BGE 140 III 372 | |||
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56. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Gemeinde Y. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_144/2014 vom 23. Juni 2014 | |
Regeste |
Art. 80 f. SchKG, Art. 170 OR; definitive Rechtsöffnung und Zession. | |
Sachverhalt | |
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A.a Mit Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 3. Januar 2013 wurde X. verpflichtet, A. ausseramtlich mit Fr. 41'518.70 (inkl. MWST) zu entschädigen. Diese Forderung zedierte A. am 4. Juni 2013 mittels schriftlicher Abtretungserklärung an die Gemeinde Y.
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A.b In der Folge leitete die Gemeinde Y. gegen X. die Betreibung für die Forderung von Fr. 41'518.70 nebst Zins von 5 % seit dem 2. August 2013 ein. Als Forderungsgrund wurde die abgetretene Forderung gemäss Urteil des Kantonsgerichts vom 3. Januar 2013 angegeben. Gegen den am 9. August 2013 zugestellten Zahlungsbefehl (Nr. x; Betreibungsamt B.) erhob X. am 16. August 2013 Rechtsvorschlag.
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A.c Am 18. September 2013 gelangte die Gemeinde Y. an das Bezirksgericht Prättigau/Davos und verlangte die definitive Rechtsöffnung. Mit Entscheid vom 24. Oktober 2013 erteilte das Bezirksgericht (Einzelrichter SchKG) für die in Betreibung gesetzte Forderung die provisorische Rechtsöffnung. Zur Begründung wurde auf die Praxis des Kantonsgerichts Graubünden abgestellt, wonach dem Zessionar, welcher sich eine Forderung aus einem Gerichtsurteil hat abtreten lassen, nicht die definitive, sondern die provisorische Rechtsöffnung gewährt wird.
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B. Gegen den Entscheid vom 24. Oktober 2013 erhob (einzig) X. Beschwerde und beantragte, die provisorische Rechtsöffnung zu verweigern. Das Kantonsgericht Graubünden wies die Beschwerde mit Entscheid vom 6. Dezember 2013 ab. In der Begründung bestätigte es seine Praxis.
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C. Mit Eingabe vom 19. Februar 2014 hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt, der Entscheid des Kantonsgerichts Graubünden vom 6. Dezember 2013 und die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung in der von der Gemeinde Y. (Beschwerdegegnerin) angehobenen Betreibung sei zu verweigern.
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(...)
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Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
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3.2.2 Auch nach der Lehre kann im Fall, dass die Rechtsnachfolge durch Urkunde nachgewiesen ist, zu Gunsten des Rechtsnachfolgers definitive Rechtsöffnung gewährt werden, weil provisorische Rechtsöffnung für eine auf einem definitiven Rechtsöffnungstitel beruhende Forderung nicht möglich sei (GILLIÉRON, JdT 1968 II S. 118/119; GAUTHIER, La cession de créance dans la saisie et la faillite, SJ 1970 S. 387; DES GOUTTES, Cession de créance, FJS Nr. 704, Stand: 1969, Ziff. IV/b/aa, Rz. 17 Fn. 112 [Version www.sjk.ch]; RAPP, Urteilswirkungen gegenüber Dritten, in: Zivilprozess, Arbeitsrecht, 1997, S. 47; STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 35 zu Art. 80 SchKG; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 24 Rz. 15; VOCK, in: SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 17 zu Art. 80 SchKG). Die entsprechende kantonale Praxis ist weit verbreitet (z.B. Urteil des Tribunale d'appello [Tessin] 14.2013.80 vom 29. Mai 2013; Entscheide der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Kantons Schwyz [EGV-SZ] 2007 Nr. A6.3 S. 69 ff. [Schwyz]; BlSchK 2007 S. 113 f. [Solothurn]; Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 2005 Nr. 4 S. 34 [Aargau]; SJ 1966 S. 520 ff. [Genf]), weshalb die Auffassung - wie die Vorinstanz selber festgehalten hat - als vorherrschend gilt (STAEHELIN, a.a.O., m.w.H.).
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3.3.1 Nach Rechtsprechung und Lehre tritt der Zessionar einer in Betreibung stehenden Forderung in die betreibungsrechtliche Stellung des Zedenten ein; er erwirbt die "Legitimation zum Verfahren" und kann daher die Betreibung in dem Stadium, in das sie getreten war, nun in eigenem Namen fortsetzen. Die Betreibungsrechte (betreibungsrechtlichen Befugnisse) gelten als "Vorzugs- und Nebenrechte", die bei der Zession gemäss Art. 170 OR (mit Ausnahme derer, die untrennbar mit dem Abtretenden verknüpft sind) auf den Erwerber übergehen (BGE 103 II 75 E. 3 S. 78; BGE 91 III 7 S. 10; Urteil 5A_65/2008 vom 15. Dezember 2008 E. 2.2; u.a. RUEDIN, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 1 zu Art. 77 SchKG; BESSENICH, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 3 zu Art. 77 SchKG; PROBST, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 9 zu Art. 170 OR); dies ist seit langem anerkannt (vgl. bereits BGE 22 S. 666 E. 2 S. 669; BLUMENSTEIN, Handbuch des schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, 1911, S. 148; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs [...], Bd. II, 1984, S. 88 Rz. 51). Bei dieser Sichtweise gibt es keinen Raum, ein gerichtliches Urteil auch für die Rechtsgültigkeit der Zession zu verlangen, damit die definitive Rechtsöffnung gewährt werden kann. Es ist vielmehr die abgetretene Forderung, die dem Zessionar entweder die provisorische oder definitive Rechtsöffnung erlaubt. Wenn sich der Zessionar einer Forderung, welcher Vollstreckbarkeit zukommt, über die Berechtigung ausweist, gibt es keinen Grund, ihm das (Neben- bzw. Vorzugs-)Recht zu verweigern, in gleicher Weise wie der Zedent gegen den Schuldner vorzugehen und die definitive Rechtsöffnung zu verlangen (GILLIÉRON, JdT 1968 II S. 119).
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3.3.2 Der Beschwerdeführer beruft sich auf GULDENER. Dieser Autor hat die in BGE 22 S. 666 zugrunde gelegte Rechtsprechung, wonach die betreibungsrechtlichen Befugnisse als "Nebenrechte" im Sinne von Art. 170 OR gelten und der Zessionar in die betreibungsrechtliche Stellung des Zedenten eintritt, kritisiert (GULDENER, Zwangsvollstreckung und Zivilprozess, ZSR 1955 I S. 36). Nach seiner Auffassung sind die betreibungsrechlichen Befugnisse ihrer Natur nach einer Übertragung nicht zugänglich; es bestünden indes keine Bedenken, den Singularnachfolger in die verfahrensrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers eintreten zu lassen. Für hängige (Zwangsvollstreckungs-)Verfahren unterscheidet sich das Ergebnis nicht (wie GULDENER, a.a.O., selber festhält). Zur Frage, was gelten soll, wenn der Zedent noch keine Betreibung eingeleitet hat, äussert sich der Autor nicht. Ob in diesem Fall "weder provisorische noch definitive Rechtsöffnung" möglich wäre (wie STAEHELIN, a.a.O., N. 35 zu Art. 80 SchKG, mit Hinweis auf GULDENER schliesst), braucht nicht erörtert zu werden, da sich die Kritik an der in BGE 22 S. 666 zugrunde gelegten Auffassung nicht durchgesetzt hat.
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3.4 Nach dem Dargelegten ist die im Bundesgerichtsurteil aus dem Jahre 1998 geäusserte und vorherrschende Rechtsauffassung überzeugend. Wenn das Kantonsgericht gestützt auf das von der Beschwerdegegnerin - als Rechtsnachfolgerin und Betreibungsgläubigerin - vorgelegte Urteil dennoch die provisorische Rechtsöffnung (bzw. die Aberkennungsklage) für möglich hält, ist dies mit Bundesrecht nicht vereinbar. Die Beschwerde ist begründet und das angefochtene Urteil sowie die provisorische Rechtsöffnung sind antragsgemäss aufzuheben.
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3.5 Mit Bezug auf die Art der Rechtsöffnung findet der Grundsatz der Bindung an Begehren der Parteien keine Anwendung. Der Richter kann ungeachtet eines auf definitive Rechtsöffnung lautenden (oder eines unspezifizierten) Antrages unter Wahrung des rechtlichen Gehörs die provisorische Rechtsöffnung - oder das Umgekehrte - bewilligen; das SchKG sieht vor, dass insoweit die Offizialmaxime gilt (u.a. GILLIÉRON, JdT 1968 II S. 121; ders., Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 18 zu Art. 80, N. 65 zu Art. 84 SchKG; STAEHELIN, a.a.O., N. 38 und 39 zu Art. 84 SchKG). Im vorliegenden Fall kann die provisorische Rechtsöffnung nicht erteilt werden (E. 3.4). Da die Vorinstanz die Voraussetzungen zur definitiven Rechtsöffnung nicht geprüft hat, ist die Sache für das Bundesgericht nicht spruchreif (vgl. BGE 135 V 23 E. 4 S. 29) und hat das Kantonsgericht über die Rechtsöffnung neu zu befinden; es kann reformatorisch anstelle der provisorischen die definitive Rechtsöffnung erteilen (vgl. Art. 327 Abs. 3 ZPO; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221 ff., 7379 Ziff. 5.23.2; vgl. JEANDIN, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 18 der Vorbem. zu Art. 308-334 ZPO). Die Sache ist daher zur weiteren Entscheidung über das Rechtsöffnungsbegehren im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
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