortet und als unklar bezeichnet. Es ist davon ausgegangen, über den Vorsorgeausgleich könne derzeit nicht entschieden werden, weil die Pfandgläubigerin wiederholt die Zustimmung zur Übertragung eines Teils des Vorsorgeguthabens an die Beschwerdeführerin verweigert habe und sich die beteiligte Vorsorgeeinrichtung nicht bereit erklärt habe, eine bedingte Anweisung entgegenzunehmen. Die Ehegatten müssten das Urteil ergänzen lassen, sobald die Liegenschaft verkauft werde, die Verpfändung der Vorsorgeguthaben dahinfalle oder die Pfandgläubigerin einer Übertragung der Vorsorgeguthaben an die Beschwerdeführerin zustimme. Die Beschwerdeführerin erblickt in dieser Verweisung des Vorsorgeausgleichs in ein Nachverfahren zu Recht eine Verletzung von Bundesrecht. Es besteht kein Grund, eine Ausnahme vom Grundsatz der Einheit des Scheidungsurteils zuzulassen. Sämtliche Unterlagen ![]() | 25 |
26 | |
4.5 Die Möglichkeiten, wie der Beschwerdegegner den Anspruch der Beschwerdeführerin aus beruflicher Vorsorge erfüllen könnte, sind beschränkt, zumal das gesamte Vorsorgeguthaben verpfändet ist, frei verfügbare Mittel nicht vorhanden sind, eine Einigung der Parteien irgendwelcher Art nicht zustande gekommen ist und eine Veränderung im Vorsorgeguthaben mangels Zustimmung der Pfandgläubigerin und der Vorsorgeeinrichtung ausser Betracht fällt. In Frage kommt nur mehr eine angemessene Entschädigung in Raten gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB (E. 3.4.3 hiervor). Die Lösung steht zwar nicht im Vordergrund und geht den anderen Möglichkeiten nach, lässt sich aber auf den Gesetzeswortlaut stützen, wonach eine angemessene Entschädigung nicht nur geschuldet ist, wenn bei ![]() | 27 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |