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31. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. I. gegen A.B. und C. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_1018/2019 vom 16. Juni 2020 | |
Regeste |
Art. 82 ZPO; Zulassung der Streitverkündungsklage. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.a A.B. (geb. 1953) wurde im Jahr 2000 vom Psychiatriezentrum U. hospitalisiert. Am 21. November 2002 errichtete das Vormundschaftsamt W. eine Beistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung nach Art. 393 Ziff. 2 ZGB (in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung). Als Beistand ernannte es I. (geb. 1936), ehemaliger Vizedirektor der Bank E.
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A.b Am 11. April 2004 starb B.B., A.B.s Vater. Er hinterliess A.B. unter anderem Grundstücke in X. (Italien). In der Folge beauftragte I. Dr. C., Anwalt und Notar und damals juristischer Berater des Vormundschaftsamts, mit dem Verkauf dieser Grundstücke. Es kam zu mehreren freihändigen Verkäufen von Wohnungen und Landparzelen. Am 16. Januar 2006 erwarb A.G., die Tochter von A.B.s Cousin B.G., eine Wohnung samt Landanteil zum Preis von EUR 100'000.-. Davon bezahlte A.G. EUR 31'000.-. Nachdem er das Vormundschaftsamt über die Grundstückgeschäfte orientiert hatte, erklärte I., nicht gewusst zu haben, dass er die Behörde vorgängig hätte orientieren und deren Einverständnis zum Verkauf hätte einholen müssen. Am 14. November 2006 bestätigte C. dem Vormundschaftsamt, dass die Grundstücke in Italien für insgesamt EUR 330'000.- verkauft worden seien.
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A.c Am 23. Mai 2007 hob das Vormundschaftsamt W./Y. die Beistandschaft auf und entmündigte A.B. Zum Vormund bestimmte es I.
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A.d Das Vormundschaftsamt und die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde genehmigten die Grundstückverkäufe im Nachvollzugsverfahren, lehnten jedoch jegliche Verantwortlichkeit aus den Verkäufen ab. I.s Abrechnung für die Zeit vom 1. September 2004 bis 30. April 2006 wurde vom Vormundschaftsamt nicht genehmigt. Am 17. Januar 2008 wurde I. seines Amtes enthoben und H. als neuer Vormund eingesetzt. I.s Schlussabrechnung wurde nicht genehmigt.
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B.
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B.a Am 9. Juni 2011 verklagte A.B. I. vor dem Bezirksgericht Brig, Östlich-Raron und Goms auf Bezahlung von Fr. 118'869.45 Schadenersatz (zuzüglich Zins). I. beantragte die Abweisung der Klage und ersuchte das Gericht in einer separaten Eingabe darum, ihn zur Streitverkündungsklage gegen C. zuzulassen. Er beantragte, C. unter Kostenfolge zu verpflichten, ihm den Betrag zu bezahlen, der A.B. im Hauptprozess zugesprochen wird. Am 14. Oktober 2011 verfügte das Bezirksgericht, die Streitverkündungsklage zuzulassen. In seiner begründeten Streitverkündungsklagedenkschrift wiederholte I. sein Rechtsbegehren. In der Folge wies das Bezirksgericht die Klage ab. Die Streitverkündungsklage schrieb es als gegenstandslos ab. Es befand, A.B. sei kein Schaden entstanden.
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B.b Auf Berufung von A.B. hin stellte das Kantonsgericht Wallis fest, dass ein Schaden von EUR 69'000.- entstanden sei, A.B. aber nur EUR 59'690.85 als Schadenersatz einklage. Es wies die Sache zur weiteren Behandlung an die erste Instanz zurück. Diese wies die Klage erneut ab. Auch die Streitverkündungsklage wurde abgewiesen.
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B.c A.B. legte wiederum Berufung ein. I. schloss auf Abweisung der Berufung; eventualiter sei ihm der vollständige Regress auf den streitberufenen C. zuzusprechen. Letzterer beantragte, die Berufung und die Streitverkündungsklage abzuweisen. Mit Urteil vom 13. November 2019 hiess das Kantonsgericht die Berufung gut. Es verurteilte I., A.B. Fr. 118'869.- (zuzüglich Zins) zu bezahlen. Der Entscheidbegründung, nicht aber dem Urteilsspruch ist zu entnehmen, dass das Kantonsgericht auf I.s Streitverkündungsklage nicht eintritt.
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C.
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C.a Mit Beschwerde vom 13. Dezember 2019 wendet sich I. (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des ![]() ![]() | 11 |
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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Das inzidente Zulassungsverfahren tritt gewissermassen an die Stelle des Schlichtungsverfahrens (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7285). Das Gericht prüft in diesem Verfahren (nebst den verfahrensmässigen Voraussetzungen; s. dazu BGE 139 III 67 E. 2.4.1 f. S. 73 f.) nur, ob der behauptete Anspruch der streitverkündenden gegen die streitberufene Partei mit dem Hauptklageanspruch sachlich zusammenhängt. In der Begründung des Zulassungsgesuchs (Art. 82 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist lediglich darzutun, ob der behauptete Anspruch des Streitverkündungsklägers vom Bestand des Hauptklageanspruchs abhängig und folglich ein potentielles Regressinteresse gegeben ist. Allein zum Zwecke der Zulassungsprüfung ist nicht erforderlich, eine einlässliche ![]() ![]() | 16 |
4.3.2 Der Beschwerdeführer will dem Entscheid des Kantonsgerichts, auf die Streitverkündungsklage mangels Bezifferung des Rechtsbegehrens nicht einzutreten, die Verfügung vom 14. Oktober 2011 entgegenhalten, mit der das Bezirksgericht seine Streitverkündungsklage ohne Rücksicht auf die fehlende Bezifferung des Begehrens zuliess. Er argumentiert, dass es sich dabei nicht um eine prozessleitende Verfügung, sondern um einen rechtskraftfähigen Zwischenentscheid über eine Prozessvoraussetzung handle. Diese Meinung findet sich auch im Schrifttum (NINA J. FREI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 5 f. zu Art. 82 ZPO; ANNE-CATHERINE HAHN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 7 zu Art. 82 ZPO). Mehrheitlich wird freilich die Auffassung vertreten, der Entscheid über die Zulassung sei eine (qualifizierte, da von Gesetzes wegen der Beschwerde unterstellte) prozessleitende Verfügung im Sinne von Art. 124 und Art. 319 lit. b ZPO (TARKAN GÖKSU, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 13 zu Art. 82 ZPO; DANIEL SCHWANDER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. Aufl. 2016, N. 23 zu Art. 82 ZPO; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 124 ZPO; NINA J. FREI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 14 zu Art. 124 ZPO; RAINER WEY, Die Streitverkündungsklage nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, in: Haftpflichtprozess 2010, 2010, S. 70; implizite wohl auch JACQUES HALDY, ![]() ![]() | 17 |
Der Beschwerdeführer äussert sich nicht dazu, weshalb die von ihm vertretene Ansicht den Vorzug verdiene. Ein solcher Grund ist auch nicht ersichtlich. Soweit sie näher auf die Thematik eingehen, anerkennen auch diejenigen Autoren, welche die Zulassung der Streitverkündungsklage als Zwischenentscheid qualifizieren, dass das Zulassungsverfahren von seinem Gegenstand her auf die Prüfung der Frage beschränkt ist, ob zwischen der Haupt- und der Streitverkündungsklage ein sachlicher Zusammenhang besteht (s. NINA J. FREI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 7b zu Art. 82 ZPO; DOMEJ, a.a.O., N. 6 und 8 zu Art. 82 ZPO; vgl. E. 4.3.1). Weshalb der Entscheid, die Streitverkündungsklage zuzulassen, trotzdem ein Zwischenentscheid sein soll, dem hinsichtlich der Eintretensfrage (auch mit Bezug auf eine allenfalls erforderliche Bezifferung) eine für den eigentlichen Streitverkündungsprozess bindende Wirkung zukommt, ist den zitierten Literaturstellen nicht zu entnehmen. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Streitverkündungskläger sein Begehren (nach heute oder dereinst geltenden Regeln) schon im Zulassungsgesuch beziffern muss, ändert nichts an der beschriebenen Eigenart des inzidenten Zulassungsverfahrens. Wie gerade die geplante Ergänzung von Art. 82 Abs. 1 ZPO zeigt, hängt die sachliche Konnexität zwischen der Haupt- und der Streitverkündungsklage, um die ![]() ![]() | 18 |
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Auch diese Rüge geht fehl. Vorab ist daran zu erinnern, dass die Streitverkündungsklage im jetzt angefochtenen Berufungsentscheid zum ersten Mal überhaupt beurteilt wurde (s. Sachverhalt Bst. B). Nach dem Gesagten stellt die Zulassung der Streitverkündungsklage keinen verbindlichen (Zwischen-)Entscheid über eine Prozessvoraussetzung ![]() ![]() ![]() | 20 |
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