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Informationen zum Dokument  BGE 81 IV 77  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Das Obergericht führt aus, Strahm könne als 75 j&aum ...
4. Wie in BGE 79 IV 92 ausgeführt wurde, dient die Nachfrist ...
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17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Februar 1955 i.S. Schmid gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
 
 
Regeste
 
Art. 273 Abs. 2 BStP.  
 
Sachverhalt
 
BGE 81 IV, 77 (77)A.- Robert Schmid raste am 20. Dezember 1953 um 00.35 Uhr bei leicht nebligem Wetter am Steuer eines Personenwagens mit 60 bis 65 km/Std. ein wenig links gestaffelt mit 10 bis 15 m Abstand hinter einem von Hans Mäder geführten ungefähr gleich schnell fahrenden Personenwagen von der Hardbrücke in Zürich herab über die Kreuzung mit der Neugasse und der Pfingstweidstrasse in die schlecht beleuchtete etwas mehr als 12 m breite Fahrbahn der Hardstrasse hinein, deren Oberfläche nass und dunkel war. Auf der Höhe der Neugasse ging der annähernd 75 Jahre alte angetrunkene Christian Strahm Richtung Pfingstweidstrasse, also von den beiden Fahrzeugen aus gesehen von rechts nach links, gemächlichen Schrittes, d.h. mit einer Geschwindigkeit von 3,5 bis 4 km/Std., vor dem Wagen des Mäder hindurch in die Fahrbahn der Hardstrasse hinaus. Weil die abgeblendeten Scheinwerfer des Wagens Schmid die Fahrbahn nur auf BGE 81 IV, 77 (78)30 m und in einer Breite von 6 m erhellten und Schmid dem Verkehr nicht die nötige Aufmerksamkeit schenkte, erblickte er Strahm erst, als er ihm auf 1-2 m nahe war. Er fegte ihn mit der rechten Seite des Wagens 3-4 m vom rechten Randstein der Hardstrasse entfernt weg und tötete ihn.
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B.- Am 10. September 1954 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich Schmid der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs schuldig und verurteilte ihn zu acht Monaten Gefängnis.
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C.- Der Anwalt des Verurteilten führte kantonale und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Letztere begründete er am 19. November 1954, wobei er ein Doppel der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde beifügte und es zum integrierenden Bestandteil der eidgenössischen Beschwerde erklärte.
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Die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 29. Dezember 1954 abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden konnte.
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Am 12. Januar 1955 sandte der Präsident des Kassationshofes dem Anwalt des Beschwerdeführers die zur Begründung der eidgenössischen Beschwerde eingereichten Rechtsschriften zurück mit dem Hinweis, dass gemäss Art. 277bis, 273 Abs. 1 lit. b BStP tatsächliche Feststellungen der kantonalen Behörde nicht angefochten werden dürften und auch die Beilegung eines Doppels der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde als integrierenden Bestandteil, deren Inhalt nicht die Darlegung einer Bundesrechtsverletzung sein könne, unzulässig sei. Gemäss Art. 273 Abs. 2 BStP setzte er Frist bis 22. Januar 1955 zur Verbesserung der Beschwerde und drohte dem Beschwerdeführer an, dass bei Nichtbefolgen auf sie nicht eingetreten würde, zumal auch dann, wenn die neue Beschwerdebegründung wiederum unzulässige Ausführungen enthalten sollte. Auf Ansuchen des Anwaltes wurde die Frist in der Folge bis 31. Januar 1955 erstreckt.
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An diesem Tage reichte der Anwalt des Beschwerdeführers eine neue Begründungsschrift ein.
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BGE 81 IV, 77 (79)Der Kassationshof zieht in Erwägung:
 
1. Das Obergericht führt aus, Strahm könne als 75 jähriger angetrunkener Mann nicht anders als gemächlichen Schrittes dahergekommen sein; mehr als einen Meter in der Sekunde, was 3,5-4 km in der Stunde entspreche, dürfte er nicht zurückgelegt haben. Damit lehnt es eine schnellere Gangart Strahms ab, was sich deutlich auch daraus ergibt, dass es in anderem Zusammenhang ausführt, er habe auf jeden Fall 3-4 Sekunden benötigt, um die 3-4 m vom Randstein bis zur Unfallstelle zurückzulegen. Darauf stellt es denn auch in der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes ab. Der Anwalt des Beschwerdeführers geht seinerseits davon aus, wenn er geltend macht, Strahm hätte nach den Ausführungen des Obergerichts 6 Sekunden benötigt, um die Hälfte der Fahrbahn zu überqueren. An anderer Stelle passt ihm jedoch diese Berechnung nicht. Hier versucht er ihr eine andere unterzuschieben, indem er geltend macht, wenn man von einem durchschnittlichen Fussgängertempo von 5 km/Std. ausgehe, habe Strahm 2 1/2 Sekunden benötigt, um die 3, 7 m vom Betreten der Strasse bis zur Stelle des Zusammenstosses zurückzulegen. Wiederum anderswo geht er von einer Zeitspanne von 2 1/2 bis 3 1/2 Sekunden aus, statt auf die vom Obergericht verbindlich ermittelten 3-4 Sekunden abzustellen. Der Anwalt des Beschwerdeführers hat somit die vom Präsidenten des Kassationshofes erteilte Weisung, die Anfechtung tatsächlicher Feststellungen aus der Beschwerde auszuscheiden, insofern nicht befolgt. Schon das allein schliesst gemäss Art. 273 Abs. 2 BStP aus, dass der Kassationshof auf die Beschwerde eintrete.
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BGE 81 IV, 77 (80)Die Beschwerdeschrift vom 31. Januar 1955 enthält auch Anbringen, die unter diesem Gesichtspunkt unzulässig sind. Der Beschwerdeführer hat in die neue Begründung z.B. zahlenmässige Angaben und Berechnungen aufgenommen, die in der zurückgewiesenen Eingabe fehlten. Wollte er im Hinblick auf seine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde sie in der eidgenössischen Beschwerde ursprünglich nicht so vortragen, so berechtigte ihn das nicht, die Nachfrist des Art. 273 Abs. 2 BStP zu benützen, um nach der Abweisung der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde Front zu wechseln. Neu sind unter anderem auch die Rüge der Verletzung der Rechtsgleichheit, die Erörterungen über die westlich der Hardstrasse liegenden Heimgärten und der Standpunkt, es habe kein reger Fahrzeugverkehr geherrscht und deshalb die Geschwindigkeit nicht stark gemässigt zu werden brauchen. Wäre dem Beschwerdeführer im Schreiben des Präsidenten des Kassationshofes angedroht worden, dass auch die unzulässige Ergänzung der Beschwerdebegründung Nichteintreten zur Folge hätte, so wäre auf die Beschwerde auch wegen der neuen Anbringen nicht einzutreten. Denn die Zurückweisung einer Beschwerdeschrift gemäss Art. 273 Abs. 2 BStP würde ihren Zweck der Vereinfachung des Beschwerdeverfahrens verfehlen, wenn der Beschwerdeführer, ohne einen Rechtsnachteil gewärtigen zu müssen, in der "verbesserten" Beschwerdeschrift an Stelle der dem Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP widersprechenden Anbringen solche machen dürfte, die unter einem anderen Gesichtspunkt, nämlich wegen Ablaufs der Frist des Art. 272 Abs. 2 BStP, unzulässig sind.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
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