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1. Urteil des Kassationshofes vom 4. März 1954 i. S. M. gegen S. | |
Regeste |
Art. 29 StGB. | |
Sachverhalt | |
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B.- M. reichte am 6. Januar 1950 gegen S. Strafanzeige wegen unlauteren Wettbewerbes ein.
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Das Bezirksgericht Meilen verurteilte S. am 13. November 1952 gemäss Art. 13 lit. a UWG zu einer Busse von Fr. 1000.--.
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Auf Berufung des Verurteilten sprach das Obergericht des Kantons Zürich S. am 29. Oktober 1953 frei. Es ging davon aus, M. habe den Brief anlässlich der Geländebegehung gelesen und damit in diesem Zeitpunkte von den abfälligen Äusserungen des Angeklagten Kenntnis erhalten ![]() | 4 |
C.- M. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Freispruch sei wegen Verletzung des Art. 29 StGB aufzuheben.
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Er macht geltend, in BGE 79 IV 59 habe das Bundesgericht erklärt, es sei normal, dass der Verletzte Klage erhebe, wenn er von den objektiven Tatbestandsmerkmalen Kenntnis habe. Implicite sei damit zum Ausdruck gebracht, dass es letztlich nicht auf die Kenntnis des Sachverhaltes, sondern auf die Zumutbarkeit der Klageerhebung ankomme. Der gleiche Gedanke komme schon in einem Urteil vom 10. April 1896 zum Ausdruck, wo gesagt worden sei, die Verjährung beginne erst mit dem Tage, an welchem der Geschädigte von der Person des Täters derart Kenntnis habe, dass er gerichtlich gegen ihn vorgehen könne; blosser Verdacht, ohne dass der Geschädigte auch in der Lage sei, den Beweis für die Täterschaft zu leisten, genüge nicht (BGE 22 494). Diese Praxis sei in BGE 76 IV 6 bestätigt worden in dem Sinne, dass eine sichere, zuverlässige Kenntnis erforderlich sei, die ein Vorgehen gegen den Täter als aussichtsreich erscheinen lasse und den Antragsberechtigten gleichzeitig davor schütze, wegen falscher Anschuldigung oder übler Nachrede belangt zu werden, d.h. eine Kenntnis, wie sie insbesondere der Besitz von Beweismitteln vermittle. Es bedürfe somit immer einer irgendwie beweisbaren Kenntnis. Diese Kenntnis habe der Beschwerdeführer mit dem Lesen des Briefes anlässlich der Geländebegehung noch nicht erlangt. Im Briefe würden seinen Konstruktionen eine Menge einzelner technischer Mängel vorgeworfen, die er nicht alle im Gedächtnis habe behalten können. Eine Abschrift des Briefes habe er aber beim Abschreiten ![]() | 6 |
Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Davon gibt es keine Ausnahme. Der Beschwerdeführer geht fehl, aus BGE 79 IV 58 abzuleiten, dass die Antragsfrist erst zu laufen beginne, wenn dem Berechtigten die Erhebung der Klage zugemutet werden könne, und dass das nur im Normalfall schon mit der Kenntnis des Täters und des objektiven Tatbestandes zutreffe. Im angerufenen Falle war zu entscheiden, ob der Verletzte nicht nur die objektiven Tatbestandsmerkmale und die Person des Täters, sondern auch schon den subjektiven Tatbestand kennen müsse, damit die Antragsfrist zu laufen beginne.
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Es trifft auch nicht zu, dass das Bundesgericht entschieden hätte, die Antragsfrist laufe erst, wenn der Verletzte seine Anschuldigung beweisen könne. Auf die Kenntnis, nicht auf den Besitz von Beweismitteln kommt es nach dem klaren Wortlaut des Art. 29 StGB an. In BGE 76 IV 6 wurde lediglich entschieden, dass das Kennenmüssen oder ein blosser Verdacht die Frist nicht in Gang setze, sondern dass sichere, zuverlässige Kenntnis nötig sei, die ein Vorgehen gegen den Täter aussichtsreich erscheinen lasse und den Antragsberechtigten gleichzeitig davor schütze, wegen falscher Anschuldigung oder übler Nachrede belangt zu werden, d.h. eine Kenntnis, wie sie insbesondere der Besitz von Beweismitteln vermittle. Das hatte nur den Sinn, dass der Antragsberechtigte namentlich dann sichere Kenntnis habe, wenn er über Beweismittel verfüge, nicht auch, dass der Besitz solcher Mittel Voraussetzung sicherer Kenntnis und damit des Beginns der Antragsfrist sei. In gleichem Sinne lautet BGE 22 494 mit Bezug auf die analoge Frage des Beginns der Verjährung.
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2. Nach der verbindlichen Feststellung des Obergerichts gab Marty dem Beschwerdeführer den Brief des Beschwerdegegners anlässlich der gemeinsamen Geländebegehung zu lesen. In diesem Zeitpunkt erhielt somit der Beschwerdeführer von der Tat und dem Täter sichere Kenntnis und begann die Antragsfrist zu laufen, bestand ![]() | 11 |
Als wahrscheinlichen Zeitpunkt der Geländebegehung und damit des Lesens des Briefes durch den Beschwerdeführer bezeichnet das Obergericht auf Grund einer eingehenden Untersuchung den 2. Oktober 1949. Diese Beweiswürdigung bindet den Kassationshof und wird vom Beschwerdeführer auch nicht anzufechten versucht. Steht somit die gesetzliche Voraussetzung, dass der Beschwerdeführer vom Briefe erst innerhalb der drei Monate vor Einreichung des Strafantrages Kenntnis erhielt, nicht fest, ist gegenteils wahrscheinlich, dass dies schon vorher geschah, so hat das Obergericht dem Strafantrag mit Recht nicht Folge gegeben.
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Ob das Verfahren einzustellen oder der Angeklagte freizusprechen sei, war eine Frage des kantonalen Prozessrechtes, wie schon wiederholt für den analogen Fall der Verjährung entschieden worden ist (BGE 72 IV 47, BGE 78 IV 129).
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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