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27. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_907/2018 vom 3. November 2020 | |
Regeste |
Art. 125 ZGB; nachehelicher Unterhalt; Frage der Lebensprägung. | |
Sachverhalt | |
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Im Eheschutzverfahren verpflichtete das Bezirksgericht Landquart den Ehemann zur Leistung eines Unterhaltsbeitrages an die Ehefrau von monatlich Fr. 4'500.-.
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B. Mit Entscheid vom 18. November 2015 schied das Bezirksgericht die Ehe der Parteien und verpflichtete den Ehemann zu nachehelichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 4'500.- bis zum Erreichen des gesetzlichen AHV-Alters der Ehefrau. Ferner regelte es die Teilung der Austrittsleistungen der beruflichen Vorsorge und verpflichtete den Ehemann zu einer Leistung aus Güterrecht von Fr. 25'574.35. ![]() | 3 |
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C. Gegen dieses Urteil hat der Ehemann am 2. November 2018 eine Beschwerde eingereicht mit den Begehren um Abweisung des Unterhaltsbegehrens ab März 2016 sowie Feststellung, dass ab März 2016 kein Unterhaltsanspruch der Ehefrau mehr besteht, und um Verpflichtung der Ehefrau zu einer Leistung aus Güterrecht von Fr. 30'588.-.
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In dahingehender Gutheissung der Beschwerde sieht das Bundesgericht vom Zuspruch nachehelichen Unterhalts ab, während es sie in Bezug auf das Güterrecht abweist.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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Vor allen drei Instanzen brachte und bringt der Ehemann vor, im Anschluss an die Heirat habe sich die Ehefrau während ungefähr 10 Wochen bei ihm in Ägypten aufgehalten und sei danach in die Schweiz zurückgekehrt. Im Jahr 2005 sei sie vom 30. Januar bis 12. April, vom 25. bis 27. Juni und vom 2. November bis 16. Dezember bei ihm in Ägypten gewesen, sodann im Jahr 2006 vom 4. Februar bis 3. April und vom 2. Oktober bis 2. Dezember. Während dieser Besuche habe sie jeweils in seinem Ferienhaus gelebt, während er selbst in Kairo gearbeitet habe, und sie hätten sich vorwiegend am Wochenende und während seinen Urlaubstagen gesehen; ansonsten sei sie in Ägypten vorwiegend mit ihren Eltern und ihrem Bruder oder einer Freundin zusammen gewesen. In den Jahren 2007 und 2008 habe er in Teheran gearbeitet, wobei sie ihn dort nie besucht habe. In der Folge habe er in Moskau gearbeitet. Dort habe sie während rund 3˝ Wochen Ferien bei ihm verbracht. Anschliessend habe er in Santiago de Chile gearbeitet, wo sie ihn wiederum ![]() ![]() | 10 |
Beide kantonalen Instanzen haben zu den Modalitäten des ehelichen Zusammenlebens explizit keine Beweiswürdigung vorgenommen bzw. keine eigentlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen mit dem Argument, die konkreten Lebensumstände seien vorliegend irrelevant für die Frage der Lebensprägung und nähere Abklärungen bzw. Feststellungen würden sich erübrigen (das Kantonsgericht spricht im Zusammenhang mit den Vorbringen des Ehemannes von "unerheblichen Tatsachen"). Wie sich in den weiteren Ausführungen noch zeigen wird, trifft dies keineswegs zu und es fragt sich deshalb, ob das Kantonsgericht den von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG an den kantonal letztinstanzlichen Entscheid gestellten Anforderungen genügend nachgelebt hat, indem es bewusst auf eine kohärente Sachverhaltsfeststellung verzichtete.
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Obwohl eine Rückweisung zur Erstellung des rechtserheblichen Sachverhaltes von Amtes wegen erfolgt, kann nicht ausser Betracht bleiben, dass in der Beschwerde an das Bundesgericht keinerlei Willkürrügen in Bezug auf den Sachverhalt bzw. die unterlassene Würdigung der beidseitigen Parteivorbringen im Zusammenhang mit der konkret gelebten oder eben nicht gelebten Beziehung erfolgen. Eine auf Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG gestützte Rückweisung erübrigt sich aber auch insofern, als im angefochtenen Entscheid immerhin eine Aussage aus dem erstinstanzlichen Entscheid zitiert wird, welche bereits für sich genommen zu einem anderen rechtlichen Resultat führen muss (dazu E. 3.5). Die Aussage lautet wie folgt: Es steht fest, "dass die Eheleute die eheliche Gemeinschaft trotz zwei unterschiedlichen Wohnadressen, überwiegend getrennten Wohnorten und nicht allzu häufigen Besuchen der Ehefrau, alles bedingt aufgrund der ständigen beruflichen Tätigkeit des Ehemannes im Ausland, mit der Heirat aufgenommen und bis zur Trennung im August 2012 zumindest im Sinn einer geistig-seelischen Beziehung und wirtschaftlichen Verbindung ununterbrochen aufrechterhalten haben."
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Damit kann dem bundesgerichtlichen Urteil immerhin der Sachverhalt zugrunde gelegt werden (Art. 105 Abs. 1 BGG), dass die Eheleute in erster Linie getrennte Haushalte führten, indem die Ehefrau in der Schweiz wohnte, während der Ehemann in verschiedenen ![]() ![]() | 13 |
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In Bezug auf die Erwerbsmöglichkeiten der Ehefrau verwies das Kantonsgericht auf die Ausführungen im bezirksgerichtlichen Entscheid, mit welchen sich der Ehemann nicht genügend auseinandergesetzt habe, weshalb auch seine Editionsbegehren im Zusammenhang mit der Eigenversorgungskapazität abzuweisen sei. Das Bezirksgericht hatte diesbezüglich festgehalten, dass sich die Ehefrau auf verschiedene ausgeschriebene Arbeitsstellen innerhalb des zuvor ausgeübten Berufes gemeldet und auch zahlreiche Spontanbewerbungen gemacht habe, ohne jedoch eine Anstellung zu finden, womit als erstellt gelten könne, dass die Erwerbsaussichten im angestammten Berufsfeld ![]() ![]() | 15 |
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Mit diesen Ausführungen stellt der Beschwerdeführer die Lebensprägung durch die vorliegend geführte Ehe in Frage und überdies macht er geltend, dass im Anschluss an die Ausführungen im neulich ergangenen Leiturteil zum Betreuungsunterhalt ( BGE 144 III 481 E. 4.8.2 S. 500) auch der nacheheliche Unterhalt vor dem Hintergrund der geänderten gesamtgesellschaftlichen Realitäten objektiv-zeitgemäss auszugestalten sei.
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Bei lebensprägenden Ehen hat das Bundesgericht nach bisheriger Rechtsprechung angenommen, dass das Vertrauen in den Fortbestand der Ehe bzw. in den Weiterbestand der bisherigen, frei vereinbarten Aufgabenteilung objektiv schutzwürdig sei ( BGE 141 III 465 E. 3.1 und 3.2.2 S. 468 f.; BGE 135 III 59 E. 4.1 S. 61; BGE 134 III 577 E. 8 S. 580) und Art. 125 Abs. 1 ZGB deshalb bei genügenden Mitteln Anspruch auf Fortführung des zuletzt gelebten gemeinsamen Standards bzw. bei zufolge scheidungsbedingten Mehrkosten ungenügenden Mitteln Anspruch auf beidseits gleiche Lebenshaltung gebe ( BGE 141 III 465 E. 3.1 S. 468; BGE 137 III 102 E. 4.2.1.1; BGE 134 III 145 E. 4 S. 146; BGE 132 III 593 E. 3.2 S. 594 f.).
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Eine zweite Vermutung geht dahin, dass bei weniger als fünf Jahren des ehelichen Zusammenlebens eine Kurzehe vorliegt, bei welcher für den Fall, dass aus ihr keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind, nicht von einem schutzwürdigen Vertrauen auf Fortführung der Ehe ausgegangen werden könne und deshalb für den nachehelichen Unterhalt am vorehelichen Stand anzuknüpfen und der berechtigte Ehegatte mithin so zu stellen sei, wie wenn die Ehe nicht geschlossen worden wäre ( BGE 141 III 465 E. 3.1 S. 468; BGE 135 III 59 E. 4.1 S. 61).
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Die dargestellte Rechtsprechung läuft darauf hinaus, dass bei Kurzehen gewissermassen eine Art negatives Interesse ("Heiratsschaden") und bei lebensprägenden Ehen sozusagen ein positives Interesse ("Scheidungsschaden") zu vergüten ist. Dennoch wird der nacheheliche Unterhalt nicht in erster Linie mit dem Schadenersatzgedanken, sondern primär mit der "nachehelichen Solidarität" begründet ( BGE 141 III 465 E. 3.1 S. 469; BGE 137 III 102 E. 4.2.3.1 S. 111; BGE 134 III 145 E. 4 S. 146; BGE 132 III 593 E. 7.2 S. 596; BGE 127 III 289 E. 2a/aa S. 291).
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Bei einer lebensprägenden Ehe wird für die Bestimmung des gebührenden Unterhaltes in der schweizerischen Rechtsprechung auf die bisherige gemeinsame Lebenshaltung abgestellt ( BGE 141 III 465 E. 3.1 S. 468; BGE 137 III 102 E. 4.2.1.1; BGE 134 III 145 E. 4 S. 146; ![]() ![]() | 26 |
Jedenfalls kann die Sichtweise, dass der gebührende Unterhalt sich am ehelichen Status ausrichten soll, nur dort gerechtfertigt sein, wo der eine Ehegatte aufgrund eines gemeinsamen Lebensplanes sein Erwerbsleben und damit seine ökonomische Selbständigkeit zugunsten der Besorgung des Haushaltes und der Erziehung der Kinder aufgegeben hat und es ihm zufolge dieser gemeinsamen Entscheidung nach langjähriger Ehe nicht mehr möglich ist, an seiner früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen oder einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen, welche ähnlichen ökonomischen Erfolg verspricht. Diesfalls lässt sich auch heute davon sprechen, dass die Ehe lebensprägend gewesen sei. Bei dieser Ausgangslage soll derjenige Ehegatte, der auf seine frühere wirtschaftliche Selbständigkeit verzichtet hat, um während vieler Ehejahre seine Unterhaltsleistungen an die Gemeinschaft im Sinn von Art. 163 ZGB in nicht pekuniärer Form zu erbringen, auch nach der Ehe in angemessener Weise die Solidarität des anderen in Anspruch nehmen dürfen, soweit er darauf angewiesen ist.
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Inwiefern die in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellte Vermutung (mindestens zehnjährige Ehe oder gemeinsame während der Ehe geborene Kinder) vor dem Hintergrund des Gesagten heute noch zeitgemäss ist, muss an dieser Stelle nicht abschliessend geklärt werden, weil im vorliegenden Fall selbst nach den bisherigen ![]() ![]() | 28 |
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Bei der Eigenversorgungskapazität ist als Rechtsfrage zu prüfen, was unter den konkreten Umständen an eigener Erwerbstätigkeit zumutbar ist, und in tatsächlicher Hinsicht, was sich angesichts der konkreten Verhältnisse bei hinreichenden Anstrengungen effektiv als möglich erweist ( BGE 144 III 481 E. 4 S. 484; BGE 143 III 233 E. 3.2 S. 235; BGE 137 III 118 E. 2.3 S. 121).
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Im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit ist zu bemerken, dass der unterhaltsverpflichtete Ehegatte seit jeher zur vollen Ausschöpfung seiner Erwerbskraft angehalten wurde, wenn dies zur Finanzierung von familienrechtlichen Unterhaltsleistungen erforderlich ist, und ihm ein hypothetisches Einkommen aufgerechnet wird, falls er seinen Verpflichtungen ungenügend nachkommt (vgl. BGE 143 III 233 E. 3.2 S. 235; BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 E. 108; BGE 128 III 4 E. 4a S. 5). Angesichts des Vorranges der Eigenversorgung muss der gleiche Massstab für die Eigenversorgungsobliegenheit des potentiell anspruchsberechtigten Teils gelten. Vom Grundsatz, wonach ein Vollzeiterwerb als zumutbar gilt, ist nur abzuweichen, soweit der betreffende Teil gemeinsame Kinder betreut, denn hier bemisst sich die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit nach Massgabe des Schulstufenmodells (dazu im Einzelnen BGE 144 III 481 E. 4.7.6-4.7.8 S. 497 ff.).
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3.4.5 Wo die geschilderte Eigenversorgung nicht oder nicht in genügendem Ausmass möglich bzw. erreichbar ist, um den gebührenden Unterhalt zu decken, ist jedenfalls bei lebensprägenden Ehen nachehelicher Unterhalt zuzusprechen. Diesbezüglich ist aber auf einer dritten Ebene zu berücksichtigen, dass das Gesetz in Art. 125 Abs. 1 ZGB von "angemessenem" Unterhalt spricht. Dieser ist mithin insbesondere in zeitlicher Hinsicht zu limitieren. Dabei kann nicht ausser Acht bleiben, dass mit der Auflösung des gemeinsamen Haushaltes die auf Art. 163 ZGB basierende eheliche Aufgabenteilung faktisch ihr Ende findet und mithin, soweit keine gemeinsamen Kinder zu betreuen sind, der finanziellen Unterhaltsleistung des einen Ehepartners keine Gegenleistung des anderen in Form von Naturalunterhalt mehr gegenübersteht, wie sie sich bei traditioneller Rollenteilung nebst der Kinderbetreuung namentlich auch durch die zugunsten der Gemeinschaft erfolgende Besorgung des gemeinsamen Haushaltes ergibt (vgl. DIEZI, a.a.O., Rz. 575 und 641; GABATHULER, ![]() ![]() | 33 |
Was "angemessen" im Sinn von Art. 125 Abs. 1 ZGB ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Vielmehr ist hierfür auf die in Art. 125 Abs. 2 ZGB aufgelisteten Kriterien zurückzugreifen, die es im Einzelfall sorgfältig abzuwägen gilt. Ins Gewicht fallen dabei insbesondere eine allfällige Erwerbshinderung durch Kinderbetreuung sowie die Ehedauer, ferner aber auch das Vermögen und anderweitige finanzielle Absicherungen. Bei langjährigen Hausgattenehen, zumal wenn sich der eine Ehegatte vollständig der Kinderbetreuung gewidmet hat, kann die nacheheliche Solidarität auch in Zukunft zu längeren Unterhaltsrenten führen, welche bis zum Erreichen des AHV-Alters des Leistungspflichtigen andauern können (vgl. zu dieser Begrenzung BGE 141 III 465 E. 3.2.1 S. 469; BGE 132 III 593 E. 7.2 S. 596).
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3.5.1 Die Eheleute sind in der Gestaltung ihrer Beziehung frei, insbesondere was die Form ihres Zusammenlebens anbelangt (vgl. Urteil 5A_242/2015 vom 17. Juni 2015 E. 3.2, in: FamPra.ch 2016 S. 274). Es gibt diesbezüglich keine staatlichen Vorschriften und es sind auch verschiedene Gründe denkbar, dass die Ehegatten keine gemeinsame eheliche Wohnung im Sinn von Art. 162 ZGB haben, etwa wenn sie an entfernten Orten einer Erwerbsarbeit nachgehen oder der eine Teil sich an einem anderen Ort intensiv der Pflege seiner Eltern widmet. Zutreffend ist ferner die unter Hinweis auf ![]() ![]() | 37 |
Entgegen der Ansicht des Kantonsgerichts pflegten allerdings die Parteien gerade keine sog. klassische Rollenteilung: Dazu gehört nach dem üblichen Verständnis nicht bloss, dass nur der eine Ehegatte einer Erwerbsarbeit nachgeht, sondern gleichzeitig auch, dass der andere Teil den gemeinsamen Haushalt besorgt und gegebenenfalls die Kinder betreut (vgl. Art. 163 Abs. 2 ZGB; BGE 144 III 481 E. 4.5 S. 590; Urteile 5A_543/2007 vom 19. März 2008 E. 2; 5A_668/2014 vom 11. Mai 2015 Bst. A.a; 5A_181/2017 vom 27. September 2017 E. 4.2), er also mit Naturalleistungen zum Unterhalt der Familie im Sinn von Art. 163 ZGB gleichermassen beiträgt und insofern in die Ehe "investiert". Nur dann sind mit anderen Worten "die Rollen geteilt", wobei die in Natural- oder Barform oder in anderer Weise erfolgende Leistungen an den gemeinsamen Unterhalt grundsätzlich gleichwertig sind (Botschaft vom 11. Juli 1979 zur Revision der Wirkungen der Ehe, BBl 1979 II 1251). Eine solche Konstellation lag namentlich auch dem Urteil zugrunde, auf welches sich das Kantonsgericht in seinem Entscheid beruft (vgl. Urteil 5A_856/2011 vom 24. Februar 2012 E. 2.1-2.3); die Ehefrau hatte dort ihre frühere Erwerbstätigkeit aufgegeben, um fortan den gemeinsamen Haushalt zu führen und im Gewerbe des Ehemannes mitzuhelfen, mithin um nach Kräften an den gebührenden Unterhalt der Familie im Sinn von Art. 163 ZGB beizutragen.
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Für den vorliegend zu beurteilenden Fall trifft nur das eine Element zu, nämlich dass einzig noch der Ehemann einer Erwerbsarbeit nachging. Indes besorgte die Ehefrau keinen gemeinsamen Haushalt, weder an den jeweiligen Aufenthaltsorten des Ehemannes, weil sie ihm nicht dorthin folgte, noch in der Schweiz, weil seine Anstellung bei der Firma C. AG eine dauernde Auslandsabwesenheit mit sich brachte. Sodann wurde von keiner Seite behauptet und ist auch nicht ersichtlich, dass die Ehefrau gewissermassen in der Schweiz hätte zurückbleiben und die hiesige Liegenschaft "hüten" müssen, weil sich der Ehemann an besonders gefährlichen Orten aufgehalten hätte, welche ein eheliches Zusammenleben im Ausland hätte als unzumutbar erscheinen lassen. Ebenso wenig liegt eine andere ![]() ![]() | 39 |
Insofern trifft namentlich die Erwägung des Kantonsgerichts nicht zu, dass die getrennten Haushalte und die Aufgabe der Erwerbstätigkeit im Zuge der Heirat durch die Auslandstätigkeit des Ehemannes bedingt gewesen seien. Vielmehr verhält es sich so, dass die Ehefrau ohne ehelich bedingte Notwendigkeit in der Schweiz faktisch ihren eigenen Haushalt führte und auch keine Betreuungsaufgaben hatte, mithin keinerlei Beiträge an den Familienunterhalt zu erbringen waren, welche sie von der Weiterverfolgung einer eigenen Erwerbstätigkeit abgehalten hätten. Ferner hat sie auch nie behauptet, dass der Ehemann von ihr die Aufgabe der Erwerbsarbeit verlangt hätte (bestritten ist und vom Kantonsgericht als nicht erwiesen erachtet wurde einzig, dass der Ehemann sie bereits sehr früh zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit aufgefordert hätte, und es wurde als Folge davon ausgegangen, dass er ihre Aufgabe der Erwerbsarbeit zumindest stillschweigend geduldet habe). Insofern ergibt sich das Bild, dass die Ehefrau aufgrund eines vorab persönlichen Entscheides ein zwar vom Ehemann finanziertes, aber in der Ausgestaltung autonomes Leben in der Schweiz verwirklichte. Damit ist nicht etwa eine missbilligende Wertung verbunden, sondern es geht einzig um die Feststellung der Tatsachenelemente, dass im vorliegenden Fall kein eigentliches Zusammenleben stattfand und die Ehefrau auch nicht aus einem familienbedingten Anlass ihre Erwerbsarbeit aufgab bzw. sie nicht umgehend wieder eine solche ins Auge fasste, nachdem feststand, dass sie dauerhaft nicht mit ihrem Ehemann zusammenleben würde.
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Vor diesem Hintergrund lässt sich im Rahmen einer einzelfallgerechten Prüfung nicht sagen, dass während der acht Jahre bis zur definitiven Trennung die Ehe einen lebensprägenden Charakter angenommen hätte. Insbesondere lässt sich die gegenteilige kantonsgerichtliche Erwägung nicht damit begründen, dass sich die Ehefrau vollständig in die finanzielle Abhängigkeit des Ehemannes begeben habe, lag doch hierfür nach dem Gesagten gerade kein sich aus der Art der Eheführung ergebender Anlass vor. ![]() | 41 |
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Ob bei dieser Ausgangslage überhaupt Raum bleiben kann, unter dem Aspekt der "nachehelichen Solidarität" noch über den Scheidungszeitpunkt hinaus für eine gewisse Zeit Unterhalt zuzusprechen, kann offenbleiben: Spätestens ab dem Zeitpunkt der definitiven ![]() ![]() | 45 |
Vor dem Hintergrund der soeben geschilderten konkreten Umstände trifft die Ansicht des Beschwerdeführers zu, er habe mit der langjährigen Unterhaltserbringung im Anschluss an die definitive Trennung seine im Zusammenhang mit der Ehe stehenden Pflichten erfüllt; es lassen sich bei der Sachlage des vorliegenden Falles unter dem Titel der nachehelichen Solidarität keine weiteren Ansprüche begründen und es ist folglich kein nachehelicher Unterhalt geschuldet. Der angefochtene Entscheid erweist sich somit in diesem Punkt als bundesrechtswidrig. Die Rechtsfolgen treten mit der Ausfällung des vorliegenden Urteils ein, welches sofort rechtskräftig wird (Art. 61 BGG). Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass kein Rückerstattungsanspruch besteht, weil der im Rahmen des Eheschutzes festgesetzte Unterhaltsbeitrag nicht nur bis zur Rechtskraft des Scheidungspunktes, sondern bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den bis vor Bundesgericht strittigen nachehelichen Unterhalt geschuldet war. ![]() | 46 |
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