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18. Urteil des Kassationshofes vom 6. Mai 1955 i. S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Schärer. | |
Regeste |
Art. 31 Abs. 1 StGB. | |
Sachverhalt | |
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Schärer wurde zwecks Verbüssung der Strafe zur Verhaftung ausgeschrieben, festgenommen und dem Polizeikommando des Kantons Zürich zugeführt. Dort wurde ihm am 24. Juni 1954 das Urteil eröffnet. Am gleichen Tage verlangte Schärer die Durchführung des ordentlichen Verfahrens und überreichte eine schriftliche Erklärung des Jolis, wonach dieser den Strafantrag zurückziehe. Am 26. August 1954 hob daher das Bezirksgericht das Urteil vom 14. Januar 1954 auf und schrieb den Prozess als durch Rückzug des Strafantrages erledigt ab.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich rekurrierte an das Obergericht mit dem Antrag, der Beschluss sei aufzuheben und das Bezirksgericht anzuweisen, die Sache durch Urteil zu erledigen. Das Obergericht wies den ![]() | 3 |
B.- Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung zurückzuweisen. Sie macht geltend, der Beschluss verletze Art. 31 Abs. 1 StGB.
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C.- Schärer, dem die Beschwerdeschrift eingeschrieben zur Vernehmlassung zugestellt worden ist, hat die Sendung auf der Post nicht abgeholt und keine Gegenbemerkungen eingereicht.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Urteil im Sinne dieser Bestimmung ist jeder Entscheid der zuständigen Behörde, der verbindlich darüber erkennt, ob der Beschuldigte sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hat, und der gegebenenfalls die Rechtsfolgen bestimmt, die diese Handlung nach sich zieht (BGE 78 IV 151und BGE 81 IV 14).
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"Bleibt ein Angeklagter ohne genügende Entschuldigung aus, oder lässt er sich, wenn das persönliche Erscheinen nicht nötig ist oder erlassen wurde, nicht vertreten, so wird das Urteil auf Grund der Akten gefällt" (§ 195 Abs. 1).
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"Das Gericht kann in diesem Falle den Angeklagten verurteilen oder freisprechen oder auch die Beurteilung der Sache so lange verschieben, bis der Angeklagte sich stellt oder ergriffen wird" (§ 196 Satz 1).
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"Wird ein Angeklagter, der in seiner Abwesenheit verurteilt wurde, ergriffen oder stellt er sich freiwillig, so fällt auf sein Verlangen das Urteil dahin und es wird das ordentliche Verfahren durchgeführt, wenn er das Begehren binnen fünf Tagen von der Übergabe des Urteilsdispositivs an stellt.
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War dem Angeklagten das Erscheinen vor Gericht erlassen (§ 172), so kann er die Wiederaufnahme nicht verlangen" (§ 197).
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Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Verurteilung eines Abwesenden nicht lediglich prozessleitende Verfügung ist, auf die das Gericht nach Belieben zurückkommen könnte. Nur das Wiedereinsetzungsbegehren des Angeklagten (oder die Ergreifung eines ordentlichen Rechtsmittels durch eine Partei gemäss §§ 395 ff. StPO) kann es zu Fall bringen. Es liegt daher ein verbindlicher, wenn auch nicht notwendigerweise endgültiger Entscheid über die Schuld des Angeklagten und deren Rechtsfolgen, also ein Urteil im Sinne des Art. 31 Abs. 1 StGB vor. Dass bis zu seiner Verkündung ein unbestimmte Zeit dauernder "Schwebezustand" besteht, weil erst sie die fünftägige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsbegehrens in Gang bringt, ändert nichts; denn die Behörde bleibt während dieses Zustandes nichtsdestoweniger an ihren Entscheid gebunden. Übrigens bleiben auch andere Urteile "in der Schwebe", wenn Ausfällung und Verkündung nicht zeitlich zusammenfallen. Dass dieser Zustand ![]() | 14 |
Der Rückzug des Strafantrages war daher nicht mehr zulässig, nachdem das Urteil vom 14. Januar 1954 dem Beschwerdegegner am 24. Juni 1954 verkündet war. Ob nicht schon die Verkündung an die Staatsanwaltschaft den Rückzug ausgeschlossen hätte, kann dahingestellt bleiben.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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