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80. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Handelsgericht des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_396/2014 vom 20. November 2014 | |
Regeste |
Sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts (Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO; Art. 164 HRegV). | |
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Bei der Wiedereintragung nach Art. 164 HRegV handelt es sich um eine gerichtliche Anordnung der freiwilligen Gerichtsbarkeit i.S. von Art. 1 lit. b ZPO. Nur der Gesuchsteller ist am Wiedereintragungsverfahren als Partei beteiligt; eine Gegenpartei gibt es nicht, auch das Handelsregisteramt stellt keine solche dar (Urteil 4A_412/2013 vom 19. Dezember 2013 E. 1 unter Hinweis auf DAVID RÜETSCHI, in: Handelsregisterverordnung [HRegV], Siffert/Turin [Hrsg.], 2013, N. 3 und 32 zu Art. 164 HRegV).
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Daraus folgt, dass sich das Zürcher Handelsgericht nur dann für sachlich unzuständig erklären darf, wenn das Wiedereintragungsverfahren als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit i.S. von Art. 1 lit. b ZPO nicht unter den bundesrechtlichen Begriff der Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften gemäss Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO fällt.
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In systematischer Hinsicht nimmt der Begriff der Streitigkeit nach Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO sodann auf jenen der streitigen Zivilsache gemäss Art. 1 lit. a ZPO Bezug. Als solche gilt gemäss der Rechtsprechung ein kontradiktorisches Verfahren zwischen mindestens zwei Parteien, das auf die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse im Sinne einer res iudicata abzielt (BGE 136 III 178 E. 5.2 S. 183; BGE 124 III 44 E. 1a S. 46; BGE 123 III 346 E. 1a S. 349). Um ein solches Verfahren handelt es sich beim Wiedereintragungsverfahren gemäss Art. 164 HRegV aber gerade nicht.
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Der Wortlaut und der systematische Zusammenhang von Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO sprechen mithin dagegen, das Wiedereintragungsverfahren in die handelsgerichtliche Zuständigkeit zu verweisen.
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Art. 14 und 15 aZPO/SG knüpften die Zuständigkeit des St. Galler Handelsgerichts ebenso wie Art. 6 ZPO an das Vorliegen einer "Streitigkeit". Die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit fielen nicht unter diesen Begriff (LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Kommentar ![]() | 14 |
§ 404 aZPO/AG setzte für die Zuständigkeit des Aargauer Handelsgerichts eine "Streitsache" voraus. Die freiwillige Gerichtsbarkeit, namentlich auch jene aus dem Bereich der Handelsgesellschaften und der Genossenschaft, fiel nicht in die Zuständigkeit des Handelsgerichts, sondern des ordentlichen erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten (ALBERT KILLER, in: Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, Bühler et al. [Hrsg.], 2. Aufl., 1998, N. 1e zu § 297 sowie N. 5 zu § 300 aZPO/AG).
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Auch Art. 5 aZPO/BE verwies nur "Streitigkeiten" bzw. "Klagen" in die Kompetenz des Berner Handelsgerichts. Gemäss Art. 2 aEG ZGB/BE fielen die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet der Handelsgesellschaften und der Genossenschaft wie im Kanton Aargau in die Zuständigkeit des ordentlichen erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten.
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Schliesslich sahen auch die §§ 61 und 62 des aGVG/ZH die Zuständigkeit des Zürcher Handelsgerichts nur bei Vorliegen einer "Klage" oder eines "Streits" vor. Die freiwillige Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet der Handelsgesellschaften und der Genossenschaft fiel gemäss § 219 lit. c aZPO/ZH in die Kompetenz des Einzelrichters, jedoch nicht des Handelsgerichts, sondern des Bezirksgerichts (§ 61 Abs. 2 aGVG/ZH e contrario ; zur sachlichen Zuständigkeit des Einzelrichters am Handelsgericht ausführlich JOHANN JAKOB ZÜRCHER, Der Einzelrichter am Handelsgericht des Kantons Zürich, 1998, S. 3 ff.).
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Das historische Auslegungselement spricht damit ebenso wie das grammatikalische und systematische gegen die Subsumtion des Wiedereintragungsverfahrens unter den Begriff der Streitigkeit nach Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO.
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Ein solches ist freilich bei der Beurteilung, ob eine gelöschte Handelsgesellschaft oder eine Genossenschaft gestützt auf Art. 164 HRegV wieder in das Handelsregister eingetragen werden soll, gerade nicht erforderlich: Im Wiedereintragungsverfahren ist lediglich zu beurteilen, ob nach Abschluss der Liquidation der gelöschten ![]() | 20 |
Zur Beurteilung dieser Fragen ist in aller Regel weder ein Branchenwissen noch ein spezifisch gesellschaftsrechtliches Wissen erforderlich, weshalb auch in teleologischer Hinsicht nicht angezeigt ist, vom Wortsinn des Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO abzuweichen und unter den Begriff der Streitigkeiten auch das Wiedereintragungsverfahren nach Art. 164 HRegV zu subsumieren.
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