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46. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen B. und C. (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_662/2016 vom 11. Mai 2017 | |
Regeste |
Art. 75 BGG; Eintretensvoraussetzungen; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs. | |
Sachverhalt | |
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A.a B. (Arbeitnehmer 1, Kläger 1, Beschwerdegegner 1) und C. (Arbeitnehmer 2, Kläger 2, Beschwerdegegner 2) schlossen am 2. April 1996 rückwirkend per 1. Januar 1996 je zwei neue Arbeitsverträge mit der A. AG (Arbeitgeberin, Beklagte, Beschwerdeführerin) ab. Es wurden sämtliche früheren Verträge aufgehoben und die neuen Verträge auf unbestimmte Zeit, erstmals kündbar auf den 31. März 2001, abgeschlossen. Nach den Verträgen sollten die beiden Kläger die Funktionen als Verwaltungsräte ihrer Arbeitgeberin versehen und zudem Vorsitzender (Kläger 1) bzw. stellvertretender Vorsitzender (Kläger 2) der Geschäftsleitung sowie Handelsreisende sein.
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A.c Mit Schreiben vom 27. Oktober 1998 kündigten die Arbeitnehmer ihre Anstellungsverträge fristlos.
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A.d Die Arbeitgeberin hielt mit Schreiben vom 3. November 1998 fest, dass die Arbeitnehmer zur fristlosen Auflösung der Arbeitsverträge nicht berechtigt gewesen seien.
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B.
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B.a Am 28. Dezember 2000 gelangte der Kläger 1 an das Arbeitsgericht Zürich mit dem Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm Fr. 1'325'099.90 (zuzüglich Zins und abzüglich Sozialabzüge) zu bezahlen, unter Vorbehalt der Nachklage. Am 9. Februar 2001 reichte auch der Kläger 2 Klage ein mit dem Rechtsbegehren, es sei die Beklagte zur Zahlung von Fr. 585'545.15 (zuzüglich Zins und abzüglich Sozialabzüge) zu verpflichten. Nach Durchführung einer Sühneverhandlung wurden die beiden Verfahren vereinigt.
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B.b Mit Urteil vom 31. März 2005 hiess das Arbeitsgericht die Klagen teilweise gut und verurteilte die Beklagte, dem Kläger 1 Fr. 52'034.35 netto (nebst Zins) sowie dem Kläger 2 Fr. 16'624.60 netto (nebst Zins) zu bezahlen. Das Gericht erwog, dass die fristlose Kündigung der Kläger aus berechtigtem Grund erfolgt war, hielt indes dafür, die Kündigung sei zu spät erklärt worden.
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B.c Das Obergericht des Kantons Zürich wies mit Beschluss vom 21. September 2006 unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils vom 31. März 2005 das Verfahren zur Fortsetzung bzw. Ergänzung im Sinne der Erwägungen an die Erstinstanz zurück. Das Obergericht gelangte zum Schluss, dass die fristlose Auflösung der Arbeitsverträge durch die Kläger gerechtfertigt war und auch rechtzeitig erklärt wurde.
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B.d Das Arbeitsgericht Zürich hiess darauf die Klagen mit Urteil vom 10. Oktober 2016 teilweise gut und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von Fr. 1'145'060.15 netto an den Kläger 1 sowie von Fr. 405'364.05 netto an den Kläger 2 (jeweils zuzüglich Zins und abzüglich Sozialabzüge).
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C.a Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte im Wesentlichen die Aufhebung des Rückweisungsbeschlusses des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. September 2006 und des Urteils des Arbeitsgerichts Zürich vom 10. Oktober 2016 sowie die Abweisung der Klagen.
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Die Beschwerdeführerin begründet zunächst, weshalb sie direkt den erstinstanzlichen Entscheid in Verbindung mit dem Rückweisungsentscheid des Obergerichts anficht. In der Sache beanstandet sie namentlich, dass das Obergericht im Urteil vom 21. September 2006, an welches das Arbeitsgericht gebunden war, die fristlose Kündigung der Beschwerdegegner als rechtzeitig qualifiziert hat.
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C.b Mit Eingabe vom 11. Januar 2017 teilt die Beschwerdeführerin unter Beilage der Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Januar 2017 mit, dass das von ihr beim Obergericht anhängig gemachte Berufungsverfahren sistiert wurde bis zum Entscheid des Bundesgerichts über das vorliegende Beschwerdeverfahren.
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Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde ein und weist sie ab.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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1.1 Die Beschwerde ist nach Art. 75 Abs. 1 BGG zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen. Entscheiden diese nach dem Grundsatz von Art. 75 Abs. 2 BGG als Rechtsmittelinstanzen, ist die Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht. Es gilt das Prinzip der double instance im Zivilrecht - ausgenommen die in Art. 75 Abs. 2 lit. a-c BGG genannten Fälle, die vorliegend nicht in Betracht fallen (BGE 141 III 188 E. 4.1; ![]() | 18 |
1.2 Die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs war altrechtlich für die staatsrechtliche Beschwerde in Art. 86 Abs. 1 (AS 1992 294) bzw. Art. 87 (BS 3 555) des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (Bundesrechtspflegegesetz, OG) vorgesehen; danach war die Beschwerde nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig, d.h. es mussten alle ordentlichen oder ausserordentlichen Rechtsmittel ergriffen worden sein, mit denen die gerügte Rechtsverletzung beanstandet werden konnte (BGE 120 Ia 61 E. 1a; BGE 110 Ia 136 E. 2a S. 137; MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, 1992, S. 192 Rz. 137; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. 1994, S. 326 ff.). Vom Grundsatz der Erschöpfung wurde nach der Praxis indes ausnahmsweise abgesehen, wenn das Durchlaufen der kantonalen Instanzen eine leere, zwecklose Formalität gewesen wäre (KÄLIN, a.a.O., S. 328 f.). Als praktisch wichtigster Ausnahmefall wurde auf das Erfordernis der Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs verzichtet, wenn eine untere Instanz nach Weisungen der Rechtsmittelinstanz entschieden hatte (BGE 114 Ia 263 E. 2c S. 266; BGE 106 Ia 229 E. 4 S. 236; BGE 105 Ia 54 E.1a S. 56; je mit Hinweisen, vgl. auch BGE 118 Ia 341 E. 2e S. 346). Ob eine ![]() | 19 |
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1.4 Entscheide, in denen die obere kantonale Instanz als Rechtsmittelinstanz eine Vorfrage abweichend von der ersten Instanz entscheidet und das Verfahren zur weiteren Beurteilung an die erste Instanz zurückweist, sind Zwischenentscheide. Sie können - sofern sie nicht die Zuständigkeit oder den Ausstand zum Gegenstand haben (Art. 92 BGG) - nur direkt mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden, wenn sie entweder einen nicht ![]() | 21 |
1.5 Die Gründe für die Anfechtbarkeit von Kostenregelungen in Zwischenentscheiden im Anschluss an erstinstanzliche Endentscheide sprechen auch für die Anfechtung anderer Rückweisungsentscheide oberer kantonaler Gerichte im Anschluss an den erstinstanzlichen Endentscheid, soweit in der Beschwerde ausschliesslich diese in Frage gestellt werden. Der Rückweisungsentscheid ist nach allgemeinen Grundsätzen nicht nur für die erste Instanz verbindlich, sondern er kann auch von der rückweisenden Instanz später nicht mehr in Frage gestellt werden (BGE 135 III 334 E. 2 S. 335 mit Hinweisen). Dies gilt namentlich auch für Rückweisungsentscheide, die von oberen kantonalen Gerichten auf Rechtsmittel nach der ZPO ergehen (Urteil 4A_646/2011 vom 26. Februar 2013 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 139 III 190). Werden daher in einem kantonalen Rechtsmittel gegen den erstinstanzlichen Endentscheid nur die Erwägungen im früheren Rückweisungsentscheid der oberen kantonalen Instanz angefochten, fehlt der beschwerdeführenden Partei das Rechtsschutzinteresse am Rechtsmittel und die obere kantonale Instanz tritt darauf gar nicht ein (vgl. die Sachverhalte in den Urteilen 4A_646/ 2011 vom 26. Februar 2013 und 5A_413/2013 vom 30. August 2013). Von der durch den früheren Rückweisungsentscheid belasteten Partei aber zu verlangen, ein kantonales Rechtsmittel zu ergreifen, das von vorneherein nutzlos ist, würde eine leere, zwecklose Formalität bedeuten. Soweit sich die Rügen daher ausschliesslich gegen den ![]() | 22 |
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1.7 Die Beschwerdegegner haben gegen das erstinstanzliche Urteil kein kantonales Rechtsmittel ergriffen; die Vorinstanz hat das von der Beschwerdeführerin vorsorglich anhängig gemachte Berufungsverfahren sistiert. Vor der Vorinstanz ist damit kein Rechtsmittelverfahren hängig, dessen Ausgang den erstinstanzlichen Entscheid des Arbeitsgerichts beeinflussen könnte. Da sich die Beschwerde ausschliesslich gegen die Erwägungen im Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. September 2006 richtet, mit dem die Rechtmässigkeit der fristlosen Kündigung der Beschwerdegegner abschliessend beurteilt worden ist, und keine weiteren Rügen gegen den arbeitsgerichtlichen Entscheid vom 10. Oktober 2016 erhoben werden, sind die Voraussetzungen für die Anfechtung dieses Zwischenentscheids durch direkte Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Endentscheid des Arbeitsgerichts erfüllt. Die Beschwerde ist insoweit zulässig. (...)
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