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20. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. B. gegen A. AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_479/2018 vom 26. Februar 2019 | |
Regeste |
Art. 104 ff. und 313 ZPO; Anschlussberufung, Kostenverteilung. | |
Sachverhalt | |
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B. Die Parteien erzielten über die Schlussabrechnung keine Einigung, weshalb die Unternehmerin am 3. Juni 2010 beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die Bestellerin einreichte, mit der sie rund 23 Mio. Franken zusätzlichen Werklohn forderte. Mit Urteil vom 25. September 2015 hiess das Bezirksgericht Zürich die Klage teilweise gut. Die dagegen von der Klägerin erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 12. September 2016 ab, soweit es darauf eintrat, und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Dabei holte es keine Berufungsantwort ein. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Beklagten gegen dieses Urteil gut und hob das angefochtene Urteil des Obergerichts auf mit der Begründung, der Beklagten hätte Frist für die Berufungsantwort angesetzt und Gelegenheit gegeben werden müssen, Anschlussberufung zu erheben (Urteil 4A_595/2016 vom 14. März 2017, auszugsweise publ. in: BGE 143 III 153).
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C. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens reichte die Beklagte eine Berufungsantwort ein und erhob Anschlussberufung, die sie begründete. Mit Schreiben vom 25. Juni 2018 an das Obergericht des Kantons Zürich zog die Klägerin ihre Berufung zurück.
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Mit Beschluss vom 9. Juli 2018 schrieb das Obergericht des Kantons Zürich das Verfahren ab. In diesem Entscheid wurde die Klägerin verpflichtet, der Beklagten für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 35'000.- zzgl. MwSt zu bezahlen. Dabei sprach das Gericht der Beklagten eine reduzierte Entschädigung für ihre Berufungsantwort zu, entschädigte jedoch den Aufwand für ihre Anschlussberufung nicht zusätzlich. Es hielt dafür, nach dem Mechanismus der Anschlussberufung trage der Anschlussberufungskläger das Risiko des Dahinfallens bei Rückzug der Berufung.
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D. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte, es sei ihr in teilweiser Aufhebung des Beschlusses des Obergerichts des Kantons Zürich für das Verfahren vor Obergericht eine Parteientschädigung von Fr. 157'914.15 zzgl. MwSt zuzusprechen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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3.2.3 Das Bundesgericht hat - wie die Beschwerdeführerin zutreffend darlegt - unter dem früheren Organisationsgesetz vom 16. Dezember 1943 (OG [BS 3531]) für das Verfahren vor Bundesgericht entschieden, dass der Berufungskläger die Kosten tragen müsse, die sich aus dem Dahinfallen der Anschlussberufung ergeben, wenn auf die Berufung nicht eingetreten oder diese zurückgezogen werde (BGE 122 III 495 E. 4, vgl. aber Urteil 5P.58/2004 vom 26. Februar 2004 E. 2.1 für ein kantonales Verfahren vor dem Inkrafttreten der ZPO). In der Lehre zur ZPO wird entsprechend fast einhellig die Ansicht vertreten, beim Dahinfallen der Anschlussberufung im Sinne von Art. 313 Abs. 2 ZPO seien die Kosten dem Berufungskläger aufzuerlegen (TAPPY, a.a.O., N. 23 zu Art. 106 ZPO; CHIOCCHETTI, in: Commentario pratico al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], Trezzini und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2017, N. 49 zu Art. 313 ZPO; RÜEGG/RÜEGG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 7 zu Art. 106 ZPO; SPÜHLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 3 zu Art. 313 ZPO, HUNGERBÜHLER/BUCHER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 16 zu Art. 313 [ZPO]; REETZ/HILBER, in: ![]() | 13 |
Erwägung 3.3 | |
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3.3.3 Vorliegend hat die Vorinstanz der Beschwerdeführerin eine Entschädigung für ihre Anschlussberufung mit dem Argument verweigert, der Anschlussberufungskläger habe das Risiko des Dahinfallens der Anschlussberufung zu tragen. Falle diese infolge des Rückzuges der Berufung dahin, werde der dafür geleistete Aufwand obsolet, so dass auch keine Entschädigung zuzusprechen sei. Die Vorinstanz hat im Rahmen der Verteilung der Prozesskosten somit keinen Ermessensentscheid getroffen, der eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach Recht und Billigkeit erfordert (Art. 4 ZGB; BGE 136 III 278 E. 2.2 mit Hinweisen), sondern den Ersatz des für die Anschlussberufung geleisteten Aufwandes gestützt auf allgemeine Erwägungen zu diesem Institut generell ausgeschlossen. Damit hat sie Art. 106 Abs. 1 ZPO verletzt, ist doch der Aufwand für die ![]() | 17 |
3.4 Nach dem Gesagten hat, wenn die Anschlussberufung infolge des Rückzuges der Berufung dahinfällt, grundsätzlich der Hauptberufungskläger dem Anschlussberufungskläger die diesem in Zusammenhang mit der Anschlussberufung entstandenen Kosten angemessen zu ersetzen. Von diesem Grundsatz kann nur abgewichen werden, wenn die Umstände des Einzelfalls eine davon abweichende Kostenverteilung rechtfertigen, was sich in erster Linie nach den Anträgen der Anschlussberufung beurteilt. Dabei handelt es sich um einen Ermessensentscheid, der vom Gericht nach Recht und Billigkeit im Sinne von Art. 4 ZGB zu treffen ist. Indem die Vorinstanz gestützt auf allgemeine Überlegungen der Beschwerdeführerin keine Entschädigung für die von ihr im kantonalen Verfahren erhobene Anschlussberufung zusprach, verletzte sie Bundesrecht. Folglich ist der angefochtene Kostenentscheid in Bezug auf das gegenstandslos gewordene Anschlussberufungsverfahren aufzuheben.
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