BGE 145 III 42 | |||
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8. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_304/2018 vom 23. Oktober 2018 | |
Regeste |
Art. 75 BGG; Eintretensvoraussetzungen; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs. | |
Sachverhalt | |
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A.a Die A. AG (Klägerin, Beschwerdeführerin) fusionierte im September 2015 mit der C. AG, die im Handelsregister gelöscht wurde. B. (Beklagter, Beschwerdegegner) war vom 7. August 2002 bis am 28. September 2009 Präsident des Verwaltungsrats der C. AG mit Kollektivunterschrift zu zweien. Dem Verwaltungsrat gehörten zudem D. und E. an.
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A.b Im Jahre 2007 erhielt die G. Inc., Vertreterin für die Produkte der Klägerin in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Zusammenarbeit mit der C. AG in einer Ausschreibung der "City and County of Denver" den Zuschlag für Schneeräumfahrzeuge. Sie konnte 16 dieser Fahrzeuge für insgesamt USD 15'278'480.- an den Internationalen Flughafen von Denver liefern und kaufte diese ihrerseits für insgesamt USD 12'978'788.- bei der C. AG. Die G. Inc. bezahlte zudem einen als "Vorfinanzierungsdiscount" bezeichneten Betrag von USD 763'924.- an die in U. inkorporierte H. Ltd.
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A.c Die Klägerin wirft ihrem ehemaligen Verwaltungratspräsidenten vor, er habe den Betrag von USD 763'924.- an die H. Ltd. zu seinen Gunsten oder zu Gunsten ihm nahestehender Dritter ohne geschäftsmässige Begründetheit überwiesen.
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B.
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B.a Mit Eingabe vom 11. Oktober 2012 beantragte die Klägerin dem Zivilgericht des Sensebezirks, der Beklagte sei zu verurteilen, ihr den Betrag von Fr. 802'120.- nebst Zins zu 5 % seit wann rechtens zu bezahlen. Sie berief sich auf Art. 754 OR und warf ihm vor, er habe die Zahlung von USD 763'924.- an die H. Ltd. pflichtwidrig ausgelöst.
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B.b Das Zivilgericht des Sensebezirks wies die Klage mit Entscheid vom 10. Dezember 2014 ab.
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B.c Die gegen diesen Entscheid erhobene Berufung hiess das Kantonsgericht des Kantons Freiburg mit Entscheid vom 2. Juli 2015 mit der Begründung gut, der Beklagte habe entgegen der Auffassung des Zivilgerichts eine Pflichtverletzung begangen. Es hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur Beurteilung der weiteren Haftungsvoraussetzungen, namentlich der Höhe des Schadens, des Verschuldens sowie des Kausalzusammenhangs, an das Zivilgericht des Sensebezirks zurück.
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B.d Mit Entscheid vom 10. November 2016 wies das Zivilgericht des Sensebezirks die Klage erneut ab. Das Zivilgericht hielt sich nicht nur in Bezug auf die vom Kantonsgericht bejahte Pflichtverletzung an den Entscheid vom 2. Juli 2015 gebunden, sondern ging davon aus, das Kantonsgericht habe verbindlich festgestellt, es handle sich bei der als Vorfinanzierungsdiscount deklarierten Zahlung um eine Retrozession bzw. Schmiergeldzahlung. Aus diesem Grund bejahte es das Verschulden, hielt dagegen für unbewiesen, dass der Klägerin ein Schaden entstanden sei, da sie ohne die Retrozession den Zuschlag nicht oder nicht zu den gleichen Bedingungen erhalten hätte; es verneinte daher auch den Kausalzusammenhang.
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B.e Die Klägerin gelangte erneut mit Berufung an das Kantonsgericht des Kantons Freiburg und stellte das Begehren, der Beklagte sei zu verpflichten, ihr Fr. 802'120.-, sowie neu eventualiter USD 763'924.-, je mit Zins von 5 % "seit wann rechtens" zu bezahlen.
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Mit Urteil vom 16. April 2018 trat das Kantonsgericht des Kantons Freiburg auf die Berufung nicht ein. Das Kantonsgericht folgte der Ansicht, dass das erstinstanzliche Gericht an die entsprechende Feststellung im Rückweisungsentscheid, wonach es sich bei der umstrittenen Zahlung an die H. Ltd. um eine Schmiergeldzahlung handle, gebunden sei und hielt fest, dass sein Rückweisungsentscheid zutreffend ausgelegt worden sei. Da sich die Rügen der Klägerin nur auf Fragen bezögen, über die bereits im Rückweisungsentscheid verbindlich entschieden worden sei, verneinte das Kantonsgericht das Rechtsschutzinteresse der Klägerin und trat auf die entsprechenden Rügen nicht ein. Hinsichtlich der Vorbringen, die im Berufungsverfahren hätten beurteilt werden können, hielt das Kantonsgericht die Berufung für nicht hinreichend begründet.
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C. Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die Klägerin die Begehren, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und der Beschwerdeführer sei zu verpflichten, ihr Fr. 802'120.- mit Zins von 5 % seit wann rechtens, eventualiter USD 763'924.- mit Zins von 5 % seit wann rechtens, zu bezahlen, subeventualiter sei die Sache zur erneuten Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht Freiburg, subeventualiter an das Zivilgericht des Sensebezirks, zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin hält fest, dass sich ihre Beschwerde inhaltlich im Wesentlichen gegen den Rückweisungsentscheid vom 2. Juli 2015 richte und die Ausschöpfung des Instanzenzugs gegen den darauf gestützten Entscheid der ersten Instanz angezeigt gewesen sei, weil nicht auszuschliessen sei, dass die dort getroffenen unzutreffenden Sachverhaltsfeststellungen redaktionelle Ungenauigkeiten waren.
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Der Beschwerdegegner stellt in der Antwort das Rechtsbegehren, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Vorinstanz hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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Da der Rückweisungsentscheid des Kantonsgerichts vom 2. Juli 2015 unbesehen dessen Tragweite für den Entscheidungsspielraum der ersten Instanz nicht als Endentscheid gilt, gereicht der Beschwerdeführerin nicht zum Nachteil, dass sie diesen Entscheid nicht direkt angefochten hat. Denn nach der ausdrücklichen Bestimmung von Art. 93 Abs. 3 BGG war dieser Entscheid zusammen mit dem Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkte.
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Erwägung 2.2 | |
2.2.1 Das Bundesgericht hat in einer publizierten Urteilserwägung die Möglichkeit bejaht, unter der Geltung des BGG einen obergerichtlichen Rückweisungsentscheid als Vor- und Zwischenentscheid im Anschluss an den erstinstanzlichen Endentscheid durch eine direkt gegen den letzteren gerichtete Beschwerde beim Bundesgericht anzufechten. Dieser Weg steht dann offen, wenn nur die Erwägungen im früheren Rückweisungsentscheid der oberen kantonalen Instanz angefochten werden und ein erneutes kantonales Rechtsmittel daher von vornherein nutzlos wäre. Denn von der durch den früheren Rückweisungsentscheid belasteten Partei zu verlangen, ein kantonales Rechtsmittel zu ergreifen, das von vorneherein nutzlos ist, würde eine leere, zwecklose Formalität bedeuten (BGE 143 III 290 E. 1.5).
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Grundsätzlich ist - unter Vorbehalt von Art. 92 und 93 BGG - die (fristgebundene) Beschwerde an das Bundesgericht nur gegen Endentscheide zulässig. Nach der bundesgerichtlichen Praxis bedeutet dies, dass der Instanzenzug nicht nur formell durchlaufen, sondern auch materiell ausgeschöpft werden muss (Art. 75 BGG, BGE 143 III 290 E. 1.1 mit Verweisen). In BGE 143 III 290 hat das Bundesgericht eine Ausnahme zu dieser Regel statuiert. Der dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Gedanke besteht darin, dass die durch den früheren Rückweisungsentscheid belastete Partei nicht gezwungen werden muss, ein kantonales Rechtsmittel zu ergreifen, das von vorneherein nutzlos ist. Ob das Ergreifen des Rechtsmittels jedoch eine solche leere, zwecklose Formalität bedeutet, ist nicht immer eindeutig zu bestimmen. Vielmehr dürfte - wie das vorliegende Verfahren zeigt - oft Interpretationsbedarf darüber bestehen, über welche Punkte im Rückweisungsentscheid abschliessend und für beide kantonale Instanzen verbindlich entschieden wurde. Denn mit dem kantonalen Rechtsmittel kann die beschwerte Partei jedenfalls Rügen gegen den erstinstanzlichen Entscheid insoweit vorbringen, als dieser durch den Rückweisungsentscheid nicht zwingend vorgegeben ist.
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Eine direkte Beschwerde an das Bundesgericht im Anschluss an den erstinstanzlichen Entscheid ist nur zulässig, wenn ausschliesslich die Erwägungen im früheren Rückweisungsentscheid der oberen kantonalen Instanz angefochten werden. Es dürfen nur Punkte gerügt werden, über die das obere Gericht abschliessend - und somit für das erstinstanzliche Gericht verbindlich - entschieden hat. Wenn in einem bestimmten Punkt, der von der beschwerten Partei vor dem Bundesgericht im Anschluss an den erstinstanzlichen Entscheid gerügt wird, die obere kantonale Instanz dem erstinstanzlichen Gericht Entscheidungsspielraum überlassen hat, wird im bundesgerichtlichen Verfahren auf diese Rüge mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht eingetreten. Die betroffene Partei trägt mithin ein mit den angesprochenen Abgrenzungs- und Auslegungsschwierigkeiten verbundenes Risiko. Es kann ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie ein kantonales Rechtsmittel in der Meinung eingelegt hat, der ersten Instanz sei in den gerügten Fragen ein Entscheidungsspielraum verblieben. Dass die obere kantonale Instanz ihre Ansicht über die Tragweite des Rückweisungsentscheides möglicherweise nicht teilt, ändert nichts daran.
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Es obliegt daher allein der mit ihren Anträgen unterlegenen Partei zu beurteilen, ob sie den kantonalen Instanzenzug im Anschluss an einen nach Rückweisung ergangenen erstinstanzlichen Entscheid durchlaufen will oder nicht. Es muss ihr überlassen werden, in Abwägung der entsprechenden Vor- und Nachteile, darüber zu befinden, ob sie das Risiko einer Beschwerde ans Bundesgericht eingehen möchte. Eine Verpflichtung, gegen den nach Rückweisung ergangenen erstinstanzlichen Entscheid direkt Beschwerde beim Bundesgericht einzureichen, besteht nicht. Es obliegt grundsätzlich dem oberen kantonalen Gericht, die Tragweite seines früheren Rückweisungsentscheids zu klären. Die sich damit stellenden Auslegungs- und Abgrenzungsfragen sollten systemkonform grundsätzlich zuerst von ihm, und nicht vom Bundesgericht, geklärt werden. Dabei ist beizufügen, dass es in einer solchen Konstellation nicht erforderlich ist, der beschwerten Partei eine entsprechende Verpflichtung aufzuerlegen, um einen unerwünschten Verfahrensleerlauf zu vermeiden. Wie das vorliegende Verfahren zeigt, entspricht es der Praxis der oberen kantonalen Gerichte, auf das Rechtsmittel mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten, wenn nur die Erwägungen im früheren Rückweisungsentscheid angefochten werden (vgl. auch BGE 143 III 290 E. 1.5 und die darin zitierten Urteile). Da die Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird, grundsätzlich die Prozesskosten trägt (Art. 106 Abs. 1 ZPO), hat sie ein ökonomisches Interesse daran, den Instanzenzug nicht auszuschöpfen, wenn sie nur die Erwägungen im Rückweisungsentscheid anfechten möchte. Auch wenn eine absichtliche Verzögerung des Verfahrens nicht ganz auszuschliessen ist, wird die Missbrauchsgefahr dadurch stark beschränkt.
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