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55. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG in Liquidation gegen Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Glarus (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_806/2010 vom 11. Juli 2011 | |
Regeste |
Abtretung im schweizerischen Partikularkonkurs an die ausländische Konkursverwaltung (Art. 260 SchKG analog). | |
Sachverhalt | |
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Am 6. Juli 2009 erhob die X. AG bei der kantonalen Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen Beschwerde, namentlich ![]() | 2 |
Mit Verfügung vom 27. April 2010 trat das Konkursamt Glarus die inventarisierte Forderung in analoger Anwendung von Art. 260 SchKG an den deutschen Insolvenzverwalter ab unter der Bedingung, dem Konkursamt über das Resultat Bericht zu erstatten und den Prozessgewinn zur Verteilung gemäss Art. 173 und 174 IPRG abzuliefern. In der Folge wurde der sistierte Prozess vor Kantonsgericht wieder aufgenommen.
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B. Mit Beschwerde vom 16. Juli 2010 beantragte die X. AG die Feststellung der Nichtigkeit der Abtretung, eventualiter deren Aufhebung. Mit Entscheid vom 3. November 2010 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab.
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Gegen diesen Entscheid hat die X. AG am 18. November 2010 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Feststellung der Nichtigkeit der Abtretung bzw. eventualiter um Aufhebung der Abtretung.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Eröffnung des Partikularkonkurses, in welchem eine besondere Partikularmasse gebildet wird, hat zur Folge, dass der Gemeinschuldner auch die Dispositionsfähigkeit über die im Inland gelegenen ![]() | 9 |
Kraft ausdrücklicher Regelung in Art. 171 IPRG ist eine Prozessführung durch die ausländische Konkursverwaltung bei Anfechtungsansprüchen im Sinn von Art. 285 ff. SchKG möglich. Die Lehre ist sich mit Bezug auf diese Norm einig, dass im Sinn einer Kaskade primär das inländische Konkursamt und sekundär die Abtretungsgläubiger zur Geltendmachung berufen sind und erst in dritter Linie die ausländische Konkursverwaltung zum Zuge kommen kann (VOLKEN, a.a.O., N. 21 zu Art. 171 IPRG; BERTI, a.a.O., N. 10 zu Art. 171 IPRG; STAEHELIN, a.a.O., S. 148 f.; THEUS SIMONI, a.a.O., S. 351; BREITENSTEIN, Internationales Insolvenzrecht der Schweiz und der Vereinigten Staaten, 1990, S. 186; WALTHER, Paulianische Anfechtungsansprüche im internationalen Verhältnis - ausgewählte Probleme, in: Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht, Bd. V, 2005, S. 97; ![]() | 10 |
Die Bestimmungen von Art. 166 ff. IPRG zielen auf eine Milderung des im Konkursrecht als Grundsatz geltenden Territorialitätsprinzips. Weil der Partikularkonkurs nicht zu einem eigentlichen Parallelkonkurs ausarten soll (vgl. Botschaft, BBl 1983 I 454), können nur pfandversicherte Forderungen und privilegierte Forderungen von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz kolloziert werden (Art. 172 Abs. 1 IPRG). Diese sollen aus der Partikularmasse vorab befriedigt werden (Art. 173 Abs. 1 IPRG) und nur der allfällige Überschuss ist bei Anerkennung des ausländischen Kollokationsplanes an die ausländische Konkursverwaltung abzuliefern (Art. 173 IPRG) bzw. bei Nichtanerkennung an die schweizerischen Kurrentgläubiger zu verteilen (Art. 174 IPRG). Sind jedoch im Partikularkonkurs gar keine Gläubiger vorhanden und kann mithin weder ein Beschluss über das Schicksal der bestrittenen Rechtsansprüche gefällt noch eine Abtretung derselben verlangt werden, besteht für das inländische Konkursamt keine Möglichkeit oder jedenfalls kein Anlass zur klageweisen Durchsetzung, zumal es dabei ein Prozess- und Kostenrisiko eingehen müsste. Demgegenüber kann die ausländische Konkursverwaltung, welche die Interessen der Gläubigergesamtheit des Hauptkonkurses vertritt, an einer Rechtsdurchsetzung in der Schweiz interessiert sein. Zumal im vorliegenden Fall keine inländischen Gläubiger vorhanden sind, welche es zu schützen gälte, ist nicht zu sehen, ![]() | 11 |
Entgegen der letztgenannten Autorenmeinung und den Vorbringen der Beschwerdeführerin kann einem solchen Vorgehen der Wortlaut von Art. 260 SchKG nicht entgegenstehen: Dass dieser im Zusammenhang mit den abtretungsberechtigten Personen nur von Gläubigern spricht, ist darauf zurückzuführen, dass beim normalen Konkursverfahren, welches durch eine Betreibung eingeleitet wird, naturgemäss immer mindestens ein Gläubiger vorhanden ist. Dies trifft beim Partikularkonkurs nicht zu; oftmals sind im Inland weder pfandversicherte noch privilegierte und damit keine kollozierbaren Gläubiger vorhanden. Wenn nun Art. 170 Abs. 1 IPRG für die Folgen des Partikularkonkurses auf das "schweizerische Recht" verweist, so heisst dies mit Bezug auf die Durchführung, dass grundsätzlich die Normen des SchKG Anwendung finden. Freilich führt ein solcher Verweis immer zu einer sinngemässen Anwendung, so dass der äussere Wortlaut von Art. 260 Abs. 1 SchKG einer Abtretung bestrittener Rechtsansprüche an die ausländische Konkursverwaltung nicht entgegenstehen kann. Anders zu entscheiden, würde bedeuten, dass die fraglichen Ansprüche gar nie durchgesetzt werden könnten und den Gläubigern des Gemeinschuldners definitiv verloren gingen; es bestünde mit anderen Worten ein "rechtsdurchsetzungsfreier" Raum.
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Abschliessend ist zu bemerken, dass entgegen einer in der Lehre sinngemäss vertretenen Ansicht (vgl. STAEHELIN, a.a.O., S. 148 f.) die Anerkennung des ausländischen Kollokationsplanes in der Schweiz keine Abtretungsbedingung sein kann. Die Anerkennung des Kollokationsplanes ist gemäss Art. 173 Abs. 2 IRPG einzig für die Auslieferung des Erlöses eine Voraussetzung. Der Abtretungsgläubiger bzw. die ausländische Konkursverwaltung klagt auf eigene Gefahr ![]() | 13 |
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