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Informationen zum Dokument  BGE 140 III 602  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
4. Das Obligationenrecht sieht eine Entschädigung von Verwal ...
Erwägung 8
9. Art. 678 Abs. 2 OR erwähnt als weitere Voraussetzung das  ...
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89. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. und B. gegen C. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
4A_195/2014 / 4A_197/2014 vom 27. November 2014
 
 
Regeste
 
Rückerstattung von an Mitglieder des Verwaltungsrates ausgerichteten Leistungen, soweit diese in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Gegenleistung und zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft stehen (Art. 678 Abs. 2 OR).  
Bedeutung des offensichtlichen Missverhältnisses zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft (E. 9) und des bösen Glaubens der Empfänger (E. 10).  
 
Sachverhalt
 
BGE 140 III, 602 (602)Die C. AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) war Aktionärin der D. SA. Der Verwaltungsrat der Klägerin bestand aus A. (Beklagter 1, Beschwerdeführer 1) als Präsident und B. (Beklagte 2, Beschwerdeführerin 2) als Vizepräsidentin. Am 15. Oktober 2009 sprachen die Beklagten im Rahmen einer Verwaltungsratssitzung über einen allfälligen Verkauf der Aktien der D. SA. Sie fassten einen Beschluss über die Verwendung der aus dem geplanten Verkauf resultierenden Mittel. Dieser sah unter anderem vor, jeweils 1 % des definitiven Verkaufspreises als Prämie für den erfolgreichen Abschluss an die BGE 140 III, 602 (603)Beklagten zu überweisen, falls der Verkaufspreis über 4 Mio. Fr. betragen sollte. Da das Aktienpaket zu einem Preis von 4,4 Mio. Fr. verkauft wurde, erhielten beide Beklagte zusätzlich zum gewöhnlichen Entgelt für ihre Tätigkeit je Fr. 44'000.- ausbezahlt. Die Klägerin verlangt diese Beträge zurück. Das Obergericht des Kantons Solothurn hat die Beklagten je zur Rückzahlung der Fr. 44'000.- nebst Zins verpflichtet.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen:
 
4. Das Obligationenrecht sieht eine Entschädigung von Verwaltungsräten nur in Form von Tantiemen vor, d.h. als formelle Gewinnentnahme (Art. 677 OR). Es ist aber unbestritten, dass gestützt auf ein entsprechendes Schuldverhältnis zwischen Aktiengesellschaft und Verwaltungsrat auch feste Entschädigungen zulasten der Erfolgsrechnung ausgerichtet werden dürfen. Rechtsgrundlage ist entweder eine Statutenbestimmung, welche die Bemessung und Ausrichtung einer Entschädigung der Generalversammlung oder dem Verwaltungsrat zuweist, oder in besonderen Fällen ein Arbeitsvertrag oder Auftrag. Darüber hinaus ist es denkbar, dass im Einzelfall für besondere Aufgaben, beispielsweise als Rechtsanwalt, als Werbeberater, als Architekt oder als Versicherungsagent (Beispiele bei ROLAND MÜLLER, Honorierung von Verwaltungsräten aus rechtlicher Sicht, ZBJV 147/2011 S. 113 ff., S. 124) spezielle Verträge bestehen, die separat abgerechnet werden. Gemäss dem seit 1. Januar 2008 geltenden Art. 718b OR müssen Verträge zwischen der Gesellschaft und ihrem Vertreter schriftlich abgeschlossen werden, wenn die Verpflichtung der Gesellschaft Fr. 1'000.- übersteigt.
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Mitglieder des Verwaltungsrates sind nach Art. 678 Abs. 2 OR zur Rückerstattung "anderer Leistungen" - das heisst nicht formaler Gewinnausschüttungen gemäss Art. 678 Abs. 1 OR - verpflichtet, "soweit diese in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Gegenleistung und zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft stehen". Damit zielt Art. 678 Abs. 2 OR auf verdeckte Gewinnausschüttungen an Aktionäre, Mitglieder des Verwaltungsrates und diesen nahestehende Personen (vgl. Botschaft vom 23. Februar 1983 über die Revision des Aktienrechts, BBl 1983 II 897 Ziff. 326 zu Art. 678 Abs. 2 E-OR).
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BGE 140 III, 602 (604)Erwägung 8
 
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8.1.3 Als weiterer Gesichtspunkt ist zu berücksichtigen, ob die Beschwerdeführer den Aktienverkauf im Rahmen ihrer Aufgaben als Verwaltungsräte oder aber ausserhalb dieses Rahmens getätigt haben. Wie die Beschwerdeführer unter Hinweis auf Art. 1.2 der Statuten selbst geltend machen, ist der Gesellschaftszweck die "Anlage von Kapitalien und die Verwaltung von Vermögenswerten". Die Vorinstanz durfte somit entgegen den Beschwerdeführern ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Verkauf und Kauf von Beteiligungen zur üblichen Verwaltungsratstätigkeit gehörte. Gegen ein Missverhältnis im Sinn von Art. 678 Abs. 2 OR könnte in diesem Zusammenhang sprechen, wenn der Verkauf der Aktien der D. SA ein im Vergleich zu früheren Verkäufen bzw. Käufen von Beteiligungen aussergewöhnliches Geschäft gewesen wäre. Die Beschwerdeführer gehen selbst von diesem Gesichtspunkt aus, wenn sie geltend machen, es habe sich um einen "Bonus für besondere Leistungen" gehandelt. BGE 140 III, 602 (605)Nachdem die Vorinstanz davon gestützt auf den Gesellschaftszweck nicht ausgehen musste, wäre es an den Beschwerdeführern gelegen, im Rahmen des ihnen offenstehenden Gegenbeweises die konkreten Umstände zu behaupten und gegebenenfalls zu substanziieren, die beim Gericht Zweifel an der Richtigkeit der Gegenstand des Hauptbeweises bildenden Sachbehauptung hätten wachhalten und diesen dadurch hätten vereiteln können (BGE 130 III 321 E. 3.4 S. 326; BGE 115 II 305; je mit Hinweisen). Das angefochtene Urteil enthält dazu keine tatsächlichen Feststellungen und die Beschwerdeführer rügen nicht rechtsgenüglich eine unvollständige Feststellung des Sachverhalts. Mangels solcher Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass mit den bezahlten fixen Entschädigungen ihre Tätigkeit im Rahmen des Gesellschaftszwecks abgedeckt war. Ob diese Entschädigungen objektiv angemessen bzw. - wie die Vorinstanz annahm - "grosszügig" war, ist daher nicht entscheiderheblich, ebenso wenig die Höhe der Entschädigung des Nachfolgers, dessen konkrete Aufgaben ohnehin nicht bekannt sind. Auf die diesbezüglichen Rügen ist daher nicht weiter einzugehen.
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8.2 Nach Art. 678 Abs. 2 OR muss das Missverhältnis zur Gegenleistung der Gesellschaft (wie auch zu deren wirtschaftlichen Lage) offensichtlich sein. Das Missverhältnis ist offensichtlich, wenn es jedermann, der gerecht und billig denkt und die konkreten Verhältnisse vernünftig beurteilt, in die Augen fällt (BEAT SPÖRRI, Die aktienrechtliche Rückerstattungspflicht, 1996, S. 185 f.; vgl. auch THOMAS FRIEDRICH MÜLLER, Der Schutz der Aktiengesellschaft vor unzulässigen Kapitalentnahmen, 1997, S. 63), weil es einer vernünftigen wirtschaftlichen Begründung entbehrt (SPÖRRI, a.a.O., S. 185; KURER/KURER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 4. Aufl. BGE 140 III, 602 (606)2012, N. 17 zu Art. 678 OR mit Hinweisen). Durch diese Voraussetzung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass den Gesellschaften die Ausübung des geschäftsmässigen Ermessens überlassen bleibt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_188/2007 vom 13. September 2007 E. 4.3.4; KURER/KURER, a.a.O., N. 17 zu Art. 678 OR; ANDREAS BINDER, Die aktienrechtliche Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen, Schweizerische Zeitschrift für Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht sowie Umstrukturierungen [GesKR] Sondernummer 2008, S. 66 ff., S. 69). Nachdem die Vorinstanz aber davon ausgehen durfte, der Verkauf und Kauf von Beteiligungen gehöre zu der üblichen Verwaltungsratstätigkeit, die ausserhalb der geleisteten Zahlung bereits im üblichen Mass entlohnt wurde, kann von einem unzulässigen Eingriff in das Ermessen der Gesellschaft keine Rede sein. Zusammenfassend ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz von einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen den Beträgen von je Fr. 44'000.- und der von den Beschwerdeführern erbrachten Gegenleistung ausging.
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9.2 In der Lehre wird darauf hingewiesen, dass das Kriterium der wirtschaftlichen Lage keinen Sinn macht, wenn es als eigenständiges Kriterium verstanden wird (SPÖRRI, a.a.O., S. 200; ROGER DÜRR, Die Rückerstattungsklage nach Art. 678 Abs. 2 OR im System der unrechtmässigen Vermögensverlagerungen, 2005, S. 92; je mit Hinweisen). Es würde bedeuten, dass in einer Gesellschaft mit sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen eine offensichtliche Begünstigung einzelner Verwaltungsräte zulasten des Gesellschaftsvermögens BGE 140 III, 602 (607)rechtlich unbedenklich wäre (BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl. 2009, S. 1528 f. § 12 Rz. 556; DÜRR, a.a.O., S. 92; BINDER, a.a.O., S. 67 f.; MÜLLER, a.a.O., S. 64), was den vom Gesetzgeber mit Art. 678 OR verfolgten Zielen widersprechen würde (SPÖRRI, a.a.O., S. 201 ff.). Die Klausel der "wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft" müsse vielmehr im Sinnzusammenhang des Gesetzes so verstanden werden, dass die Frage des offensichtlichen Missverhältnisses unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft zu beurteilen sei (BÖCKLI, a.a.O., S. 1529 § 12 Rz. 557; KURER/KURER, a.a.O., N. 16 zu Art. 678 OR; MÜLLER, a.a.O., S. 64; SPÖRRI, a.a.O., S. 203 f. mit Hinweisen). Darüber, wie dies zu geschehen hat, gehen die Meinungen auseinander (SPÖRRI, a.a.O., S. 203 f. mit Hinweisen).
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Ein Teil der Lehre vertritt die Auffassung, die Formel sei so zu verstehen, dass die Offensichtlichkeit umso eher anzunehmen sei, je schlechter die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ist (BÖCKLI, a.a.O., S. 1529 § 12 Rz. 557), beziehungsweise dass sich eine finanzstärkere Gesellschaft grosszügiger zeigen kann als eine finanzschwache, was bei der Beurteilung, ob ein Missverhältnis zur Gegenleistung gegeben ist, berücksichtigt werden könne (vgl. PASCAL MONTAVON UND ANDERE, Droit et pratique de la société anonyme, Bd. I, 1994, S. 108 f.).
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Andere verlangen eine spürbare Auswirkung im Sinn einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft (KURER/KURER, a.a.O., N. 16 zu Art. 678 OR).
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Es wird auch die Meinung vertreten, die wirtschaftliche Situation sei nur zu berücksichtigen, wenn sie als Bewertungskriterium für Leistung und Gegenleistung relevant sei, beispielsweise als Rechtfertigung eines geringen Verkaufspreises bei einem Notverkauf der Gesellschaft oder eines höheren Darlehenszinses gegenüber einer finanzschwachen Gesellschaft (MÜLLER, a.a.O., S. 64; SPÖRRI, a.a.O., S. 205; DÜRR, a.a.O., S. 90 ff. und 102).
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9.3.1 Vor diesem Hintergrund erweist sich das Kriterium der Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft (KURER/KURER, a.a.O., N. 16 zu Art. 678 OR) als zu unscharf, da eine finanzstarke Gesellschaft kleinere verdeckte Gewinnausschüttungen verkraften könnte, ohne dass ihre wirtschaftliche Lage dadurch merklich beeinträchtigt wird. Soweit dagegen die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft (wie bei der Höhe des Darlehenszinses oder des Verkaufspreises bei einem Notverkauf) als objektives Bewertungskriterium für Leistung und Gegenleistung relevant wird (SPÖRRI, a.a.O., S. 205; MÜLLER, a.a.O., S. 64), wäre sie ohnehin zu beachten, da das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht abstrakt, sondern anhand der konkreten Umstände zu beurteilen ist (DÜRR, a.a.O., S. 91). Dem Kriterium der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft kommt vielmehr Bedeutung zu für das Ermessen, das den Gesellschaften zugebilligt wird (vgl. E. 8.2 hiervor). Es fällt in die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit der Gesellschaften, ob sie günstigere oder weniger günstige Varianten bevorzugen oder sich gegenüber ihren Geschäftspartnern grosszügig oder kleinlich zeigen. In dieses Ermessen wollte der Gesetzgeber nicht eingreifen. Sanktioniert wird sowohl bei finanzstarken als auch bei finanzschwachen Gesellschaften nur die Überschreitung des Ermessens. Der Ermessensspielraum ist bei wirtschaftlich guten Verhältnissen aber grösser. Die grosszügige Abgeltung einer Leistung kann bei einer finanzstarken Gesellschaft noch in deren Ermessensspielraum liegen, während darin kein zulässiger Ermessensentscheid, sondern eine unzulässige verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen ist, wenn die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft die gewählte grosszügige Abgeltung offensichtlich nicht zulässt (vgl. BÖCKLI, a.a.O., S. 1528 f. § 12 Rz. 556 f.; MONTAVON UND ANDERE, a.a.O., S. 108 f.).
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BGE 140 III, 602 (610)gemäss Statuten festlegen kann, definitionsgemäss immer gutgläubig wäre, unabhängig wie übersetzt die getätigten Bezüge waren. Ist nicht von Gutgläubigkeit auszugehen, stellt sich die Frage der (gutgläubigen) Entreicherung von vornherein nicht. Die diesbezüglichen Rügen der Beschwerdeführer, namentlich der Vorwurf einer willkürlichen Feststellung des Sachverhalts, stossen ins Leere.
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