BGE 142 III 96 | |||
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13. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen B. und C. (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_405/2015 vom 26. Januar 2016 | |
Regeste |
Art. 6 Abs. 2 lit. a und c ZPO; sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts. | |
Sachverhalt | |
A.a Die A. AG (Klägerin, Beschwerdeführerin) reichte am 7. Mai 2015 beim Bezirksgericht Zürich eine Forderungsklage gegen B. (Beklagter 1, Beschwerdegegner 1) und C. (Beklagter 2, Beschwerdegegner 2) ein. Mit Beschluss vom 10. Juni 2015 trat das Bezirksgericht Zürich auf die Klage nicht ein; es erachtete sich als sachlich nicht zuständig.
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A.b Daher erhob die Klägerin am 17. Juli 2015 mit dem gleichen Rechtsbegehren Klage beim Handelsgericht des Kantons Zürich. Dieses trat mit Beschluss vom 5. August 2015 ebenfalls mangels sachlicher Zuständigkeit nicht auf die Klage ein. (...)
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B.a Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht im Wesentlichen, der Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 5. August 2015 sei aufzuheben und das Handelsgericht des Kantons Zürich sei für die am 17. Juli 2015 eingereichte Klage als zuständig zu erklären, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen. (...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
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(...)
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3.3 Bezüglich der dritten Voraussetzung von Art. 6 Abs. 2 ZPO, die kumulativ gegeben sein muss, stellte die Vorinstanz fest, nebst der Beschwerdeführerin seien auch die beiden Beschwerdegegner als Inhaber der Einzelunternehmen "F." und "G." bzw. "H." im Handelsregister eingetragen. Das Bezirksgericht hatte daraus abgeleitet, auch Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO sei erfüllt, da somit alle Parteien im Handelsregister eingetragen seien. Demgegenüber vertrat die Vorinstanz die Auffassung, es genüge für sich alleine nicht, dass eine Person als Inhaber eines Einzelunternehmens eingetragen sei. Eine Streitigkeit gelte nach Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO nur dann als handelsrechtlich, wenn sich zwei Unternehmen gegenüberstünden. Das Handelsregister erfasse Rechtseinheiten. Das Einzelunternehmen sei eine Rechtseinheit gemäss Art. 2 lit. a der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV; SR 221.411). Gemäss Art. 36 Abs. 1 HRegV sei die natürliche Person verpflichtet ihr Einzelunternehmen unter gewissen Voraussetzungen in das Handelsregister einzutragen. Die Abgrenzung zwischen gewerblichem und privatem Handeln des Inhabers eines Einzelunternehmens sei sodann auch möglich, namentlich aufgrund der in Art. 954a OR statuierten Firmengebrauchspflicht. Die Vorinstanz unterschied somit zwischen der natürlichen Person und der Rechtseinheit Einzelunternehmen und schloss daraus, der zu beurteilende Sachverhalt müsse einen Bezug zur Rechtseinheit des Einzelunternehmens aufweisen, damit Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO erfüllt sei. Vorliegend sei der Kaufvertrag von den Beschwerdegegnern aber als Privatgeschäft getätigt worden und weise entsprechend keinen solchen Bezug auf. Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO sei daher nicht erfüllt und das Handelsgericht nicht zuständig.
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Sie ist aber der Auffassung, dieser materielle Aspekt sei nicht von Bedeutung. Massgeblich sei allein das Vorhandensein des Handelsregistereintrags. Das bleibt zu prüfen.
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3.3.2 Nicht zu folgen ist der Vorinstanz, wenn sie in grundsätzlicher Hinsicht davon ausgeht, eine Streitigkeit gelte nach Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO nur dann als handelsrechtlich, wenn sich zwei Unternehmen gegenüber stünden. Der Bezug zur geschäftlichen Tätigkeit wird nicht durch Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO, sondern durch dessen lit. a geregelt. Danach genügt ein Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit auch nur einer Partei. Eine Streitigkeit kann somit auch dann eine handelsrechtliche sein, wenn ihr diese Eigenschaft an sich nicht zukommt (BERNHARD BERGER, Verfahren vor dem Handelsgericht: ausgewählte Fragen, praktische Hinweise [nachfolgend: Verfahren], ZBJV 148/2012 S. 467; derselbe, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung [nachfolgend: ZPO], 2012, N. 21 zu Art. 6 ZPO). Mit der Formulierung "mindestens einer Partei" unterscheidet sich Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO eben von einschränkenderen Umschreibungen, wie namentlich jener im früheren Art. 14 Abs. 1 der Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen (ZPO/SG). Diese Bestimmung setzte eine "gegenseitige geschäftliche Tätigkeit" voraus, womit eine handelsrechtliche Streitigkeit daher als Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen verstanden wurde, sodass keine handelsrechtliche Streitigkeit bestand, wenn es sich um ein Privatgeschäft (auch nur) einer Partei handelte (LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, 1999, N. 4a und 4b zu Art. 14 ZPO/SG; vgl. auch DAVID RÜETSCHI, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 21 zu Art. 6 ZPO). Entsprechend hat das Bundesgericht im Rahmen der Auslegung des Klägerwahlrechts gemäss Art. 6 Abs. 3 ZPO, welches das Vorhandensein der Bedingung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a und b ZPO voraussetzt, Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO so ausgelegt, dass es genügt, wenn der Prozessgegenstand die Geschäftstätigkeit einer Partei betrifft (BGE 138 III 694 E. 2.3 S. 697).
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Es trifft somit zwar zu, dass private Geschäfte nicht von Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO erfasst werden (BERGER, ZPO, a.a.O., N. 21 f. zu Art. 6 ZPO; derselbe, Verfahren, a.a.O., S. 468; HAAS/SCHLUMPF, in: ZPO, Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 7 zu Art. 6ZPO; RÜETSCHI, a.a.O., N. 21 zu Art. 6 ZPO; VOCK/NATER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl.2013, N. 8 zu Art. 6 ZPO; THEODOR HÄRTSCH, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 12 zu Art. 6 ZPO; JACQUES HALDY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 5 zu Art. 6 ZPO). Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Sache nicht die Geschäftstätigkeit der andern Partei betrifft (BERGER, ZPO, a.a.O., N. 22 zu Art. 6 ZPO).
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Damit weitet sie Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO unzulässig aus. Sie meint, dies sei nicht der Fall, denn lit. a statuiere eine objektbezogene Voraussetzung, während lit. c subjektbezogen sei. Letzteres trifft zwar zu; es ist aber nicht ersichtlich, was sich aus dieser begrifflichen Unterscheidung ergibt. Mit dem Erfordernis des Handelsregistereintrags wird (subjektiv) vorausgesetzt, dass es sich um einen Streitzwischen (selbstständigen) Kaufleuten (bzw. Unternehmen) handelt. Dies grenzt die handelsrechtliche Streitigkeit in subjektiver Hinsicht von einer gestützt auf Art. 6 Abs. 3 ZPO durch eine Privatperson eingeleiteten Streitigkeit ab. Verlangt man aber, dass sich der Streitgegenstand auf das Einzelunternehmen bzw. das nach kaufmännischer Art geführte Gewerbe bezieht, verlangt man nichts anderes, als dass er sich auf die "gegenseitige geschäftliche Tätigkeit" der beiden im Handelsregister eingetragenen Parteien beziehen muss, was Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO wie dargelegt gerade nicht verlangt.
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Auch aus dem in Art. 1 und Art. 2 lit. a HRegV verwendeten Begriff der Rechtseinheit lässt sich nichts für die Auffassung der Vorinstanz ableiten. Gemäss der Zweckumschreibung in Art. 1 HRegV dient das Handelsregister der Konstituierung und der Identifikation von Rechtseinheiten. Art. 2 lit. a HRegV zählt vierzehn Anwendungen auf - Einzelunternehmen, juristische Personen, Handelsgesellschaften, Institute des öffentlichen Rechts sowie Zweigniederlassungen -, die als Rechtseinheit gelten. Damit wird indessen lediglich ein unabhängiger Oberbegriff als abstrakte Bezeichnung für alle diese Entitäten geschaffen; Zweck dieses Oberbegriffs ist namentlich, den Verordnungstext zu straffen und verständlicher zu machen (NICHOLAS TURIN, in: Handelsregisterverordnung [HRegV], Siffert/Turin [Hrsg.], 2013, N. 3 zu Art. 2 HRegV). Dieser Oberbegriff ändert nichts daran, dass die Rechtseinheit Einzelunternehmen keine Partei im Sinn der Zivilprozessordnung ist; Partei ist nur der Inhaber des Einzelunternehmens. Dies eben im Gegensatz zur Kollektivgesellschaft, die "vor Gericht klagen und verklagt werden" kann (Art. 562 OR). Wenn die Vorinstanz auf die Kollektivgesellschaft verweist und meint, es sei grundsätzlich am "Eintrag der Rechtseinheit anzuknüpfen", verkennt sie, dass auch dort nicht an der Rechtseinheit Kollektivgesellschaft angeknüpft wird, sondern an der Kollektivgesellschaft als parteifähige Handelsgesellschaft.
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Aus BGE 140 III 409 lässt sich jedoch nichts für den Standpunkt der Vorinstanz ableiten. Das Bundesgericht bezog sich in diesem Entscheid auf die Kommentarliteratur, welche einheitlich die Meinung vertritt, dass der Eintrag nur als Organ nicht genügt. Das entsprach schon der Praxis zu den kantonalen Zivilprozessordnungen, an denen sich die Regelung der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichtes orientierte (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordung, BBl 2006 7261; BGE 140 III 355 E. 2.3.2 S. 361). Diese Praxis wurde damit begründet, dass der Eintrag bei Einzelpersonen als selbstständige Kaufleute erfolgen muss (LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, a.a.O., N. 3a zu Art. 14 ZPO/SG; HAUSER/SCHWERI, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, 2002, N. 9 zu § 62 GVG/ZH; LEUCH/MARBACH/KELLERHALS/STERCHI, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 2a/aa zu Art. 5 ZPO/BE; BÜHLER/EDELMANN/KILLER, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 1998, N. 1 zu § 404 ZPO/AG). Art. 6 Abs. 2 lit. c ZPO verlangt zwar nicht - anders als noch die früheren Regelungen in Zürich und Aargau - den Eintrag der Parteien "als Firmen". Der Eintrag im Handelsregister weist eine Partei aber als Subjekt aus, die ein Handels-, Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt (Art. 934 Abs. 1 OR). Wenn Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO den Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit einer Partei verlangt, geht es eben um die geschäftliche Tätigkeit, welche diese Partei als selbstständiger Kaufmann mit ihrem eigenen im Handelsregister eingetragenen Gewerbe führt (BERGER, Verfahren, a.a.O., S. 472; derselbe, ZPO, a.a.O., N. 9 zu Art. 6 ZPO). Ein (eingetragenes) Organ betreibt kein eigenes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe, der Inhaber eines Einzelunternehmens aber schon.
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3.3.5 Dass es sich bei den strittigen Kaufgeschäften um Privatgeschäfte der beiden im Handelsregister mit ihren Einzelunternehmen eingetragenen Beschwerdegegnern handelte, schliesst daher die Zuständigkeit des Handelsgerichts nicht aus. Daran vermögen auch die von der Vorinstanz angeführten praktischen bzw. prozessökonomischen Gründe nichts zu ändern. Es kann daher auch offenbleiben, inwiefern das streitgegenständliche Kaufgeschäft in die Zweckumschreibung der drei Einzelunternehmen fällt, was von der Vorinstanz jedenfalls hinsichtlich des Einzelunternehmens des Beschwerdegegners 2 verneint wurde. (...)
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