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6. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_495/2012 vom 10. Januar 2013 | |
Regeste |
Art. 248 lit. a i.V.m. Art. 250 ZPO; § 3 lit. f der Vollzugsverordnung des Kantons Schwyz zum Schweizerischen Obligationenrecht vom 25. Oktober 1974; Mieterausweisung. | |
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2.2 Der Beschwerdeführer beanstandet, diese Auffassung sei bundesrechtswidrig. Unter der Geltung der ZPO könne eine Ausweisung nur im summarischen Verfahren angeordnet werden, sofern die Voraussetzungen von Art. 248 lit. b i.V.m. Art. 257 ZPO erfüllt seien. Indem die Vorinstanz die Anwendbarkeit der Grundform des summarischen Verfahrens im Sinne von Art. 248 lit. a i.V.m. Art. 252-256 ZPO auf eine Mietausweisung aus kantonalem Recht ableite und ![]() | 3 |
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2.4 Art. 249-251 ZPO weisen bestimmte Angelegenheiten des Zivilgesetzbuches, des Obligationenrechts und des SchKG dem summarischen Verfahren i.S. von Art. 248 lit. a ZPO zu. Diese Kataloge sind nicht abschliessend, worauf namentlich die jeweilige Verwendung der Formulierung, das summarische Verfahren gelte insbesondere für die aufgeführten Angelegenheiten, hinweist. Die Botschaft des Bundesrates hält dazu fest, das Gesetz bestimme den Geltungsbereich des summarischen Verfahrens im Wesentlichen selbst, doch könne sich die Anwendbarkeit auch aus einem anderen Bundesgesetz ergeben (BBl 2006 7349 Ziff. 5.17 zu Art. 244-247 E-ZPO). Während weitere, von der Vorinstanz nicht zitierte Kommentatoren ebenfalls davon ausgehen, nur das Bundesrecht könne die von ihm geregelten Materien dem summarischen Verfahren i.S. von Art. 248 lit. a ZPO ![]() | 5 |
Erwägung 2.5 | |
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2.5.2 Diese verfahrensrechtliche Regelung war Gegenstand intensiver Debatten in den parlamentarischen Beratungen der schweizerischen Zivilprozessordnung. Im Ständerat als Erstrat stellte Herr Ständerat Hoffmann (AB 2007 S 517) einen Antrag auf Aufnahme des ![]() | 7 |
In der ersten Lesung im Nationalrat wollte eine Minderheit die Verfahrensbestimmung von aArt. 274g OR in die ZPO überführen und die Ausweisung in den Katalog der im summarischen Grundverfahren zu behandelnden Angelegenheiten des Obligationenrechtes als Art. 246 lit. b Ziff. 0 des Entwurfes aufnehmen (AB 2008 N 968). Bundesrätin Widmer-Schlumpf erklärte hierzu, der Bundesrat und die Mehrheit der Nationalratskommission seien der Auffassung, dass diese Spezialbestimmung überflüssig werde, weil dem Vermieter nach Art. 253 des bundesrätlichen Entwurfes (welcher Artikel schliesslich als Art. 257 ZPO Gesetz wurde) in klaren Fällen der schnelle Rechtsschutz zur Verfügung stehe. Sie führte wörtlich aus (AB 2008 N 950):
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"Das Konzept ist einfach: Eindeutige Fälle gehen direkt zum Ausweisungsrichter, egal, ob es sich um eine ordentliche oder eine ausserordentliche Kündigung handelt. Nicht liquide Fälle hingegen beginnen bei der Schlichtungsbehörde. (...) Die mietrechtliche Sonderregelung von Art. 274g OR, welche in der Praxis doch einige Schwierigkeiten bereitet, wird durch eine gleichwertige allgemeine Regelung abgelöst."
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Der Minderheitsantrag wurde indessen mit 104 zu 61 Stimmen angenommen (AB 2008 N 951).
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Die ständerätliche Kommission hielt zuhanden der Differenzbereinigung an der Nichtaufnahme der Ausweisung in den Katalog der im summarischen Grundverfahren zu behandelnden Angelegenheiten des Obligationenrechtes fest (AB 2008 S 279). Nachdem Ständerat Hess seinen Antrag auf Zustimmung zum entgegengesetzten Beschluss des Nationalrates zurückgezogen hatte, blieb es bei der Nichtaufnahme in den Katalog (AB 2008 S 279). Der Nationalrat schloss sich in der Schlussberatung dem Beschluss des Ständerates mit 101 gegen 70 Stimmen an (AB 2008 N 1627, 1628).
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2.5.3 Zusammenfassend hatte sich das Parlament somit dafür entschieden, die Verfahrensregelung gemäss aArt. 274g OR aufzuheben, ![]() | 12 |
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3. Als Konsequenz der bundesrechtswidrigen Durchführung eines summarischen Verfahrens gestützt auf kantonales Recht hat die erste Instanz es unterlassen und die Vorinstanz ausdrücklich darauf verzichtet zu prüfen, ob es sich vorliegend um einen klaren Fall i.S. von Art. 248 lit. b ZPO handelt. Der angefochtene Entscheid ist damit aufzuheben und an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Diese wird dabei zu beurteilen haben, ob die Voraussetzungen für die Anordnung der Ausweisung als klarer Fall gestützt auf Art. 257 Abs. 1 lit. a und b ZPO vorliegen und damit das Verfahren bundesrechtskonform im Summarium mit Sachurteil abgeschlossen werden kann oder ob nach Massgabe von Art. 257 Abs. 3 ZPO wegen Illiquidität auf das Gesuch nicht einzutreten ist.
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