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73. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. gegen B.B. und C.B. (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_240/2014 vom 28. August 2014 | |
Regeste |
Art. 266n OR; Art. 2 Abs. 2 ZGB; Wohnung der Familie; gemeinschaftliche Miete; Kündigung durch den Vermieter; Rechtsmissbrauch. | |
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Bei einer Familienwohnung sind die Kündigung durch den Vermieter sowie die Ansetzung einer Zahlungsfrist mit Kündigungsandrohung (Art. 257d) dem Mieter und seinem Ehegatten separat zuzustellen (Art. 266n OR).
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Die Vorinstanz stellte fest, es habe sich beim Mietobjekt im Zeitpunkt von Mahnung und Kündigung nicht mehr um eine Familienwohnung gehandelt, nachdem die Ehefrau die Wohnung (gegen) Ende Februar 2012 endgültig verlassen habe.
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Der Beschwerdeführer beanstandet diese Feststellung der Vorinstanz als offensichtlich falsch und willkürlich. Zu Unrecht: Die Vorinstanz stützte ihre Feststellung, dass die Ehefrau die Familienwohnung ![]() | 5 |
Mangels Vorliegens einer Familienwohnung ging die Berufung des Beschwerdeführers auf Art. 266n OR demnach von vornherein fehl.
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Ob die Mahnung und die Kündigung der Ehefrau und Mitmieterin zugestellt worden waren, wie die Beschwerdegegner mit von der Ehefrau ausgestellten Empfangsbestätigungen zu belegen versuchten, der Beschwerdeführer aber bestritt, liess die Vorinstanz schliesslich offen.
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Die diese Frage betreffenden Rügen einer Rechtsverweigerung sowie einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, von Art. 8 ZGB und von Art. 9 BV gehen - wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt - am streitentscheidenden Punkt vorbei.
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Sie stützte sich dabei auf BGE 139 III 7. Gemäss diesem Urteil verhält sich die Mieterin rechtsmissbräuchlich, die sich auf Art. 266n OR beruft und geltend macht, die Kündigung sei nichtig, da diese ihrem Ehemann nicht zugestellt worden sei, wenn der Ehemann die Familienwohnung verlassen hat und sich für die Kündigung überhaupt nicht interessiert (E. 2.3.2). Die Vorinstanz erwog, die Konsequenz, wenn eine Kündigung nicht allen Mitmietern gegenüber ausgesprochen werde, unterscheide sich nicht von der in Art. 266o OR vorgesehenen Rechtsfolge; die Kündigung sei in beiden Fällen wirkungslos. Ebenso wenig bestehe ein Unterschied "unter dem Aspekt der Rechtsstellung", wolle doch Art. 266n OR dem Ehegatten ungeachtet dessen, ob er obligationenrechtlich auch Mieter der Familienwohnung sei oder nicht, bei einer Kündigung durch den Vermieter die Rechtsstellung eines Mieters verschaffen und ihm erlauben, gegebenenfalls die Mieterrechte geltend zu machen. Deshalb müsse sich der Mitmieter auch die gleichen Einreden, namentlich diejenige der rechtsmissbräuchlichen Berufung auf das Erfordernis der Mitteilung an den anderen Mitmieter, entgegenhaltenlassen. Wie bei der Familienwohnung der eine Ehegatte, mache bei der gemeinschaftlichen Miete der Mitmieter nicht sein eigenes, sondern das ![]() | 14 |
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Gemäss Art. 2 Abs. 2 ZGB findet der offene Missbrauch eines Rechts keinen Rechtsschutz. Wann ein solcher Missbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, wobei die von der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs zu beachten sind (BGE 135 III 162 E. 3.3.1 S. 169; BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 497). Zu diesen zählt namentlich die zweckwidrige Verwendung eines Rechtsinstituts (BGE 135 III 162 E. 3.3.1 S. 169).
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Das Erfordernis der doppelten Zustellung bei der Familienwohnung nach Art. 266n OR soll dem Ehegatten des Mieters ermöglichen, die Kündigung der Wohnung anzufechten oder die Erstreckung des Mietverhältnisses zu erwirken, wie es der Mieter könnte. Das Bundesgericht schloss in BGE 139 III 7, den Mieterinnen sei die Kündigung je auf dem offiziellen Formular zugestellt worden, das sie über ihre Rechte unterrichtet habe. Mit ihrer Argumentation würden die Beschwerdeführerinnen in Realität die Interessen eines Dritten geltend machen. Nachdem sich letzter überhaupt nicht für die Frage interessiere, sei dies rechtsmissbräuchlich (E. 2.3.2).
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Die vorliegende Konstellation ist wertungsmässig gleich zu beurteilen: Gemäss der für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellung der Vorinstanz hat die Ehefrau des Beschwerdeführers (und Tochter der Beschwerdegegner) die Wohnung bereits vor der Mahnung und der Kündigung definitiv verlassen und hat bzw. hatte keinerlei Interesse an der Nichtauflösung des Mietvertrags infolge der am 18. August 2012 ausgesprochenen Kündigung. Auch hier beruft sich somit ein Mieter auf die Interessen einer Drittperson, die diese gar nicht hat respektive gerade nicht wahrnehmen will. Er bemüht eine Bestimmung (betreffend Zustellung der Kündigung an den Mitmieter) für einen ihr fremden Zweck, was rechtsmissbräuchlich ist und keinen Rechtsschutz verdient. Dies hat die Vorinstanz zutreffend erkannt.
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