BGE 145 III 1 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
1. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B., C. und D. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_404/2018 vom 6. November 2018 | |
Regeste |
Art. 527 Ziff. 1 ZGB; Herabsetzung; gemischte Schenkung; Beweis des Schenkungswillens. | |
Sachverhalt | |
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B.
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B.a Zu seinen Lebzeiten übertrug der Erblasser Vermögenswerte an seine Kinder, unter anderem je ein unüberbautes Grundstück an F. (1977) und an E. (1983) sowie eine Liegenschaft mit Wohnhaus an A. (1990).
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Laut dem öffentlich beurkundeten "Abtretungsvertrag auf Anrechnung künftiger Erbschaft" vom 8. März 1990 trat der Erblasser, mit ausdrücklicher Zustimmung seiner Ehefrau gemäss Art. 169 ZGB, seine Liegenschaft an A. unentgeltlich auf Anrechnung künftiger Erbschaft ab (Ziff. I). Den Anrechnungswert bestimmten die Parteien auf Fr. 400'000.-. Der Erwerber übernahm auf Anrechnung an diesen Wert die Hypothekarschulden von Fr. 310'000.- zur Abzahlung und verpflichtete sich, seinen Schwestern B., C. und D. je Fr. 30'000.- auszuzahlen. Mit der Auszahlung des Betrages von Fr. 90'000.- waren die Geschwister bezüglich der Vorempfänge, die sie von ihren Eltern erhalten hatten, gleichwertig auseinandergesetzt. Ein eventueller Mehrwert der übernommenen Liegenschaft war vom Übernehmer nicht auszugleichen (Ziff. II). Der Übernehmer räumte seinen Eltern an der Liegenschaft die lebenslängliche Nutzniessung ein. Die Nutzniesser übernahmen als Entgelt die Verzinsung der Grundpfandschulden von Fr. 310'000.-. Die Nutzniessung war im Grundbuch einzutragen (Ziff. III). Schliesslich räumte der Übernehmer seinen Geschwistern ein limitiertes Vorkaufsrecht auf die Dauer von zwanzig Jahren ein, das im Grundbuch auf die Dauer von zehn Jahren vorzumerken war. Die Vorkaufsberechtigten sollten das Vorkaufsrecht für den Betrag von Fr. 400'000.- plus die vom Übernehmer getätigten und belegten wertvermehrenden Aufwendungen ausüben können (Ziff. IV des Abtretungsvertrags vom 8. März 1990).
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A. überwies die im Vertrag genannten Beträge von je Fr. 30'000.-, insgesamt Fr. 90'000.-, am 25. April 1994.
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B.b Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 2. Dezember 1996 räumte A. seinen Eltern an der Liegenschaft ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnrecht ein, umfassend die 3-Zimmerwohnung im Parterre des Wohnhauses sowie die Benützung der Garage und von Anteilen an Keller, Waschküche und Garten. Das Wohnrecht trat an die Stelle der Nutzniessung.
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C. Mit Schlichtungsgesuch vom 15. April 2013 beantragten B., C. und D. (Klägerinnen 1-3), den Nachlass des Erblassers festzustellen und zu teilen und dabei die Eigentumsübertragungen des Erblassers an A. (Beklagten 1), E. (Beklagten 2) und F. (Beklagte 3) der Ausgleichung, eventualiter der Herabsetzung zu unterstellen. Die Beklagten stellten ihrerseits Begehren. Das Zivilkreisgericht hielt fest, dass der Erblasser die Beklagten von der Ausgleichungspflicht befreit hat, hiess hingegen die Herabsetzungsbegehren der Klägerinnen teilweise gut (Dispositiv-Ziff. 1). Demzufolge verpflichtete es den Beklagten 1, den Klägerinnen 1 und 3 je einen Betrag von Fr. 46'616.- und der Klägerin 2 den Betrag von Fr. 53'448.- nebst Zins zu bezahlen (Dispositiv-Ziff. 2), und verurteilte die Beklagten 2 und 3 ebenfalls zu Zahlungen an die Klägerinnen (Dispositiv-Ziff. 3 und 4). Das Zivilkreisgericht teilte den aus einem Bankguthaben bestehenden Nachlass, indem es die Bank anwies, das Konto des Erblassers zu saldieren und den Parteien je einen Sechstel des Guthabens auszuzahlen (Dispositiv-Ziff. 5 des Entscheids vom 10. Februar 2017).
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D. Der Beklagte 1 legte Berufung ein mit den Anträgen, die gegen ihn erhobenen Herabsetzungsbegehren abzuweisen. Die Beklagten 2 und 3 erklärten hinsichtlich des Berufungsverfahrens den Prozessabstand, während die Klägerinnen auf Abweisung der Berufung schlossen. Das Kantonsgericht wies die Berufung ab (Entscheid vom 20. Januar 2018).
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E. Mit Eingabe vom 8. Mai 2018 erneuert der Beklagte 1 vor Bundesgericht seine im kantonsgerichtlichen Verfahren gestellten Berufungsanträge. Die Beklagten 2 und 3 wollen sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligen und erklären, das ergehende Urteil anzuerkennen, wie auch immer es ausfalle. Die Klägerinnen wie auch das Kantonsgericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Herabsetzungsbegehren der Klägerinnen 1-3 gegen den Beklagten 1 ab.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
3.1 Gemäss Art. 527 Ziff. 1 ZGB sind jene Zuwendungen herabzusetzen, die ihrer Natur nach gemäss Art. 626 Abs. 2 ZGB der Ausgleichung unterständen, ihr aber durch eine Verfügung des Erblassers entzogen worden sind. Ausgleichung bzw. Herabsetzung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass eine unentgeltliche Zuwendung vorliegt, und in subjektiver Hinsicht, dass der Erblasser einen Zuwendungswillen (animus donandi) hat. Die Parteien müssen z.B. bei einer gemischten Schenkung eine unentgeltliche Zuwendung in dem Sinn beabsichtigen, als sie den Preis bewusst unter dem wahren Wert des Kaufgegenstandes ansetzen, um die Differenz dem Käufer unentgeltlich zukommen zu lassen (BGE 126 III 171 E. 3a S. 173; vgl. zuletzt: Urteil 5A_789/2016 vom 9. Oktober 2018 E. 5.2).
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3.3 Es liegt in der Natur der Sache, dass das, was der Erblasser gewusst, was er gewollt hat, als innere Tatsache einem direkten Beweis nicht zugänglich ist, sondern sich direkt nur durch Parteiausage, im Übrigen aber lediglich durch Folgerungen aus dem äusseren Verhalten einer Person oder anhand der Umstände beweisen lässt (BGE 140 III 193 E. 2.2.1 S. 197). Die Folgen der Beweislosigkeit trägt, wer dabei aus der Erfüllung des Herabsetzungstatbestandes Rechte ableitet (Art. 8 ZGB).
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Erwägung 4 | |
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4.3 Dass sich die Vertragsparteien der Rechtslage bewusst waren, lässt der Vertragstext schliessen. Die Parteien vereinbarten nicht bloss eine Nutzniessung zugunsten des abtretenden Erblassers als Alleineigentümer der Liegenschaft, sondern auch - wie später das Wohnrecht - zugunsten der Ehefrau des Erblassers. Weiter haben sie ein (limitiertes) Vorkaufsrecht für sämtliche Geschwister des Übernehmers vorgesehen. Die Frage nach der Bewertung der beidseitigen Leistungen zur Zeit des Vertragsabschlusses drängte sich dabei geradezu auf (für einen ähnlichen Fall: BGE 84 II 338). In diesem Sinne erklärten die Parteien sogar die Verzinsung der Grundpfandschulden durch die Nutzniesser als Entgelt für die Einräumung der Nutzniessung, obwohl diese Verpflichtung sich für den Nutzniesser bereits aus dem Gesetz ergibt (Art. 765 Abs. 1 ZGB) und insoweit keine vertragliche Gegenleistung für die Nutzniessung bedeutet. In der Bestimmung des Anrechnungswertes haben die Parteien sodann erkannt und festgelegt, dass der übernehmende Erbe im Betrag von Fr. 90'000.- bereichert würde und deshalb an Miterben eine entsprechende Zahlung zu leisten habe, die er tatsächlich geleistet hat. Gerade mit Blick auf diese bewusste vertragliche Regelung in allen Einzelheiten mutet es seltsam an, dem Erblasser gleichsam "ex post" einen weitergehenden Schenkungswillen (im Umfang von 54 % eines gutachterlich ermittelten Verkehrswertes) zu unterstellen, ohne dass das Vorliegen einer Simulation jemals behauptet, geschweige denn von den Klägerinnen bewiesen worden wäre (für einen ähnlichen Fall: BGE 131 III 49 E. 4.1.1 S. 55).
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4.5 Welche Aufschlüsse der Steuerwert der Liegenschaft von Fr. 233'900.- im Jahr 1977, auf den das Kantonsgericht und die Klägerinnen weiter abstellen wollen, dem Erblasser hätte vermitteln müssen, bleibt im Dunkeln, zumal dieser Betrag aus dem Abtretungsvertrag von 1990 nicht hervorgeht und deshalb dem Erblasser genauso wenig als bekannt unterstellt werden darf wie das genaue Verhältnis des Steuerwertes zum Verkehrswert. Entgegen der Darstellung der Klägerinnen hat das Kantonsgericht an der zitierten Stelle auch nicht dem Erblasser angelastet, den Steuerwert aus dem Jahre 1977 kennen zu müssen, sondern dem Beklagten 1.
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4.7 Insgesamt kann unter Willkürgesichtspunkten ein tatsächlicher Schenkungswille in dem von den Klägerinnen behaupteten Betrag weder aus dem äusseren Verhalten des Erblassers gefolgert noch anhand der Umstände als bewiesen betrachtet werden. Die gegenteilige Indizienbeweiswürdigung des Kantonsgerichts erweist sich als willkürlich (Art. 9 BV; vgl. zum Begriff: BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266). Dass ein Schenkungswille des Erblassers im Zeitpunkt der Ablösung der Nutzniessung durch das Wohnrecht bestanden habe, wird von den Klägerinnen nicht behauptet oder dargetan, geschweige denn vom Kantonsgericht aufgrund der Indizienlage festgestellt. Bleibt der Schenkungswille des Erblassers somit zum Nachteil der Klägerinnen (E. 3.3 oben) unbewiesen, ist deren Herabsetzungsbegehren gegen den Beklagten 1 abzuweisen.
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