BGE 144 III 337 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
39. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AB gegen B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_541/2017 vom 8. Mai 2018 | |
Regeste |
Art. 1 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 PatG sowie Art. 54 Abs. 2 und Art. 56 EPÜ 2000; erfinderische Tätigkeit, Stand der Technik. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.a Die A. AB (Patentinhaberin, Beklagte, Beschwerdeführerin) ist Inhaberin des Europäischen Patents EP a (Fulvestrant formulation). Dieses beansprucht die Prioritäten der britischen Patentanmeldungen GB b vom 10. Januar 2000 und GB c vom 12. April 2000 und bildet eine Teilanmeldung von EP d, die wiederum eine Teilanmeldung von EP e ist. Das Patent EP a wurde am 28. September 2010 angemeldet und am 17. Juni 2015 unter anderem mit Wirkung für die Schweiz erteilt.
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A.b Die B. AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) bezweckt die Entwicklung, Herstellung und den Handel mit pharmazeutischen Produkten. Sie gehört dem C.-Konzern an, der auf Generika spezialisiert ist.
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A.c Die Patentinhaberin vertreibt in der Schweiz (...) ein Medikament gegen Brustkrebs. Dieses enthält den aktiven Wirkstoff Fulvestrant und wird in einer Rizinusöl-basierten Formulierung injiziert. Die Klägerin beabsichtigt, ein Medikament gegen Brustkrebs auf den Markt zu bringen, und wird durch das Patent beeinträchtigt.
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A.d Die Patentansprüche von EP a lauten wie folgt:
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"1. A pharmaceutical formulation for use in the treatment of breast cancer by intra-muscular injection, wherein the pharmaceutical formulation comprises fulvestrant, a pharmaceutically-acceptable alcohol being a mixture of 10 % weight of ethanol per volume of formulation and 10 % weight of benzyl alcohol per volume of formulation, and the formulation contains 15 % weight of benzyl benzoate per volume of formulation and a sufficient amount of a ricinoleate vehicle so as to prepare a formulation of at least 45 mgml-1 of fulvestrant, wherein the ricinoleate vehicle is castor oil, and wherein the total volume of the formulation is 6 ml or less.
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2. The pharmaceutical formulation as claimed in claim 1 wherein the total amount of fulvestrant in the formulation is 250 mg, or more, and the total volume of the formulation is 6 ml, or less.
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3. A pharmaceutical formulation as claimed in claim 2 wherein a total amount of fulvesterant in the formulation is 250 mg and the total volume of the formulation is 5 to 5,25 ml."
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"1. Pharmazeutische Formulierung zur Verwendung bei der Behandlung von Brustkrebs mittels intramuskulärer Injektion, wobei die pharmazeutische Formulierung Fulvestrant und einen pharmazeutisch annehmbaren Alkohol umfasst, der ein Gemisch aus 10 Gew.-% Ethanol, bezogen auf das Volumen der Formulierung, und 10 Gew.-% Benzylalkohol, bezogen auf das Volumen der Formulierung, darstellt, und wobei die Formulierung 15 Gew.-% Benzylbenzoat, bezogen auf das Volumen der Formulierung, und eine zur Herstellung einer Formulierung mit mindestens 45 mgml-1 Fulvestrant ausreichende Menge einer Ricinoleat-Trägersubstanz enthält, wobei die Ricinoleat-Trägersubstanz Rizinusöl ist, und wobei das Gesamtvolumen der Formulierung 6 ml oder weniger ist.
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2. Die pharmazeutische Formulierung wie in Anspruch 1 beansprucht, wobei die Gesamtmenge an Fulvestrant in der Formulierung 250 mg oder mehr und das Gesamtvolumen der Formulierung 6 ml oder weniger ist.
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3. Die pharmazeutische Formulierung wie in Anspruch 2 beansprucht, wobei die Gesamtmenge an Fulvestrant in der Formulierung 250 mg und das Gesamtvolumen der Formulierung 5 bis 5.25 ml ist."
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"1. Formulation pharmaceutique pour utilisation dans le traitement du cancer du sein par injection intramusculaire, la formulation pharmaceutique comprenant du fulvestrant, un alcool pharmaceutiquement acceptable étant un mélange de 10 % en poids d'éthanol par volume de formulation et 10 % en poids d'alcool benzylique par volume de formulation, et la formulation contient 15 % en poids de benzoate de benzyle par volume de formulation et une quantité suffisante d'un véhicule de ricinoléate de manière à préparer une formulation d'au moins 45 mg.ml-1 de fulvestrant, le volume total de la formulation étant de 6 ml ou moins.
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2. Formulation pharmaceutique selon la revendication 1 dans laquelle la quantité totale de fulvestrant dans la formulation est de 250 mg, ou plus, et le volume total de la formulation est de 6 ml, ou moins.
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3. Formulation pharmaceutique selon la revendication 2 dans laquelle la quantité totale de fulvestrant dans la formulation est de 250 mg, et le volume total de la formulation et de 5 à 5,25 ml."
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B.
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B.a Mit Eingabe vom 18. August 2015 stellte die Klägerin dem Bundespatentgericht das Begehren, der schweizerische Teil des EP-Patents a sei nichtig zu erklären.
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B.b Mit Urteil vom 29. August 2017 stellte das Bundespatentgericht in Gutheissung der Klage fest, dass der schweizerische Teil des Europäischen Patents EP a nichtig ist. Das Gericht stützte sein Urteil im Wesentlichen auf das Fachrichtervotum von Dr. sc. nat., Dipl. Chem. Spillmann. Das Gericht kam zunächst zum Schluss, dass der Fachmann - ein Team aus einem Pharmazeuten mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Arzneimittelformulierungen sowie einem Mediziner mit langjähriger Erfahrung mit in Gewebe injizierbaren Formulierungen - aus den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen und den Stammanmeldungen die Ansprüche 1-3 unmittelbar und eindeutig erkannte und dass die Ansprüche neu seien. Das Gericht verneinte dagegen die erfinderische Tätigkeit bzw. gelangte zum Schluss, die beanspruchte Erfindung habe sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.
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C.
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C.a Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte, das Urteil des Bundespatentgerichts vom 29. August 2017 sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen. Sie rügt, die Vorinstanz habe die beanspruchte Erfindung zu Unrecht als naheliegend erachtet, denn der Fachmann gelange ausgehend vom wissenschaftlichen Aufsatz Howell (der eine klinische Studie zur Behandlung von Brustkrebs mit einer nicht näher beschriebenen Fulvestrant-Formulierung berichte) auch unter Berücksichtigung des Artikels von McLeskey über eine Studie zu Tamoxifen-Resistenz an Mäusen nicht ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des (unabhängigen) Patentanspruchs 1.
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Die Beschwerdegegnerin stellt die Rechtsbegehren, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. (...) Mit der Vorinstanz definiert sie die Aufgabe ausgehend von Howell, eine "alternative" Depotformulierung zu finden und hält die Kombination von Howell und McLeskey für naheliegend. (...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, es hebt den angefochtenen Entscheid des Bundespatentgerichts vom 29. August 2017 auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
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2.2 Zum Stand der Technik gehört alles, was vor dem Anmelde- oder Prioritätsdatum der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist (Art. 7 Abs. 2 PatG [SR 232.14], Art. 54 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973, revidiert in München am 29. November 2000 [EPÜ 2000; SR 0.232.142.2]; BGE 133 III 229 E. 4 S. 232). Der Stand der Technik bildet nicht nur Grundlage der Neuheitsprüfung, sondern auch der erfinderischen Tätigkeit (vgl. CHRISTOPH BERTSCHINGER, Patentfähige Erfindung, in: Schweizerisches und europäisches Patentrecht, Bertschinger und andere [Hrsg.], 2002, Rz. 4.113; PETER HEINRICH, PatG/EPÜ, Kommentar [...], 2. Aufl. 2010, N. 76 zu Art. 1 PatG; ALBERT K. LINDNER, in: Europäisches Patentübereinkommen, Singer/Stauder [Hrsg.], 7. Aufl., Köln 2016, N. 1 zu Art. 54, N. 1, 12 zu Art. 56 EPÜ; KINKELDEY/KARAMANLI, in: Europäisches Patentübereinkommen, 2. Aufl., München 2012, N. 2, 30 zu Art. 56 EPÜ; RAINER MOUFANG, in: Patentgesetz mit europäischem Patentübereinkommen, Rainer Schulte [Hrsg.], 10. Aufl. 2017, N. 1 zu Art. 56 EPÜ). Dokumente sind nach dem Verständnis des massgebenden Fachmanns am Prioritäts- oder Anmeldetag auszulegen. Danach ist nicht nur der Wortlaut eines Dokuments massgebend, sondern es sind auch Lösungen im Stand der Technik vorhanden, die sich aufgrund der Vorveröffentlichung dem Fachmann in naheliegender Weise erschliessen; es kommt auf den Gesamtinhalt einer Druckschrift an (KINKELDEY/KARAMANLI, a.a.O., N. 31 zu Art. 56 EPÜ; vgl. auch MOUFANG, a.a.O., N. 30 f. zu Art. 56 EPÜ). Insbesondere ist das technische Allgemeinwissen des Fachteams zu berücksichtigen, wie es namentlich in Nachschlagewerken des einschlägigen Fachgebiets zugänglich ist (JÜRGEN KROHER, in: Europäisches Patentübereinkommen, Singer/Stauder [Hrsg.], 7. Aufl., Köln 2016, N. 1 zu Art. 54 EPÜ; LINDNER, a.a.O., N. 11 zu Art. 56 EPÜ). Interne Kenntnisse wie Versuchsergebnisse gehören dem Stand der Technik dagegen nicht an (KINKELDEY/KARAMANLI, a.a.O., N. 33 zu Art. 56 EPÜ; KROHER, a.a.O., N. 13 zu Art. 56 EPÜ).
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2.2.1 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil erklärt, sie gehe nach dem "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" vor. Dieser umschreibt ein strukturiertes Vorgehen zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Er wird von den technischen Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts angewendet (vgl. BGE 138 III 111 E. 2.2) und beruht auf der Grundlage, dass jede Erfindung aus einer technischen Aufgabe und deren Lösung besteht (KINKELDEY/KARAMANLI, a.a.O., N. 23 zu Art. 56 EPÜ, unter Verweis auf Regel 27 EPÜ, die eine entsprechende Darstellung der Patentschrift vorschreibt). Die objektiv von der beanspruchten Erfindung gelöste Aufgabe wird danach zuerst ausgehend von dieser Erfindung durch die Ermittlung des (einzigen) Dokumentes im Stand der Technik beurteilt, das dieser beanspruchten Erfindung am nächsten kommt. Dieser nächstliegende Stand der Technik wird sodann mit der beanspruchten Erfindung verglichen und es werden die strukturellen oder funktionellen Unterschiede im Einzelnen aufgelistet, um gestützt darauf die objektive technische Aufgabe zu formulieren, welche die beanspruchte Erfindung löst (vgl. zum Vorgehen insbesondere KROHER, a.a.O., N. 55 ff. zu Art. 56 EPÜ; MOUFANG, a.a.O., N. 27 ff. zu Art. 56 EPÜ; BERTSCHINGER, a.a.O., Rz. 4.126 S. 142). Da anschliessend gefragt wird, welche Schritte der massgebende Fachmann vom nächstliegenden Stand der Technik aus unternehmen musste, um die technische Aufgabe zu lösen, kommt nach diesem Vorgehen als nächstliegender Stand der Technik nur ein Dokument in Frage, das eine technische Lösung offenbart (vgl. KROHER, a.a.O., N. 63 zu Art. 56 EPÜ mit Verweis auf den Entscheid der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts [EPA] T 211/01 vom 1. Dezember 2003) und zwar so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann (vgl. für die Neuheitsprüfung BERTSCHINGER, a.a.O., Rz. 4.96 S. 129, Rz. 4.110 S. 135; LINDNER, a.a.O., N. 74 zu Art. 54 EPÜ; KLAUS-JÜRGEN MELULLIS, in: Europäisches Patentübereinkommen, 2. Aufl., München 2012, N. 51 zu Art. 54 EPÜ).
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Die Vorinstanz verweist denn auch selbst auf die Prüfrichtlinien des Europäischen Patentamts, wonach die Offenbarung eines Dokumentes im Stand der Technik sowohl für Neuheit wie für erfinderische Tätigkeit so geartet sein muss, dass der Fachmann den offenbarten Gegenstand aufgrund seines allgemeinen Fachwissens nacharbeiten kann. Wenn sie dieses Erfordernis in Frage stellt, kann darin entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin keine Begründung liegen, die den angefochtenen Entscheid selbständig zu stützen vermöchte. Denn es geht allemal um die Frage, welche technische Aufgabe vom Streitpatent der Beschwerdeführerin objektiv gelöst wird. Die Beschwerdeführerin kritisiert aber die Auslegung des von der Vorinstanz als nächstliegender Stand der Technik beigezogenen Dokuments Howell bzw. D15 gerade in Bezug auf die Definition dieser Aufgabe. Sie beanstandet namentlich, die Vorinstanz habe ihr die Beweislast für die Ausführbarkeit von D15 auferlegt und nicht sämtliche Unterscheidungsmerkmale in Betracht gezogen.
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2.2.2 Ausführbarkeit bedeutet, dass dem Fachmann eine so deutliche und vollständige Anleitung vermittelt wird, dass er aufgrund der Informationen und seines Fachwissens in der Lage ist, die von der Lehre vermittelte technische Lösung zuverlässig und wiederholbar praktisch auszuführen (vgl. ALFONS SCHÄFERS, in: Europäisches Patentübereinkommen, 2. Aufl., München 2012, N. 88 zu Art. 83 EPÜ; RUDOLF TESCHEMACHER, in: Europäisches Patentübereinkommen, Singer/Stauder [Hrsg.], 7. Aufl., Köln 2016, N. 16 zu Art. 83 EPÜ). So ist namentlich eine technische Erfindung nur dann patentierbar, wenn die angestrebte technische Lösung mit Sicherheit erreicht wird und diese nicht zufällig ist (so schon ALOIS TROLLER, Immaterialgüterrecht, Bd. I, 3. Aufl. 1983, S. 152; vgl. BGE 120 II 312 E. 2). Dass Patentschriften die technische Lehre hinreichend offenbaren müssen bzw. die Erfindung in der Patentschrift so darzulegen ist, dass der Fachmann sie ausführen kann, ist Gültigkeitsvoraussetzung (Art. 26 Abs. 1 lit. b PatG, Art. 83 EPÜ 2000). Dabei müssen fachtechnisch selbstverständliche Elemente nicht offenbart werden (Urteil des Bundesgerichts 4C.103/1990 vom 31. Oktober 1990 E. 5b, in: SMI 1992 II S. 287).
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Fehler und Lücken in der Patentschrift beeinträchtigen die Ausführung nicht, soweit sie der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ohne unzumutbaren Aufwand erkennen und beheben kann. Dies gilt auch dann, wenn die Patentschrift so knappe Angaben enthält, dass der Durchschnittsfachmann für den Nachbau einige Zeit aufwenden und allenfalls gar eine eigene Lösung finden muss. Die Ausführbarkeit für den Fachmann ist aber dann zu verneinen, wenn der Aufwand für die Nacharbeit das Zumutbare sprengt oder der nacharbeitende Fachmann erfinderisch tätig werden muss (Urteil 4C.10/2003 vom 18. März 2003 E. 4; SCHACHENMANN/BERTSCHINGER, in: Schweizerisches und europäisches Patentrecht, Bertschinger und andere [Hrsg.], 2002, Rz. 15.12 ff., 15.18 bis 15.21; SCHÄFERS, a.a.O., N. 21, 60 zu Art. 83 EPÜ; TESCHEMACHER, a.a.O., N. 16 zu Art. 83 EPÜ; vgl. auch KLAUS BACHER, in: Patentgesetz, 11. Aufl., München 2015, N. 70 zu § 1 DPatG). Die Offenbarung mindestens eines Weges zur Ausführung ist im Einzelnen erforderlich, aber auch ausreichend, wenn sie die Ausführung der Erfindung im gesamten beanspruchten Bereich ermöglicht; entscheidend ist, dass der Fachmann in die Lage versetzt wird, im Wesentlichen alle in den Schutzbereich der Ansprüche fallenden Ausführungsarten nachzuarbeiten (SCHÄFERS, a.a.O., N. 94 ff. zu Art. 83 EPÜ).
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2.2.3 Die Vorinstanz hat den Begriff der Ausführbarkeit oder der hinreichenden Offenbarung verkannt mit dem Schluss, dass "die Lehre der D15 grundsätzlich nacharbeitbar war". Denn eine technische Lehre besteht nicht nur aus dem Problem, sondern auch aus der Lösung (BGE 114 II 82 E. 2b S. 86 mit Verweisen; vgl. MELULLIS, a.a.O., N. 79 f. zu Art. 52 EPÜ). Wird nur das Problem, nicht aber die Lösung aufgezeigt, so fehlt eine technische Lehre, sofern nicht ausnahmsweise die Aufgabenstellung auf erfinderischer Tätigkeit beruht (vgl. für die hier nicht massgebende Aufgabenerfindung auch KINKELDEY/KARAMANLI, a.a.O., N. 143 zu Art. 56 EPÜ). In D15 wird jedoch nur das technische Problem aufgezeigt: Es ist dem Dokument Howell zu entnehmen, dass es eine verträgliche und medizinisch wirksame Depotformulierung von 5 ml zur Verabreichung von bis zu 250 mg Fulvestrant gibt. Wie sich diese Formulierung zusammensetzt, ist dem Dokument jedoch nicht ausdrücklich zu entnehmen, wie die Vorinstanz feststellt. Es wird zur Zusammensetzung nur die Information gegeben, dass es sich um eine Rizinusöl-basierte Depotformulierung von 5 ml zur intramuskulären monatlichen Abgabe von 100 mg bis 250 mg Fulvestrant handelt ("[...] a long-acting formulation contained in a castor oil-based vehicle by monthly i.m. injection [5 ml] [...]. [...] escalating doses of [Fulvestrant], starting with 100 mg in the first month and increasing to 250 mg i.m. from the second month onwards [...].").
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Im angefochtenen Entscheid wird aber die Frage nicht beantwortet, welche konkrete Formulierung das massgebende Fachteam aus Pharmazeut und Mediziner mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Arzneimittelformulierungen und mit in Gewebe injizierbaren Formulierungen aufgrund der Information in D15 ohne unzumutbaren Aufwand und ohne erfinderische Tätigkeit gefunden hätte. Die allgemeine Kenntnis, dass sich Steroide wie Fulvestrant in Rizinusöl mit bestimmten Hilfsstoffen und Lösungsmitteln so lösen lassen, dass verträgliche Injektionen hergestellt werden können, genügt nicht für die Ausführbarkeit einer technischen Lehre. Vielmehr muss aufgrund der massgebenden Fachkenntnisse mindestens eine (typische) Formulierung in ihrer konkreten Zusammensetzung ohne unzumutbaren Aufwand nachgearbeitet werden können, damit geschlossen werden kann, die Lehre sei ausführbar. Wenn wie hier eine technische Lösung nicht ausdrücklich offenbart ist, bedarf es des Nachweises, dass der massgebende Fachmann bzw. hier das massgebende Fachteam aufgrund der Angaben im Dokument und seines Fachwissens mindestens eine konkrete Lösung des technischen Problems mit zumutbarem Aufwand gefunden hätte. Den Feststellungen im angefochtenen Entscheid ist jedoch nicht zu entnehmen, welche konkrete Zusammensetzung (welche Stoffe in welchem Verhältnis bzw. in welcher Menge und in welcher Form) eine Injektion von 5 ml aufweist, damit Fulvestrant bis zu 250 mg wirksam und verträglich für einen Monat verabreicht werden kann.
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2.2.5 Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin kann auch nicht davon ausgegangen werden, die Ausführbarkeit werde vermutet. Denn beim Dokument Howell handelt es sich nicht um eine Patentschrift, sondern um die Beschreibung von Versuchen. In diesem Zusammenhang besteht keine Vorschrift, welche die Ausführbarkeit oder die hinreichende Offenbarung vorschreiben würde, wie dies als Voraussetzung der Gültigkeit einer Erfindung in einer Patentschrift der Fall ist. Vielmehr sind hier die technischen Informationen, die dieses Dokument vermittelt, aus Sicht des massgebenden pharmazeutischen und medizinischen Fachteams festzustellen. Insofern wird in diesem Dokument eine technische Lehre - Aufgabe und Lösung - eben nur offenbart, wenn auch mindestens eine Lösung der Aufgabe sicher und wiederholbar vom Fachmann ohne zumutbaren Aufwand und ohne erfinderische Leistung ausgeführt werden kann. Dies wird im angefochtenen Entscheid mangels (mindestens) einer konkreten (typischen) Formulierung nicht aufgezeigt.
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