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25. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_363/2017 vom 22. Februar 2018 | |
Regeste |
Art. 518 Abs. 1 und 2 ZGB; Art. 97, Art. 398 Abs. 2 und Art. 400 Abs. 1 OR; Verantwortlichkeit des Willensvollstreckers gegenüber einer Quotenvermächtnisnehmerin. | |
Sachverhalt | |
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B. Am 30. Dezember 1997 unterbreitete B. dem Erben und sämtlichen Vermächtnisnehmern seine Nachlassabrechnung. Demnach beträgt der Nettonachlass knapp 54 Mio. Fr. und das Vermächtnis von A. Fr. 2'691'391.40. Als Honorar für B. (einschliesslich des Honorars der Bank E. sowie Mehrwertsteuer) ist auf der Abrechnung der Betrag von Fr. 600'000.- angegeben. D. genehmigte diese Abrechnung am 7. Januar 1998.
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C. Am 4. September 2006 bat A. B. um Substanziierung des Willensvollstreckerhonorars. In einem Schreiben vom 9. Mai 2007 erklärten B. und sein Bürokollege, dass sie das Honorar entsprechend dem prozentualen Tarif gemäss Basler Notariatsgebührentarif berechnet hätten.
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D. Am 10. November 2009 verklagte A. den Willensvollstrecker vor dem Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt. Soweit vor Bundesgericht noch relevant, beantragte sie, B. zu verurteilen, ihr mindestens den Betrag von Fr. 35'800.- nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Dezember 2009 zu bezahlen, unter Vorbehalt einer Teilklage bzw. Mehrforderung. Das Zivilgericht wies die Klage mit Entscheid vom 6. November 2013 ab, soweit es darauf eintrat. Auf Berufung der Klägerin hin bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 24. Juni 2015 den erstinstanzlichen Entscheid. A. legte Beschwerde beim Bundesgericht ein. Dieses hob den Entscheid des Appellationsgerichts auf und wies die Sache zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurück (Urteil 5A_705/2015 vom 21. Juni 2016). Am 10. April 2017 fällte das Appellationsgericht seinen neuen Entscheid. Abermals wies es die Berufung der Klägerin ab.
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E. Mit Beschwerde vom 11. Mai 2017 wendet sich A. (Beschwerdeführerin) erneut an das Bundesgericht. Sie verlangt, den Entscheid ![]() | 5 |
(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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5.2.2 Die Verantwortlichkeitsklage gegen den Willensvollstrecker richtet sich nach Auftragsrecht und nach Art. 97 OR; sie hat die Pflichtverletzung, den Schaden, den Kausalzusammenhang zwischen diesen beiden Elementen sowie das Verschulden zum Thema (BGE 142 III 9 E. 4.1 S. 10; BGE 108 II 535 E. 7 S. 541; BGE 101 II 47 E. 2 S. 53 f.). Der Willensvollstrecker hat für die getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäfts einzustehen (Art. 398 Abs. 2 OR analog; BGE 142 III 9 E. 4.3 S. 11). Er steht, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters (Art. 518 Abs. 1 ZGB). Er hat den Willen des Erbassers zu vertreten und gilt insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen (Art. 518 Abs. 2 ZGB). Im Rahmen der ihm übertragenen Verwaltungsbefugnisse hat der Willensvollstrecker die Schulden des Erblassers freilich nur insoweit zu tilgen, als dies erforderlich ist, die fraglichen Verpflichtungen also ausgewiesen sind (WOLF/GENNA, Erbrecht, SPR Bd. IV/1, 2012, S. 338; HANS RAINER ![]() | 9 |
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Für einen Teil der Lehre bedeutet diese Passage, dass als vom Erben begünstigte Personen auch die Vermächtnisnehmer grundsätzlich zur Verantwortlichkeitsklage gegen den Willensvollstrecker berechtigt sind (PILLER, a.a.O., N. 192 zu Art. 518 ZGB; KARRER/VOGT/LEU, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 5. Aufl. 2015, N. 113 zu Art. 518 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des ![]() ![]() | 11 |
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5.2.5 Ausgangspunkt für die Beurteilung des vorliegenden Falls ist die Erkenntnis, dass der Willensvollstrecker gemäss Art. 518 Abs. 2 ZGB verpflichtet ist, die Vermächtnisse auszurichten. Daraus wird in der Lehre verschiedentlich gefolgert, dass der Willensvollstrecker bei der Besorgung seiner Geschäfte die Interessen der Vermächtnisnehmer gebührend zu wahren und nicht nur den Erben, sondern auch den Vermächtnisnehmern gegenüber für die getreue und sorgfältige Erfüllung der Vermächtnisforderung einzustehen habe (ITEN, Verantwortlichkeit, a.a.O., S. 127 und 132 f.; KÜNZLE, Willensvollstrecker, a.a.O., S. 336; HUX, a.a.O.; SEEGER, a.a.O., S. 97 f.; ablehnend SCHREIBER, a.a.O.). Indem das Gesetz den Willensvollstrecker direkt beauftrage, die Vermächtnisse auszurichten (Art. 518 Abs. 2 ZGB), lasse es mit der Eröffnung des Erbgangs zwischen dem Willensvollstrecker und dem Vermächtnisnehmer ein "eigenständiges gesetzliches Schuldverhältnis" entstehen, das auf der Verfügung von ![]() | 13 |
5.2.6 Schädigt der Willensvollstrecker das Nachlassvermögen, so schädigt er die Erben, denen der Nachlass als Ganzes mit dem Tode des Erblassers kraft Gesetzes zufällt (Art. 560 Abs. 1 und 2 ZGB). Die Vermächtnisnehmer sind davon grundsätzlich nicht direkt betroffen. Denn nach der klaren gesetzlichen Ordnung von Art. 562 Abs. 1 ZGB beschwert das Vermächtnis weder das Nachlassvermögen noch den Willensvollstrecker, sondern als persönliche (obligatorische) Verbindlichkeit ausschliesslich den oder die Erben (BGE 83 II 427 E. 2a S. 441; ITEN, Verantwortlichkeit, a.a.O., S. 156). Dementsprechend kann ein Vermächtnisnehmer die beschwerten Erben nach Massgabe von Art. 562 Abs. 3 ZGB auf Schadenersatz belangen, falls diese ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. Diese Beurteilung der Rechtslage steht im Einklang mit dem haftpflichtrechtlichen Grundsatz, dass dem Drittbetroffenen ein direkter Ersatzanspruch gegen den Urheber der schädigenden Handlung versagt bleiben muss, wenn dieser keine Verhaltensnorm verletzt hat, die den Dritten nach ihrem Zweck vor Beeinträchtigungen der eingetretenen Art schützen soll (s. BGE 138 III 276 mit Hinweisen). Steht die beschriebene Pflicht zur gehörigen Ausrichtung des Vermächtnisses, mit der im Schrifttum das "gesetzliche Schuldverhältnis" zwischen Willensvollstrecker und Vermächtnisnehmer ![]() | 14 |
Die vorigen Erwägungen gelten auch im Streit um die angemessene Vergütung des Willensvollstreckers (Art. 517 Abs. 3 ZGB). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich dabei um eine Erbgangsschuld, die durch die Liquidation des Nachlasses verursacht wird (E. 5.2.2). Für diese Schuld haften neben dem Nachlass die Erben persönlich, es sei denn, der Willensvollstrecker handle auf Grund der letztwilligen Verfügung ausschliesslich im Interesse eines einzigen Erben oder Vermächtnisnehmers; diesfalls ist nur dieser belastet (Urteil 2P.139/ 2001 vom 3. September 2001 E. 5). Soweit eine solche Ausnahmesituation nicht gegeben ist, besteht nach dem Gesagten kein Grund, den Willensvollstrecker direkt gegenüber dem Vermächtnisnehmer für die Folgen einer allfälligen Pflichtverletzung verantwortlich zu machen oder seinen Vergütungsanspruch in Frage zu stellen.
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Erwägung 5.3 | |
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5.3.2 Dass das Willensvollstreckerhonorar und das Vermächtnis miteinander zusammenhängen, trifft zwar zu. Das Vermächtnis ist als Quote des Nettonachlasses festgesetzt; der Nettonachlass wird vom Honorar des Willensvollstreckers beeinflusst. Wie die Beschwerdeführerin selbst anerkennt, ist die von ihr beanstandete Schmälerung ihres Vermächtnisanspruchs eine Folge der vermeintlich unrechtmässigen Schmälerung des Nettonachlasses. Mit anderen Worten sind die Interessen der Beschwerdeführerin durch das angeblich schädigende Verhalten des Beschwerdegegners nicht direkt, sondern indirekt berührt. Von dieser mittelbaren Betroffenheit her zieht die ![]() | 17 |
5.3.3 Die vorigen Erwägungen genügen, um den angefochtenen Entscheid zu bestätigen. Aus den dargelegten Gründen ist dem Appellationsgericht darin beizupflichten, dass der Verantwortlichkeitsklage aus rechtlichen Gründen kein Erfolg beschieden ist. Damit erübrigt es sich, auf weitere Punkte einzugehen, die im angefochtenen Entscheid zur Sprache kommen und von der Beschwerdeführerin beanstandet werden. Insbesondere kann offenbleiben, ob sich die Beschwerdeführerin im Verantwortlichkeitsprozess den Umstand entgegenhalten lassen muss, dass der Alleinerbe die Nachlassabrechnung genehmigt hat, bzw. ob es dem Richter verwehrt ist, eine zwischen dem Alleinerben und dem Beschwerdegegner getroffene Honorarvereinbarung auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Denn ![]() | 18 |
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