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58. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Versicherung B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_178/2015 vom 11. September 2015 | |
Regeste |
Art. 168 Abs. 1 ZPO; Beweismittel; Privatgutachten. | |
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2.1 Der Vorinstanz lagen vier ärztliche Beurteilungen des gesundheitlichen Zustands des Beschwerdeführers und dessen Arbeits(un) fähigkeit vor. Dr. med. C. verfasste ein Gutachten im Auftrag der Beschwerdegegnerin. Darin kam er zum Schluss, eine relevante Arbeitsunfähigkeit lasse sich aus rein psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht nicht begründen. Pract. med. E. behandelte den Beschwerdeführer ab dem 17. Mai 2011 und hielt in einem Bericht vom 16. Mai 2012 fest, es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, mit einem Arbeitsversuch von ein bis zwei Stunden in einer angepassten Tätigkeit ![]() | 2 |
Die Vorinstanz würdigte die vorliegenden Gutachten und den Bericht. Sie erachtete als nachvollziehbar, dass Dr. med. C. beim Beschwerdeführer keine relevante Arbeitsunfähigkeit für gegeben erachtet habe. Darauf sei abzustützen; dies auch in Würdigung des Umstands, dass es sich dabei um ein Parteigutachten handle. In dieser Hinsicht stützte sich die Vorinstanz auf BGE 125 V 351 E. 3b/dd S. 353, wonach der Umstand allein, dass eine ärztliche Stellungnahme von einer Partei eingeholt und in das Verfahren eingebracht werde, nicht Zweifel an ihrem Beweiswert rechtfertige. Die Vorinstanz stellte somit auf das Gutachten von Dr. med. C. ab und erachtete es als überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer ab 1. Oktober 2011 keine relevante Arbeitsunfähigkeit aufgewiesen habe. Damit habe dieser keinen Anspruch auf Leistung von Krankentaggeldern.
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Die Beschwerdegegnerin macht demgegenüber geltend, die Vorinstanz habe richtig festgehalten, dass am Beweiswert des Privatgutachtens nicht allein deshalb zu zweifeln sei, weil es von einer Partei eingeholt worden sei. Die Beschwerdegegnerin verweist auf das ![]() | 5 |
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Diese Rechtsprechung hat ihren Ursprung beim (damaligen) Eidgenössischen Versicherungsgericht (vgl. LUCREZIA GLANZMANN, Der Beweiswert medizinischer Erhebungen im Zivil-, Straf- und Sozialversicherungsprozess, AJP 2005 S. 77). Die in BGE 125 V 351 enthaltenen Erwägungen wurden bis heute denn auch primär in Urteilen der beiden sozialversicherungsrechtlichen Abteilungen bestätigt (vgl. etwa Urteile 9C_49/2014 vom 29. Oktober 2014 E. 4.1; 8C_892/2013 vom 27. März 2014 E. 5.3.2), fanden aber auch Eingang in Urteile anderer Abteilungen (vgl. etwa BGE 137 II 266 E. 3.2 S. 270 f.; Urteil 4A_505/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 3.6).
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Gleichzeitig hat das Bundesgericht immer wieder bestätigt, dass Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen ist (BGE 140 III 24 E. 3.3.3 S. 29; BGE 140 III 16 E. 2.5 S. 24; BGE 139 III 305 E. 5.2.5 S. 319; BGE 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677; BGE 132 III 83 E. 3.6 S. 88 f.).
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2.4 Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin stützen sich auf BGE 125 V 351 und erachten das Abstützen auf das von der Beschwerdegegnerin eingeholte Privatgutachten von Dr. med. C. als zulässig, während der Beschwerdeführer mit Hinweis auf die ebenfalls publizierte Rechtsprechung, wonach Parteigutachten blosse ![]() | 9 |
Erwägung 2.5 | |
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Diese Auslegung wird gestützt von den Materialien. Neben dem gerichtlich bestellten Gutachten (Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO) sah der Vorentwurf explizit auch das Privatgutachten vor (Art. 182 des Vorentwurfs von 2003 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung). Aufgrund der Kritik in der Vernehmlassung wurde in der Folge auf dieses Beweismittel verzichtet; Privatgutachten bleiben nach der Botschaft ![]() | 12 |
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2.6 Im Zivilprozess stellt ein Privatgutachten somit kein Beweismittel dar. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin gilt mithin die sozialversicherungsrechtliche Rechtsprechung nach BGE 125 V 351 unter dem Anwendungsbereich der ZPO nicht. Vielmehr ist die vom Beschwerdeführer angerufene Rechtsprechung anwendbar, wonach Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen ist (BGE 140 III 24 E. 3.3.3 S. 29, BGE 140 III 16 E. 2.5 S. 24; BGE 139 III 305 E. 5.2.5 S. 319; BGE 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677; BGE 132 III 83 E. 3.6 S. 88 f.). Allerdings ist zu beachten, dass nur Tatsachenbehauptungen bewiesen werden müssen, die ausdrücklich bestritten sind. Bestreitungen sind so konkret zu halten, dass sich bestimmen lässt, welche einzelnen ![]() | 14 |
Parteibehauptungen, denen ein Privatgutachten zugrunde liegt, werden meist besonders substanziiert sein. Entsprechend genügt eine pauschale Bestreitung nicht; die Gegenpartei ist vielmehr gehalten zu substanziieren, welche einzelnen Tatsachen sie konkret bestreitet. Wird jedoch eine Tatsachenbehauptung von der Gegenpartei substanziiert bestritten, so vermögen Parteigutachten als reine Parteibehauptungen diese allein nicht zu beweisen (vgl. BGE 132 III 83 E. 3.5 S. 88). Als Parteibehauptungen mögen sie allenfalls zusammen mit - durch Beweismittel nachgewiesenen - Indizien den Beweis zu erbringen. Werden sie aber nicht durch Indizien gestützt, so dürfen sie als bestrittene Behauptungen nicht als erwiesen erachtet werden. Dies hat die Vorinstanz verkannt, wenn sie vorliegend ein Privatgutachten als Beweismittel zugelassen und einzig gestützt auf dieses Gutachten als bewiesen erachtet hat, dass der Beschwerdeführer im zu beurteilenden Zeitraum arbeitsfähig gewesen sei. Damit hat sie nach dem Gesagten Art. 168 Abs. 1 ZPO verletzt. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich mithin als begründet.
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