BGE 81 IV 178 | |||
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40. Urteil des Kassationshofes vom 17. Juni 1955 i. S. Bruhin gegen Polizeiriehteramt der Stadt Zürich. | |
Regeste |
Art. 49 Abs. 1, 61 Abs. 6 MFV. | |
Sachverhalt | |
A.- Alois Bruhin stellte am Nachmittag des 7. Juli 1954 am Limmatquai in Zürich bei der Einmündung der Schoffelgasse einen Lieferungswagen neben einem am Rande der Fahrbahn stehenden Motorrad so auf, dass er vom Fussgängersteig mindestens 1 m und von der nächsten Schiene des Tramgeleises nur 80 cm entfernt war. Der Einzelrichter des Bezirksgerichtes Zürich verurteilte ihn daher am 18. März 1955 wegen Übertretung der Art. 49 und 61 Abs. 6 MFV zu einer Busse von Fr. 7.-.
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B.- Bruhin führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und er sei freizusprechen. Er macht geltend, er habe den Wagen nur für wenige Augenblicke am beanstandeten Orte parkiert. Er habe ein etliche Kilogramm schweres Paket in die Schoffelgasse liefern müssen. Der Wagen und das Motorrad zusammen hätten nicht mehr Platz beansprucht als ein grosser Gesellschaftswagen, wenn ein solcher neben dem Fussgängersteig aufgestellt worden wäre. Der Betrieb der Strassenbahn sei durch den Lieferungswagen in keiner Weise gehemmt oder gefährdet worden. Würden die Behörden hier nur das Anhalten zum Güterumschlag gestatten, so würde denen, die dort zu tun hätten, nicht stundenlang der Platz durch andere Wagen versperrt. Der Beschwerdeführer wisse nicht, wie er seine Aufgabe sollte erfüllen können, wenn er bei jedem Halt zuerst in der nähern oder weiteren Umgebung einen Parkplatz suchen müsste, um dann die schweren Pakete in die Geschäfte zu tragen. Art. 49 Abs. 1 MFV verlange nicht, dass die Räder den Randstein berühren müssten. Wenn er aus irgend einem anderen Grunde als wegen des Motorrades nicht unmittelbar am Rande hätte anhalten können, z.B. weil dort Steine gelegen hätten, so hätte ihm auch kein Vorwurf gemacht werden können. Auch Art. 61 Abs. 6 MFV habe er nicht übertreten. Der vorgeschriebene Abstand von mindestens 1 m vom Tramgeleise sei nur ein ungefähres Mass. Auf einem grossen Teil der Seefeldstrasse in Zürich sei es gar nicht möglich, die Wagen mindestens 1 m vom Geleise entfernt aufzustellen, so wenig wie am Limmatquai. Trotzdem müsse der Beschwerdeführer an solchen Orten fast täglich parkieren. Art. 61 Abs. 6 MFV bezwecke, den ungehinderten Verkehr der Strassenbahn sicherzustellen. Der Kastenwagen des Beschwerdeführers habe ihn in keiner Weise behindert.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Es kommt auch nichts darauf an, dass breitere Fahrzeuge unter Umständen gleichviel Raum einnehmen wie ein in unzulässiger Entfernung vom Strassenrand aufgestelltes schmäleres Fahrzeug. Jeder hat so zu parkieren, dass sein Fahrzeug gegen die Mitte der Fahrbahn hin einen möglichst breiten Raum für den Verkehr freilässt. Ein Vorrecht für die Führer breiter Wagen entsteht dadurch nicht. Übrigens können sie unter Umständen wegen des Gebots des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 MFV ein Fahrzeug an einer Stelle nicht parkieren, wo das Aufstellen eines schmäleren Fahrzeuges noch zulässig ist. Der Beschwerdeführer geht sodann fehl, wenn er glaubt, er hätte an der beanstandeten Stelle auch anhalten dürfen, wenn statt eines Motorrades ein anderes Hindernis ihm das Heranfahren an den Strassenrand verunmöglicht hätte. Ebensowenig hilft sein Standpunkt, das Anhalten sollte am Limmatquai und anderswo nur zum Güterumschlag gestattet werden. Ein Recht, von Art. 49 Abs. 1 Satz 1 MFV abzuweichen, gab ihm diese Auffassung nicht.
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2. Art. 61 Abs. 6 MFV bestimmt: "Werden Motorfahrzeuge neben dem Strassenbahngeleise aufgestellt, so ist von der nächsten Schiene aus gemessen ein Raum von mindestens 1 m freizulassen." Das Wort "mindestens" hat nicht den Sinn von "ungefähr", so dass je nach Umständen ein Zwischenraum von 80 cm genügen würde. Die Verordnung will dem Führer der Strassenbahn die Sicherheit geben, dass unter keinen Umständen ein Motorfahrzeug näher als ein Meter an die Schiene heranreiche. Jeder Spielraum nach unten würde den Strassenbahnführer nötigen, die Fahrt seines Zuges zu verlangsamen, um abzutasten, ob dieser das Motorfahrzeug nicht berühre. Zudem kann der Motorfahrzeugführer nicht genau wissen, wie weit die Strassenbahn über die Schienen hinausreicht. Den Zwischenraum in sein Ermessen zu stellen, hiesse die Gefahr von Zusammenstössen schaffen. Es mag richtig sein, dass an gewissen Stellen das Anhalten mit Zwischenräumen von unter einem Meter möglich wäre, wo es durch die Bestimmung des Art. 61 Abs. 6 MFV verunmöglicht wird. Das berechtigte jedoch den Beschwerdeführer nicht, sich über die Verordnung hinwegzusetzen.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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