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14. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Kanton Thurgau, Amt für Umwelt (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_535/2018 vom 15. Januar 2020 | |
Regeste |
Art. 250 SchKG, Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO; Kollokationsklage, Nulldividende und schutzwürdiges Interesse. | |
Sachverhalt | |
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A.a Am 19. Februar 2014 wurde über die B. AG in Liquidation, mit Sitz in U./TG, der Konkurs eröffnet. In der Folge wurde die Durchführung des Konkurses im summarischen Verfahren durch das Konkursamt des Kantons Thurgau angeordnet. Das Konkursamt legte den Kollokationsplan vom 26. Mai bis 15. Juni 2015 auf. Als Gläubiger in der Dritten Klasse wurden u.a. der Kanton Thurgau (Amt für Umweltschutz) mit einer Forderung von Fr. 15'105'500.-, die Gemeinde U. mit einer Forderung von Fr. 7'722'750.- sowie A., ehemaliger Verwaltungsratspräsident der Gemeinschuldnerin, mit einer Forderung von Fr. 1'944.- zugelassen. Gemäss Angabe des Konkursamtes im Kollokationsplan beträgt die mutmassliche Konkursdividende null Prozent.
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A.c Der Kanton Thurgau und die Gemeinde U. liessen sich mit Verfügung des Konkursamtes vom 7. August 2015 verschiedene Rechtsansprüche der Konkursmasse, auf deren Geltendmachung die Gläubigermehrheit verzichtet hatte, nach Art. 260 SchKG abtreten, u.a. Verantwortlichkeits-, Versicherungs- und Anfechtungsansprüche.
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A.d Mit Entscheid vom 7. April 2017 hiess das Bezirksgericht Arbon (Einzelrichter) die Kollokationsklage von A. gegen den Kanton Thurgau teilweise gut und reduzierte die Forderung im Kollokationsplan
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"im Umfang der in den Kostenverteilungsverfügungen im Sinn von Art. 32d Abs. 4 USG rechtskräftig festgesetzten Kostenanteile der Konkursitin für altlastenrechtliche Massnahmen auf dem Areal 'C.' und/oder dem Areal 'D.', maximal in Höhe des Prozessgewinns aus dem vom Kanton als Abtretungsgläubiger geführten Anfechtungsprozess im Sinn von Art. 285 ff. SchKG gegen die E. AG,
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maximal Fr. 8'300'000.-,
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unter folgender Bedingung: Festsetzung von Kostenanteilen zulasten der Konkursitin in rechtskräftigen Kostenverteilungsverfügungen gemäss Abs. 2 vorstehend".
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Die Kollokationsklage von A. gegen die Gemeinde U. wurde gutgeheissen und deren Forderung aus dem Kollokationsplan weggewiesen.
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B.
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B.a Hiergegen gelangte (einzig) der Kanton Thurgau mit Berufung an das Obergericht des Kantons Thurgau und beantragte im Wesentlichen, seine Forderung sei vollumfänglich im Umfang von Fr. 15'105'500.- (wie kolloziert) im Kollokationsplan zuzulassen. A. erhob Anschlussberufung und verlangte im Wesentlichen, die Forderung des Kantons Thurgau sei wegzuweisen.
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B.b Mit Entscheid vom 27. Februar 2018 hiess das Obergericht die Berufung des Kantons Thurgau gut und entschied, dass auf die Kollokationsklage von A. gegen den Kanton Thurgau nicht eingetreten werde. Die Anschlussberufung von A. wurde abgewiesen.
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C. Mit Eingabe vom 25. Juni 2018 hat A. Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides. In der Sache verlangt er in erster Linie, dass die Forderung des ![]() ![]() | 13 |
Der Beschwerdegegner hat mit Eingabe vom 4. Juli 2019 Stellung genommen. Beschwerdeführer und Beschwerdegegner haben in der Folge re- bzw. dupliziert. Das Obergericht hat sich am 13. Juni 2019 vernehmen lassen. Es sind die kantonalen Akten eingeholt worden.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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3.2 Der Streitwert ist der in Geld ausgedrückte Wert, um den prozessiert wird (STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, a.a.O., § 15 Rz. 1). Bei der Kollokationsklage bemisst sich der Streitwert nach der Dividende, die auf den bestrittenen Betrag entfallen würde, also nach dem möglichen Prozessgewinn (BGE 65 III 28 E. 2; BGE 140 III 65 E. 3.2). Wenn die mutmasslich auf eine strittige Forderung entfallende Konkursdividende 0 % beträgt - wie im konkreten Fall zu erwarten ist -, kann mit der Kollokationsklage mutmasslich kein geldwerter ![]() ![]() | 18 |
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3.3.2 Ein schutzwürdiges Interesse an der Wegweisung nach Art. 250 Abs. 2 SchKG besteht nach der Lehre auch darin, dem beklagten Gläubiger mit der Absprechung der Gläubigereigenschaft die ![]() ![]() | 21 |
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3.3.4 Wie das Obergericht zutreffend festgehalten hat, kann ein Gläubiger nach der erfolgreichen Wegweisung Ansprüche, auf deren Geltendmachung die Masse verzichtet, nicht mehr gestützt auf eine Abtretung nach Art. 260 SchKG als Rechte der Masse geltend machen (BGE 55 III 63 E. 2; 43 III 73 E. 1c). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit der Wegweisungsklage (Art. 250 Abs. 2 SchKG) ebenfalls Rechte der Masse geltend gemacht werden, auf welche diese verzichtet hat, nämlich das Bestreitungsrecht der Masse gegenüber der vom beklagten Gläubiger angemeldeten Konkursforderung (BGE 39 I 270 E. 2 S. 274; BGE 115 III 68 E. 3 S. 70/71). In der kantonalen Praxis wird daher zu Recht darauf hingewiesen, dass die Masse (nicht nur ein Interesse am eventuellen Überschuss, sondern) durchaus ein eigenes Interesse an der Bereinigung der Konkursforderungen hat (Urteil ACJC/1740/2018 der Cour de Justice des Kantons Genf vom ![]() ![]() | 23 |
3.3.5 Der vorliegende Streit um das Rechtsschutzinteresse an der Kollokationsklage kann im Zusammenhang mit der Änderung der Rechtsprechung zum Streitwert der Kollokationsklage (E. 3.2) im Jahre 1939 (BGE 65 III 28) gesehen werden. Nach der früheren Rechtsprechung war beim Kollokationsprozess über Bestand oder Höhe einer Forderung als Streitwert lediglich der bestrittene Forderungsbetrag massgebend (und der vorliegenden Klage wäre damals insoweit nichts entgegengestanden). Die neue Streitwertpraxis ist seither vielfach bestätigt worden (vgl. BGE 140 III 65 E. 3.1; u.a. FURRER, a.a.O.), aber nicht ohne Kritik geblieben (JAQUES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 36 zu Art. 250 SchKG; JAEGER/DAENIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurs-Praxis, Bd. I, 1947, N. 5 zu Art. 250 SchKG, S. 401): Bereits früh wurde nicht ![]() ![]() | 24 |
3.3.6 Das Obergericht hat weiter festgehalten, dass der Beschwerdeführer darzulegen habe, ob die nach Art. 260 SchKG abgetretenen Ansprüche - hier Verantwortlichkeits-, Versicherungs- und Anfechtungsansprüche - einen Überschuss "mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten" liessen bzw. diese Ansprüche "mit Erfolgsaussichten" verbunden und "begründet" seien, um einen "genügend hohen Prozessertrag abzuwerfen". Diese Darlegung habe der Beschwerdeführer nicht vorgenommen. Was das Obergericht vom Beschwerdeführer verlangt, läuft darauf hinaus, die Schätzung des allenfalls möglichen, mittelbaren Prozesserfolgs vorzunehmen, um erst dann das Rechtsschutzinteresse überhaupt bejahen zu können. Damit vermengt die Vorinstanz das Interesse des Beschwerdeführers, ein Gericht in Anspruch zu nehmen mit der Frage, wie der Wert auszudrücken ist, um welchen prozessiert wird. Mit der Bemessung des Streitinteresses der Kollokationsklage bei mutmasslicher Nulldividende hat sich die Rechtsprechung bereits befasst. Ausschlaggebend ist, dass (wie hier mit Blick auf das mögliche Ergebnis eines möglichen Abtretungsprozesses) nur ein mittelbares Streitinteresse zu berücksichtigen ist: Aus diesem Grund wird nur ein minimaler Streitwert, entsprechend dem mehr nur symbolischen, jedenfalls ausserhalb des unmittelbaren Prozesserfolgs liegenden Streitinteresse angenommen (BGE 82 III 94 S. 96; bestätigt in BGE 138 III 675 E. 3.4.2; u.a. TAPPY, in: Commentaire romand, Code de procédure civile, 2. Aufl. 2019, N. 82 zu Art. 91 ZPO; kritisch DIGGELMANN, ![]() ![]() | 25 |
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