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Informationen zum Dokument  BGE 140 III 473  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob auf ihre Streitigkeit ...
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69. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen B. Ltd. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
4A_256/2014 vom 8. September 2014
 
 
Regeste
 
Art. 15, 117 und 122 IPRG; anwendbares Recht; Übertragung von Patentanmeldungen.  
 
Sachverhalt
 
BGE 140 III, 473 (473)A. Vom 13. bis zum 17. Dezember 2008 trafen sich Vertreter der A. AG (Sitz in der Schweiz; Klägerin, Beschwerdeführerin) in Hongkong mit Vertretern der B. Ltd. (Sitz in Hongkong; Beklagte, Beschwerdegegnerin). Hintergrund des Treffens war ein Streit der Parteien über die Frage, wem zwei Patentanmeldungen betreffend Kaffeekapseln und eine Patentanmeldung betreffend einen Mechanismus zum Aufstechen der Kaffeekapseln zustehen würden. Als Inhaberin war in allen drei Patentanmeldungen die B. Ltd. angegeben.
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Die Parteien sind sich nicht einig über das Ergebnis des Treffens in Hongkong. Die B. Ltd. macht geltend, die Parteien hätten sich darauf geeinigt, dass sie der A. AG die Patentanmeldung betreffend den Aufstechmechanismus abtrete und demgegenüber die BGE 140 III, 473 (474)Patentanmeldungen betreffend die Kaffeekapseln behalte. Die A. AG bestreitet das Zustandekommen einer Vereinbarung. Am 19. Dezember 2008 trat die B. Ltd. der A. AG die Patentanmeldung betreffend den Aufstechmechanismus ab.
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B. Am 21. Juni 2010 reichte die A. AG beim Handelsgericht des Kantons Bern gegen die B. Ltd. Klage ein auf Abtretung der Patentanmeldungen betreffend die Kaffeekapseln. Das Handelsgericht beschränkte das Verfahren auf die Frage des Zustandekommens und des Inhalts der in der Zeit vom 13. bis zum 17. Dezember 2008 in Hongkong allenfalls getroffenen Vereinbarung der Parteien und auf deren allfällige rechtliche Bedeutung. Mit Entscheid vom 2. Juli 2013 wies das Handelsgericht des Kantons Bern die Klage ab.
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C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 28. April 2014 beantragt die A. AG dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Handelsgerichts aufzuheben und es sei die Klage gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt den vorinstanzlichen Entscheid auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen:
 
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2.1 Die Vorinstanz hat ausgeführt, die Frage des Zustandekommens eines Vertrags sei nach der lex causae, d.h. nach dem auf den Vertrag anzuwendenden Recht zu beurteilen. Da die Parteien keine Rechtswahl getroffen hätten, unterstehe der Vertrag nach Art. 117 Abs. 1 IPRG dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhänge. Nach Art. 117 Abs. 2 IPRG werde vermutet, der engste Zusammenhang bestehe mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen solle, ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe oder, wenn sie den Vertrag aufgrund einer beruflichen BGE 140 III, 473 (475)oder gewerblichen Tätigkeit geschlossen habe, in dem sich ihre Niederlassung befinde. Eine charakteristische Leistung sei vorliegend nicht auszumachen. Massgebend sei somit jenes Recht, welches in Würdigung aller bei Vertragsabschluss erkennbarer Umstände am engsten mit dem Vertragsinhalt zusammenhänge. Gegenstand des in Hongkong allenfalls abgeschlossenen Vertrags seien drei Patentanmeldungen. Für alle drei Anmeldungen werde Schutz auf dem Gebiet der Schweiz beantragt, jedoch nur für zwei Anmeldungen gleichzeitig Schutz in China bzw. in Hongkong. Aufgrund des territorialen Schutzbereichs überwiege gesamtheitlich betrachtet der Zusammenhang mit der Schweiz, weshalb Schweizer Recht anwendbar sei.
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2.3 Art. 116 f. IPRG regeln das auf Verträge anwendbare Recht im Allgemeinen. Für Verträge über Immaterialgüterrechte besteht jedoch mit Art. 122 IPRG eine Sonderbestimmung. Danach unterstehen solche Verträge dem Recht des Staates, in dem derjenige, der das Immaterialgüterrecht überträgt oder die Benutzung an ihm einräumt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 122 Abs. 1 IPRG). Für juristische Personen ist anstelle des gewöhnlichen Aufenthalts der Niederlassungsort massgebend (PHILIPPE DUCOR, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 7 zu Art. 122 IPRG; JEGHER/VASELLA, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2013, N. 16 zu Art. 122 IPRG; SCHNYDER/DOSS, in: Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2012, N. 6 zu Art. 122 IPRG; FRANK VISCHER, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 14 zu Art. 122 IPRG). Dieser befindet sich in dem Staat, in dem der Sitz liegt (Art. 21 Abs. 4 IPRG).
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Zu den Immaterialgüterrechten i.S. von Art. 122 IPRG gehören Patentrechte, aber auch bereits Rechte aus Schutzrechtsanmeldungen (JEGHER/VASELLA, a.a.O., N. 4 zu Art. 110 IPRG mit Hinweisen; SCHNYDER/DOSS, a.a.O., N. 2 zu Art. 122 IPRG). Patentanmeldungen sind somit von dieser Bestimmung erfasst. Im Gegensatz zu Art. 110 IPRG, BGE 140 III, 473 (476)der das Immaterialgüterstatut regelt, befasst sich Art. 122 IPRG mit dem Vertragsstatut. Dieses bestimmt u.a. über den Abschluss, Inhalt und die Gültigkeit eines Vertrags (DUCOR, a.a.O., N. 5 zu Art. 122 IPRG; JEGHER/VASELLA, a.a.O., N. 13 zu Art. 122 IPRG; SCHNYDER/DOSS, a.a.O., N. 5 zu Art. 122 IPRG; VISCHER, a.a.O., N. 11 zu Art. 122 IPRG).
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Eine Abweichung von der in Art. 122 IPRG vorgesehenen ordentlichen Anknüpfung ist gemäss Art. 15 Abs. 1 IPRG möglich, wennder Sachverhalt mit einem anderen Recht in viel engerem Zusammenhang steht (vgl. DUCOR, a.a.O., N. 8 ff. zu Art. 122 IPRG; JEGHER/VASELLA, a.a.O., N. 15 zu Art. 122 IPRG mit Hinweisen; SCHNYDER/DOSS, a.a.O., N. 14 zu Art. 122 IPRG). Teilweise wird vertreten, eine Korrektur der Anknüpfung habe über Art. 117 Abs. 1 IPRG zu erfolgen, wobei auch hier ein eindeutig engerer Zusammenhang mit einem anderen als dem nach Art. 122 Abs. 1 IPRG anwendbaren Recht gefordert wird (so etwa VISCHER, a.a.O., N. 18 zu Art. 122 IPRG).
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2.4 Mit dem von den Parteien in Hongkong allenfalls abgeschlossenen Vertrag sollte die Frage der Übertragung von drei Patentanmeldungen geregelt werden, als deren Inhaberin jeweils die Beschwerdegegnerin angegeben war. Patentanmeldungen stellen Immaterialgüterrechte i.S. von Art. 122 IPRG dar. Da vorliegend umstritten ist, ob ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist und gegebenenfalls mit welchem Inhalt, ist das Vertragsstatut nach Art. 122 IPRG und nicht das Immaterialgüterstatut nach Art. 110 IPRG anwendbar. Anwendbar ist mithin das Recht des Staates, in dem die Beschwerdegegnerin als die das Immaterialgüterrecht allenfalls übertragende Partei ihren Sitz hat. Die Beschwerdegegnerin hat und hatte auch im Zeitpunkt des allfälligen Vertragsschlusses ihren Sitz in Hongkong. Damit ist nach Art. 122 Abs. 1 IPRG das Recht von Hongkong anzuwenden. Ein eindeutig engerer Zusammenhang des Vertrags mit dem Schweizer Recht liegt nicht vor. Es kann damit offenbleiben, ob für eine Abweichung von der Anknüpfung Art. 15 IPRG oder Art. 117 Abs. 1 IPRG massgebend wäre.
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Die Vorinstanz hat somit Bundesrecht verletzt, indem sie Schweizer Recht angewendet hat. Der vorinstanzliche Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache ist zu neuer Entscheidung auf der Basis des Rechts von Hongkong an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Inhalt des anzuwendenden ausländischen Rechts ist nach Art. 16 Abs. 1 IPRG BGE 140 III, 473 (477)grundsätzlich von Amtes wegen festzustellen, der Nachweis kann aber bei vermögensrechtlichen Ansprüchen den Parteien überbunden werden.
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