BGE 138 III 610 | |||
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90. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_297/2012 vom 9. Oktober 2012 | |
Regeste |
Rechtshängigkeit bei fehlender Zuständigkeit; Frist zur Einreichung bei dem zuständigen Gericht (Art. 63 Abs. 1 ZPO). |
Monatsfrist, in der nach Art. 63 Abs. 1 ZPO die Klage zur Erhaltung der Rechtshängigkeit beim zuständigen Gericht neu einzureichen ist, bereits mit der Zustellung des Nichteintretensentscheides zu laufen, nicht erst mit dessen Rechtskraft (E. 2). | |
Aus den Erwägungen: | |
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2.2 Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, Art. 63 Abs. 1 ZPO spreche nicht von der Eröffnung des Nichteintretensentscheides, weshalb nicht auf diesen Zeitpunkt abgestellt werden dürfe. Fristauslösend sei erst die Rechtskraft des Nichteintretensentscheides, da dem Rechtsuchenden die Rechtsmittelfrist zur Überlegung, ob er das Rechtsmittel ergreifen wolle, gewahrt bleiben müsse.
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2.5 Der Beschwerdeführer verweist auf eine Lehrmeinung, die davon ausgeht, der Nichteintretensentscheid könnte gar nicht angefochten werden, wenn die Neueinreichung binnen einer Monatsfrist seit dessen Mitteilung erfolgen müsste. Es mangle an der erforderlichen Beschwer, da das Verfahren bei der neu angerufenen Instanz verbindlich seinen Fortgang gefunden habe (INFANGER, a.a.O., N. 15 zu Art. 63 ZPO). Diese Auffassung überzeugt nicht:
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2.7 In BGE 109 III 49 erkannte das Bundesgericht in einem Fall, der die analoge Anwendung von aArt. 139 OR auf die Aberkennungsklage mit entsprechend verkürzter Frist (vgl. heute Art. 63 Abs. 3 ZPO; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7278 Ziff. 5.4 zu Art. 61 Abs. 3 E-ZPO) betraf, aus Gründen der Rechtssicherheit und der Klarheit der Verhältnisse beginne die Nachfrist erst mit der Zustellung des formellen Nichteintretensentscheides zu laufen (und nicht schon mit der mündlichen Mitteilung). Das Bundesgericht stellte mithin nicht auf die Rechtskraft des Nichteintretensentscheides ab, sondern auf dessen Zustellung (BGE 109 III 49 E. 4d S. 52) beziehungsweise Eröffnung (BGE 101 II 77 E. 3 S. 82). Diese Auffassung stiess in der Lehre nicht auf Kritik, sondern wurde übernommen (PICHONNAZ, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 1. Aufl. 2003 [Vorauflage], N. 12 zu aArt. 139 OR; DÄPPEN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2007 [Vorauflage], N. 9 zu aArt. 139 OR; BERTI, Zürcher Kommentar, 2002, N. 61 zu aArt. 139 OR; so schon VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II, 1974, S. 230; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne Deliktsrecht, 2. Aufl. 1988, S. 467), obwohl auch abweichende Auffassungen vertreten worden waren (OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1929, N. 3 zu aArt. 139 OR; SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. I, 1975, S. 334). Hätte der Gesetzgeber mit der ZPO eine Abkehr von der zu aArt. 139 OR ergangenen Rechtsprechung bewirken wollen, hätte er dies im Gesetzestext und den Materialien zum Ausdruck gebracht. Daher besteht für das Bundesgericht kein Anlass, Art. 63 ZPO anders auszulegen als aArt. 139 OR, dessen Inhalt durch Art. 63 ZPO verallgemeinert wird.
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2.8 Die Zustellung erfolgte am 5. August 2011, so dass sowohl die Frist von 30 Tagen zur Berufung nach Art. 311 ZPO als auch die Frist von einem Monat nach Art. 63 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung der Gerichtsferien vom 15. Juli bis und mit dem 15. August (Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO) am 16. August 2011, dem ersten Tag nach Ende des Stillstandes (Art. 146 Abs. 1 ZPO), zu laufen begannen. Die Frist von 30 Tagen zur Einreichung der Berufung endete am 14. September 2011, die Monatsfrist nach Art. 63 Abs. 1 ZPO dagegen am 16. September 2011, dem Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begann (Art. 142 Abs. 2 ZPO). Dem Beschwerdeführer verblieb demnach die gesamte Frist von 30 Tagen, um über die Ergreifung des Rechtsmittels zu entscheiden, bevor die Frist nach Art. 63 Abs. 1 ZPO ablief. Damit kann offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn es sich anders verhielte, beispielsweise bei einer Zustellung eines Nichteintretensentscheides zwischen dem 30. Januar und dem 27. Februar (in diesem Zeitraum verstreicht die Monatsfrist vor Ablauf der Frist von 30 Tagen nach Art. 311 und Art. 321 ZPO) oder wenn für den Erhalt der Rechtshängigkeit nach Art. 63 Abs. 3 ZPO eine kürzere Frist als die Rechtsmittelfrist vorgesehen ist. Aus BGE 109 III 49 kann diesbezüglich wohl nichts abgeleitet werden, da die mit Blick auf die Regelung der Aberkennungsklage massgebende Frist von damals 10 Tagen der Frist entsprach, in der nach § 261 der zürcherischen Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 [kantonale] Berufung zu erklären gewesen wäre. Nachdem der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel ergriffen hat, muss auch auf die Frage, wie es sich verhält, wenn gegen den Rückweisungsentscheid ein Rechtsmittel ergriffen wird (vgl. hierzu BGE 138 III 471 E. 6 S. 482), nicht näher eingegangen zu werden. Die Vorinstanz ging jedenfalls zu Recht davon aus, mit der Eingabe vom 17. Oktober 2011 habe der Beschwerdeführer die Frist von Art. 63 Abs. 1 ZPO nicht gewahrt.
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