![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
43. Urteil des Kassationshofes vom 17. Juni 1955 i. S. Statthalteramt Zürich gegen Hodel. | |
Regeste |
1. Art. 1 Abs. 1 AO. Ankündigung vorübergehender besonderer, vom Verkäufer sonst nicht gewährter Vergünstigungen (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
"Interessantes Angebot! Möbel- und Dekorationsstoffe. Zirka 25 000 Meter schöne, moderne Stoffe: (folgt Aufzählung).
| 2 |
Auch interessant für Wiederverkäufer sowie für Polster- und Tapeziergeschäfte.
| 3 |
Preise von Fr. 2.- bis 29.-.
| 4 |
Freie Besichtigung und Verkauf ab Mittwoch, den 24. März 1954, täglich geöffnet von 9-17 Uhr im Foyer des Hotels Limmathaus, Limmatstrasse 118 ...
| 5 |
Fritz Hodel (Privat-Adresse: Steinwiesstrasse 32, Zürich 7). Telephon 34 19 73."
| 6 |
Der Verkauf dauerte knapp vierzehn Tage.
| 7 |
B.- Am 15. April 1954 verfällte das Statthalteramt Zürich Hodel in eine Busse von Fr. 300.--, weil er Art. 20 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 und Art. 4 der Verordnung vom 16. April 1947 über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen (AO) übertreten habe.
| 8 |
Auf das Begehren Hodels um gerichtliche Beurteilung sprach der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich den Beschuldigten frei.
| 9 |
Entgegen dem Antrage des appellierenden Statthalteramtes bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 18. Oktober 1954 den Freispruch. Zur Begründung führte es aus: Die Inserate hätten nicht den Eindruck erweckt, dass Hodel im Verhältnis zu den von ihm sonst verlangten ![]() | 10 |
C.- Das Statthalteramt Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
| 11 |
D.- Hodel beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde sei abzuweisen.
| 12 |
Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
13 | |
Unter Verkaufsveranstaltungen versteht diese Bestimmung die in Art. 1 Abs. 1 AO als "Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen" bezeichneten. Sie sind daselbst ![]() | 14 |
15 | |
Diese Frage lässt sich entgegen der Auffassung des Obergerichtes nicht deshalb verneinen, weil aus den Inseraten geschlossen werden kann, der Beschwerdegegner treibe in der Regel nicht mit Waren der angekündeten Art Handel. Die Ausverkaufsordnung sagt nicht, sie gelte nur für Leute, die in der Regel mit Waren der angekündeten Art Handel treiben. Vor allem entgeht ihr nicht, wer inskünftig mit solchen Waren "in der Regel" oder sogar überhaupt nicht mehr handeln will. Das ergibt sich deutlich aus Art. 2 Abs. 1 lit. a und b AO, wonach insbesondere gerade der unter die Verordnung fällt, der den Verkauf durchführt, weil er sein Geschäft oder einzelne Warengattungen oder Verkaufsabteilungen aufgeben will. Der Verordnung entgeht aber auch nicht, wer bisher noch nie oder nur gelegentlich Waren der angekündeten Art verkauft hat. Gegenteiliges lässt sich nicht daraus schliessen, dass Art. 1 Abs. 1 die Ankündigung besonderer, vom Verkäufer sonst nicht gewährter Vergünstigungen voraussetzt. Damit sind die Vergünstigungen gemeint, die in Zukunft vom Verkäufer nicht mehr eingeräumt werden, sei es, weil er alsdann überhaupt Waren der betreffenden Art nicht mehr verkaufen ![]() | 16 |
Der Beschwerdegegner hat diese Schranken erlaubter Reklame überschritten. Aus der Beschränkung des Angebotes auf "zirka 25 000 Meter" in Verbindung mit der Angabe, dass der Verkauf ab einem bestimmten Tage in der Vorhalle eines bestimmten Hotels stattfinde und der Verkäufer anderswo unter seiner Privatadresse zu erreichen sei, musste der Leser schliessen, dass ein bestimmter Posten Ware liquidiert werde und nachher solche Ware beim Beschwerdegegner nicht mehr zu erhalten sei. Die Inserate betrafen somit, für den Leser erkennbar, eine vorübergehende Kaufsgelegenheit (vgl.BGE 78 IV 124). Sie begnügten sich auch nicht damit, die Verkaufsbedingungen bekanntzugeben, sondern wiesen darauf hin, dass diese besonders günstig seien. Das ergibt sich aus der Ankündigung als "interessantes" Angebot, das auch für Wiederverkäufer ![]() | 17 |
18 | |
Dem Beschwerdegegner kommt auch nicht Rechtsirrtum im Sinne des Art. 20 StGB zugute. Diese Bestimmung ist nicht schon anwendbar, wenn der Täter Gründe hatte, die Tat nicht für strafbar zu halten, sondern nur dann, wenn sie die Annahme, er tue überhaupt kein Unrecht, zu entschuldigen vermögen (BGE 78 IV 181mit Zitaten). Das Gefühl, kein Unrecht zu tun, fehlte indessen dem Beschwerdegegner, hat er doch am 8. Mai 1954 vor dem Statthalteramt ausgesagt, er habe sich weder bei dieser Behörde noch bei der Kantonspolizei über die Zulässigkeit der Veranstaltung erkundigt, weil er nach seinen Erfahrungen doch die Antwort erhalten hätte, sie dürfe nicht stattfinden. Da er die Erkundigung unterlassen hat, könnte übrigens auch nicht gesagt werden, der behauptete Irrtum habe auf zureichenden Gründen beruht.
| 19 |
20 | |
21 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |