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66. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen M. Stein-Wigger, Präsident, und T. Blatter, Gerichtsschreiberin, beide am Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_544/2013 / 5A_545/2013 vom 28. Oktober 2013 | |
Regeste |
Art. 51 Abs. 3 ZPO; Rechtsmittel bei Entdeckung eines Ausstandsgrunds nach Abschluss des Verfahrens. | |
Sachverhalt | |
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In derselben Besetzung erteilte das Zivilgericht mit Entscheid vom 4. Dezember 2012 auch B. gegenüber der X. AG definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 2'552.05 nebst Zinsen und zuzüglich Betreibungskosten von Fr. 78.- (Verfahren V.2012.715 des Zivilgerichts). Der begründete Entscheid wurde der X. AG ebenfalls am 5. Juni 2013 zugestellt.
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B. Die X. AG wandte sich am 10. Juni 2013 (...) an das Zivilgericht und verlangte im Verfahren V.2012.682 die Aufhebung des Entscheids vom 23. November 2012 und den Ausstand von Präsident Stein-Wigger und von Gerichtsschreiberin Blatter.
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Im Verfahren V.2012.715 verlangte die X. AG mit gleichzeitiger, separater Eingabe Entsprechendes.
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Das Zivilgericht überwies beide Eingaben an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt. Das Appellationsgericht eröffnete daraufhin zwei Verfahren (BEZ.2013.41 i.S. A. GmbH gegen X. AG und BEZ.2013.42 i.S. B. gegen X. AG) und erliess am 28. Juni 2013 zwei Verfügungen, in denen es die Überweisung feststellte, die Eingaben als Beschwerden entgegennahm und je einen Kostenvorschuss einverlangte.
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C. Mit separaten Eingaben (...) vom 9. Juli 2013 (...) hat die X. AG (Beschwerdeführerin) zwei Beschwerden in Zivilsachen eingereicht, die sich gegen die erwähnten Verfügungen des Appellationsgerichts vom 28. Juni 2013 in den Verfahren BEZ.2013.41 (5A_544/2013) und BEZ.2013.42 (5A_545/2013) richten. Sie verlangt die Aufhebung der beiden Verfügungen und die Rückweisung der beiden ![]() | 6 |
(...)
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Das Zivilgericht hat sich in der Sache zu den beiden Beschwerden nicht geäussert; das Appellationsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerden, soweit darauf einzutreten sei.
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Das Bundesgericht hat die Verfahren vereinigt und weist die Beschwerden ab, soweit auf sie einzutreten ist.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
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(...)
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Wie das Bundesgericht kürzlich festgehalten hat, folgt diese Regelung dem Grundgedanken, dass ein Gericht die Gerichtsbarkeit hinsichtlich eines bestimmten Falles verliert, sobald es in diesem Fall sein Urteil gefällt hat (lata sententia iudex desinit esse iudex). Dies gilt insbesondere auch für nach dem Urteil erhobene ![]() | 15 |
Im soeben zitierten Urteil hatte das Bundesgericht einen ähnlich gelagerten Fall zu beurteilen: Der Beschwerdeführer jenes Verfahrens hatte den Ausstandsgrund hinsichtlich eines am zweitinstanzlichen Urteil mitwirkenden Richters erst nach Mitteilung des zweitinstanzlichen kantonalen Entscheids entdeckt. Das Bundesgericht hat entschieden, dass das obere kantonale Gericht die Behandlung des bei ihm eingereichten Ausstandsbegehrens zu Recht abgelehnt hat und dieses Begehren dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen vorgelegt werden kann, ohne dass zunächst auf kantonaler Ebene ein Revisionsgesuch gestellt werden muss (BGE 139 III 120 E. 2 und 3.1.1 S. 121 ff.; vgl. auch BGE 138 III 702 E. 3.4 S. 704).
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Diese Lösung lässt sich aus den nachfolgenden Gründen auf den vorliegenden Fall übertragen. Zwar verweist Art. 51 Abs. 3 ZPO seinem Wortlaute nach auf die Revision und zudem sind die im Summarverfahren ergangenen Rechtsöffnungsentscheide mit der Eröffnung rechtskräftig geworden (Art. 325 Abs. 1 ZPO; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7378 Ziff. 5.23.2 zu Art. 323 des Entwurfs [fortan: Botschaft]), so dass insoweit eine Voraussetzung der Revision (rechtskräftige Entscheide als Anfechtungsobjekt; Art. 328 Abs. 1 Ingress ZPO) erfüllt wäre. Allerdings knüpft Art. 51 Abs. 3 ZPO von seinem Wortlaut her nicht an die Rechtskraft an, sondern an den Abschluss des Verfahrens (clôture de la procédure, chiusura del procedimento). Insoweit eröffnet sich Interpretationsspielraum, was unter Verfahrensabschluss verstanden werden soll und ab welchem Zeitpunkt die Revision ergriffen werden muss, um den angeblichen Mangel geltend zu machen. Mit dem Wortlaut von Art. 51 Abs. 3 ZPO ist jedenfalls vereinbar, die Partei zunächst auf die Beschwerde zu verweisen, solange deren Frist noch nicht abgelaufen ist (zur Kritik am Wortlaut von Art. 51 Abs. 3 ZPO vgl. DENIS TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 15 zu Art. 51 ZPO).
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In der Lehre ist umstritten, ob im Rahmen von Art. 51 Abs. 3 ZPO die Revision oder die Beschwerde den Vorzug verdient (für die Beschwerde: MARK LIVSCHITZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 51 ZPO; TAPPY, a.a.O., 2011, N. 16 zu Art. 51 ZPO; für den Vorrang des "Rechtsmittels": STEPHAN WULLSCHLEGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 10 zu Art. 51 ZPO; DAVID RÜETSCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 8 zu Art. 51 ZPO; für die Revision: MARC WEBER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 7 zu Art. 51 ZPO).
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Vom System des Gesetzes her gesehen ist die Revision gegenüber den Rechtsmitteln der Berufung und der Beschwerde grundsätzlich subsidiär (MARTIN H. STERCHI, in: Berner Kommentar, a.a.O., N. 3 zu Art. 328 ZPO). Kann demnach Beschwerde erhoben werden, verdient diese gegenüber der Revision grundsätzlich den Vorrang. Umstritten ist allerdings, welche Bedeutung dem Novenausschluss im Beschwerdeverfahren (Art. 326 ZPO) für die Wahl des Rechtsmittels zukommt (vgl. zum Ganzen STERCHI, a.a.O., N. 3 zu Art. 328 ZPO; PHILIPPE SCHWEIZER, in: CPC, a.a.O., N. 11 und 15 zu Art. 328 ZPO; NICOLAS HERZOG, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 20 ff. zu Art. 328 ZPO; DEMIAN STAUBER, in: ZPO-Rechtsmittel, Berufung und ![]() | 20 |
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