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27. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. FC A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_7/2018 vom 18. April 2018 | |
Regeste |
Art. 354 ZPO und Art. 341 Abs. 1 OR; Schiedsfähigkeit. | |
Sachverhalt | |
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Der Vertrag enthält die folgende Schiedsklausel:
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"6. Streitigkeiten /Schiedsgerichtsbarkeit
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Bei Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist die Kontroll- und Disziplinarkommission des SFV als Vermittlungsinstanz anzurufen.
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Kommt keine Einigung zustande, so unterstellen sich die Parteien vorbehaltlos der Gerichtsbarkeit des Tribunal Arbitral du Sport (TAS) mit Sitz in Lausanne (vgl. Art. 92, 94 und 95 der Statuten des SFV)."
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Am 10. Februar 2016 kündigte der Fussballclub dem Trainer fristlos.
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B.
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B.a Nach erfolglos verlaufenem Schlichtungsverfahren reichte der Trainer am 15. September 2016 beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt Klage gegen den Fussballclub ein auf Zahlung von ![]() | 8 |
Zur Klageantwort aufgefordert, liess der Beklagte durch seinen Sportchef mit Eingabe vom 5. Oktober 2016 mitteilen, dass nach seiner Meinung nicht das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt, sondern gemäss Vertrag vom 24. März 2015 das Tribunal Arbitral du Sport (TAS) mit Sitz in Lausanne für diese Angelegenheit zuständig sei.
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Mit Verfügung vom 10. November 2016 stellte der Instruktionsrichter fest, dass der Beklagte keine Klageantwort eingereicht habe, und setzte ihm eine Nachfrist von fünf Tagen zur Einreichung der Klageantwort an. Mit Eingabe vom 17. November 2016 bestritt der Beklagte abermals die Zuständigkeit des Zivilgerichts unter Hinweis auf die vertragsgemässe Zuständigkeit des TAS.
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Mit Entscheid vom 15. Februar 2017 verurteilte das Zivilgericht den Beklagten zur Zahlung von Schadenersatz gemäss Art. 337c Abs. 1 OR in Höhe von Fr. 24'911.45 netto sowie einer Entschädigung gemäss Art. 337c Abs. 3 OR von Fr. 12'000.- netto (entsprechend drei Monatslöhnen), jeweils nebst Zins zu 5 % seit dem 10. Februar 2016. Das weitergehende Begehren wurde abgewiesen.
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Das Zivilgericht wies die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten mit der Begründung ab, dass nach Art. 354 ZPO jeder Anspruch Gegenstand eines Schiedsverfahrens sein könne, über den die Parteien frei verfügen könnten. Über zwingende arbeitsrechtliche Ansprüche könnten die Parteien nach Art. 341 OR jedoch nicht frei verfügen; Ansprüche aus Kündigungsschutz nach Art. 337c OR seien gemäss Art. 361 und Art. 362 OR zwingend. Diesen fehle es an der objektiven Schiedsfähigkeit, womit die im Arbeitsvertrag vom 24. März 2015 enthaltene Schiedsklausel zumindest für die eingeklagten Ansprüche ungültig sei.
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B.b Am 3. Mai 2017 erhob der Beklagte beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Berufung mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Zivilgerichts vom 15. Februar 2017 aufzuheben.
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Mit Entscheid vom 17. November 2017 wies das Appellationsgericht die Berufung ab.
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C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, es sei der Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 17. November 2017 aufzuheben und es sei festzustellen, dass das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt nicht zuständig sei; eventualiter sei die Klage abzuweisen.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Auswirkung einer internen Schiedsvereinbarung auf die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte ist in Art. 61 ZPO geregelt. Danach lehnt das angerufene staatliche Gericht seine Zuständigkeit ab, wenn die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen haben (Art. 61 Ingress ZPO), es sei denn, die beklagte Partei habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen (lit. a), das Gericht stelle fest, dass die Schiedsvereinbarung offensichtlich ungültig oder nicht erfüllbar sei (lit. b), oder das Schiedsgericht könne nicht bestellt werden aus Gründen, für welche die im Schiedsverfahren beklagte Partei offensichtlich einzustehen hat (lit. c).
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Gemäss Art. 61 Ingress ZPO lehnt das staatliche Gericht seine Zuständigkeit nur dann ab, wenn die Parteien eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben und diese sich auf eine schiedsfähige Streitsache bezieht. Diese in Art. 61 Ingress ZPO genannten Elemente sind in einem ersten Schritt mit voller Kognition zu prüfen. Erst wenn eine Schiedsvereinbarung über einen schiedsfähigen Streitgegenstand im Sinne von Art. 61 Ingress ZPO vorliegt, ist in einem zweiten Schritt nach Art. 61 lit. b ZPO zu prüfen, ob die Schiedsvereinbarung offensichtlich ungültig oder nicht erfüllbar ist (BGE 140 III 367 E. 2.2.3 mit Hinweisen).
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Erwägung 2.2 | |
2.2.1 Das Bundesgericht hat die Schiedsfähigkeit arbeitsrechtlicher Forderungen kurz vor Inkrafttreten der Schweizerischen ![]() | 22 |
Das Bundesgericht wies im Weiteren darauf hin, dass der Arbeitnehmer nach Art. 341 Abs. 1 OR während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung auf Forderungen, die sich aus (im Sinne von Art. 361 f. OR) unabdingbaren Gesetzesbestimmungen oder aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrags ergeben, nicht verzichten kann. Es berücksichtigte dabei, dass Art. 341 Abs. 1 OR dem Schutz des Arbeitnehmers dient, der sich während der Dauer des Vertrags in der Regel in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber befindet und sich aus diesem Grund gezwungen sehen könnte, einer Einschränkung seiner Rechte zuzustimmen, um den Verlust der Stelle zu vermeiden. Das ![]() | 23 |
2.2.2 Die objektive Schiedsfähigkeit ist nunmehr in Art. 354 ZPO geregelt. Im Unterschied zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, bei der jeder vermögensrechtliche Anspruch schiedsfähig ist (Art. 177 Abs. 1 IPRG), kann nach der erwähnten Bestimmung im Bereich der internen Schiedsgerichtsbarkeit Gegenstand eines Schiedsverfahrens jeder Anspruch sein, über den die Parteien frei verfügen können. Abgesehen davon, dass Art. 354 ZPO keine Beschränkungen durch das kantonale Recht mehr zulässt (vgl. Art. 5 zweiter Halbsatz KSG), hat die Umschreibung der Schiedsfähigkeit gegenüber derjenigen vor Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung unter Art. 5 KSG keine Änderung erfahren (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7393 Ziff. 5.25.2 zu Art. 352 E-ZPO; vgl. auch BGE 136 III 467 E. 4 S. 470). Die Regelung in Art. 354 ZPO stimmt mit derjenigen von Art. 5 erster Halbsatz KSG überein (vgl. bereits BGE 136 III 467 E. 4 S. 470). Auch die einschlägigen Normen des GestG zum Arbeitsrecht sind praktisch unverändert in die ZPO (Art. 34 und Art. 35 Abs. 1 lit. d ZPO) übernommen worden (vgl. bereits BGE 136 III 467 E. 4.4 S. 472). Während vereinzelt die Ansicht vertreten wird, die zu Art. 5 KSG entwickelte Rechtsprechung lasse sich nicht auf den liberaler zu verstehenden Art. 354 ZPO anwenden (FELIX DASSER, in: ZPO, Oberhammer und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 15 zu Art. 354 ZPO), leitet die ganz überwiegende Lehre daraus zutreffend ab, dass sich die freie Verfügbarkeit eines arbeitsrechtlichen Anspruchs nach denselben Grundsätzen beurteilt und demnach die bisherige Rechtsprechung zu beachten ist (ANGELA CASEY-OBRIST, Individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten im Schiedsverfahren, 2016, Rz. 138; COURVOISIER/WENGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 3. Aufl. 2016, N. 19a zu Art. 354 ZPO; MARCO STACHER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, Brunner und ![]() | 24 |
Da sich die für die Schiedsfähigkeit arbeitsrechtlicher Ansprüche massgebenden Bestimmungen im Bereich der internen ![]() | 25 |
Erwägung 2.3 | |
2.3.1 Der Grundsatzentscheid BGE 136 III 467 wurde ausgiebig kommentiert. Während ein Teil der Lehre der bundesgerichtlichen Auslegung im Wesentlichen zustimmt (KLEINER, a.a.O., S. 205 ff.; FRÖHLICH, a.a.O, Rz. 103 ff.; PIETRUSZAK, a.a.O., Rz. 6; BOHNET/ZEN-RUFFINEN, a.a.O., S. 39 f.; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., S. 66; GEISER, a.a.O., S. 251), fallen die Äusserungen in der Literatur mehrheitlich kritisch aus (dazu die Übersicht zur Kritik bei CASEY-OBRIST, a.a.O., Rz. 259 ff.; vgl. auch Urteil 4A_515/2012 vom 17. April 2013 E. 4.2). Die Mehrheit der kritischen Stimmen vertritt dabei die Ansicht, dass sämtliche Forderungen des Arbeitnehmers - mithin auch solche, die sich aus unabdingbaren Gesetzesvorschriften ergeben (Art. 341 Abs. 1 OR) - der Beurteilung durch ein Schiedsgericht zugänglich seien (LUCA BEFFA, Arbitrabilité des conflits individuels de travail, AJP 11/2010 S. 1441 ff.; DASSER, a.a.O, N. 15 zu Art. 354 ZPO; BRÜHWILER, a.a.O., S. 15; PORTMANN/RUDOLPH, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 6. Aufl. 2015, N. 96 Einl. vor Art. 319 ff. OR; WYLER/HEINZER, Droit du travail, 3. Aufl. 2014, S. 773 f.; vgl. auch BERNHARD BERGER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Zivilprozessrecht im Jahre 2010 - 3. Teil: Schiedsgerichtsbarkeit, ZBJV 2012 S. 170 f.; FORNARA/COCCHI, in: Commentario pratico, Trezzini und andere [Hrsg.], Bd. II, 2. Aufl. 2017, N. 18 zu Art. 354 ZPO). Eine Lehrmeinung kritisiert den erwähnten Bundesgerichtsentscheid aus Überlegungen des Arbeitnehmerschutzes und spricht sich unter Bezugnahme auf die Verfahrenserleichterungen nach Art. 113 Abs. 2 lit. d bzw. Art. 114 lit. c ZPO (Kostenlosigkeit bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.-), Art. 243 Abs. 1 ZPO ![]() | 26 |
Die Änderung einer Rechtsprechung lässt sich regelmässig nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten. Eine Praxisänderung muss sich deshalb auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erachtete Rechtsanwendung gehandhabt worden ist (BGE 143 IV 9 E. 2.4; BGE 138 III 359 E. 6.1; BGE 137 V 314 E. 2.2 S. 316 f.; BGE 136 III 6 E. 3; BGE 135 I 79 E. 3 S. 82).
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Daraus lässt sich entgegen vereinzelten Lehrmeinungen nicht etwa ableiten, dass interne Schiedsverfahren immer dann ausser Betracht fallen müssten, wenn eine unabdingbare (zwingende) Vorschrift des materiellen Rechts (wie etwa Art. 404 oder Art. 418u OR) zur Debatte steht (so aber etwa BERGER, a.a.O, Rz. 170; OETIKER/HOSTANSKY, a.a.O., S. 204, jeweils unter Hinweis auf Art. 404 oder Art. 418u OR; vgl. auch BEFFA, a.a.O., S. 1441 unter Hinweis auf Art. 418u OR). Wie das Bundesgericht bereits im erwähnten Grundsatzentscheid betonte, ist bei den von Art. 341 OR erfassten Forderungen ![]() | 29 |
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Diese prozessualen Sondervorschriften sind auf Verfahren vor staatlichen Gerichten zugeschnitten und nicht auf Schiedsverfahren anwendbar, die im 3. Teil der ZPO in Art. 353 ff. eigenständig geregelt sind (so zutreffend HAAS/HOSSFELD, a.a.O., S. 330 f.; KLEINER, a.a.O., S. 208 f., 212; BOHNET/ZEN-RUFFINEN, a.a.O., S. 38; CASEY-OBRIST, a.a.O., Rz. 171; PORTMANN/RUDOLPH, a.a.O., N. 97 Einl. vor ![]() | 31 |
Der Unterschied zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, die eine schiedsgerichtliche Beurteilung arbeitsrechtlicher Forderungen grundsätzlich unbeschränkt zulässt (vgl. BGE 136 III 467 E. 4.2), liegt in der abweichenden Umschreibung der Schiedsfähigkeit in Art. 177 Abs. 1 IPRG begründet ("Gegenstand eines Schiedsverfahrens kann jeder vermögensrechtliche Anspruch sein."). Abgesehen davon, dass eine unterschiedliche Regelung mit dem geringeren oder gänzlich fehlenden Bezug zur Schweiz gerechtfertigt werden kann, hat der Gesetzgeber bei Erlass der ZPO bewusst auf eine Vereinheitlichung verzichtet, nachdem in der Vernehmlassung mitunter die Harmonisierung ![]() | 32 |
Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, die Schiedsfähigkeit arbeitsrechtlicher Forderungen im Vergleich zur Rechtslage vor Inkrafttreten der ZPO zu erweitern, und es leuchtet nicht ein, inwiefern eine solche Erweiterung besserer Erkenntnis der ratio legis von Art. 354 ZPO in Verbindung mit Art. 341 OR entsprechen würde.
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2.3.4 Die eingeschränkte Schiedsfähigkeit arbeitsrechtlicher Ansprüche birgt die Gefahr einer Spaltung des Rechtswegs für zwingende ![]() | 34 |
Nach Ablauf eines Monats nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind arbeitsrechtliche Forderungen zudem nicht mehr unverzichtbar (Art. 341 Abs. 1 OR) und damit nach Art. 354 ZPO unbeschränkt schiedsfähig. Ab diesem Zeitpunkt ist es zulässig, eine Schiedsvereinbarung über sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag abzuschliessen (KOLLER/SENNHAUSER, a.a.O., S. 451; GEISER/MÜLLER, a.a.O., Rz. 88; WILDHABER/JOHNSON WILCKE, a.a.O., S. 165; BOHNET/ZEN-RUFFINEN, a.a.O., S. 40; HAAS/HOSSFELD, a.a.O., S. 329; GÖKSU, a.a.O., Rz. 375; STACHER, a.a.O., N. 17 zu Art. 354 ZPO; AMBAUEN, a.a.O., Rz. 386; DIETSCHY, a.a.O., Rz. 254 S. 125; vgl. auch KLEINER, a.a.O., S. 206 f.; CASEY-OBRIST, a.a.O., Rz. 255; vgl. bereits BGE 136 III 467 E. 4.6 S. 473; kritisch BEFFA, a.a.O., S. 1442 f.).
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2.3.5 Insgesamt liegen keine hinreichenden Gründe vor, die eine Änderung der Rechtsprechung rechtfertigen würden. Die auf Art. 337c OR gestützten Forderungen aus angeblich ungerechtfertigter Entlassung des Beschwerdegegners erweisen sich demnach im Rahmen von ![]() | 36 |
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