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55. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Dezember 1955 i.S. Bundesanwaltschaft gegen Welti. | |
Regeste |
Art. 4, 42 Vo. vom 30. Dezember 1953 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts. | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 1. Juni 1955 büsste das Statthalteramt Horgen Fanny Welti in Anwendung der Art. 4 Abs. 1 und 2, 42 und 48 der Verordnung über die Mietzinskontrolle mit Fr. 40.-. Es warf ihr vor, sie habe ihren Mietern "das Normalquantum verbrauchten Wassers pro Jahr, d.h. 816 m3 zu dem inzwischen durch die Gemeinde Horgen von 25 auf 38 Rappen pro m3 erhöhten Preis verrechnet, wiewohl für dieses Wasserquantum der Teurungszuschlag von der Vermieterin zu tragen ist, es sei denn die Erhöhung wäre von der zuständigen Behörde ausdrücklich bewilligt worden, was jedoch im vorwürfigen Falle nicht zutrifft". Fanny Welti verlangte gerichtliche Beurteilung.
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Am 23. Juni 1955 sprach der Einzelrichter des Bezirksgerichts Horgen sie frei. Er führte aus, ob die Erhöhung des Wasserzinses durch die Gemeinde zu einer Erhöhung ![]() | 3 |
C.- Der Bundesanwalt führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung zurückzuweisen.
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Er macht geltend, unter den Begriff des Preises, der nicht ohne Bewilligung erhöht werden dürfe, falle selbstverständlich nicht nur der Mietzins, hinsichtlich dessen ein Konsens zustandegekommen sei, sondern auch der bloss geforderte Preis. Die Mietzinskontrolle wolle die Mieter bereits vor unangemessenen Mietzinszumutungen schützen. Massgebend sei dabei die Überlegung, dass Mieter und Mietinteressenten in Zeiten der Wohnungsnot die wirtschaftlich schwächere Partei bildeten und man von ![]() | 5 |
D.- Fanny Welti beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Sie macht im wesentlichen geltend, in Zürich und Umgebung sei es seit langem Brauch, dass für den Mehrwasserzins der Mieter anteilsmässig aufzukommen habe. Auf Grund der entsprechenden Bestimmung der Mietvertragsformulare habe sie sich ohne grosse Überlegungen preiskontrollrechtlicher Natur für berechtigt gehalten, auf die Mieter abzuwälzen, was die Gemeinde von ihr als Wasserzins verlange. Die Stellungnahme des Bundesanwalts sei berechtigt, wenn ein Vermieter sich einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil verschaffen wolle, führe aber hier zu einem unbilligen Ergebnis.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
1. Der Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle erklärt in Art. 2 "Erhöhungen der am 31. Dezember 1953 geltenden Mietzinse bewilligungspflichtig", setzt in Art. 15 auf die vorsätzliche oder fahrlässige Übertretung des Beschlusses ![]() | 7 |
Diesen Bestimmungen nachkommend, hat der Bundesrat in der Verordnung vom 30. Dezember 1953 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts untersagt, "die Mietzinse ohne Bewilligung der von den Kantonsregierungen bezeichneten Amtsstellen oder der Rekursinstanz über den am 31. Dezember 1953 höchstzulässigen Stand zu erhöhen" (Art. 4 Abs. 1). Anschliessend daran untersagt die Verordnung "auch alle indirekten Mietzinserhöhungen, die sich wirtschaftlich gegenüber dem Mieter als Erhöhung auswirken; also z.B.: Erhöhung des Entgeltes für Nebenleistungen, wie Wasserzins, allgemeine Beleuchtung usw.; besondere Verrechnung von Nebenleistungen, die bisher im Mietzins inbegriffen waren; Wegnahme eines Zimmers oder einer Mansarde usw." (Art. 4 Abs. 2). Für die vorsätzliche oder fahrlässige Übertretung dieser Bestimmungen droht die Verordnung Busse bis zu zweitausend Franken an (Art. 42 Abs. 1). Handelt der Täter aus Gewinnsucht, so ist der Richter an diesen Höchstbetrag nicht gebunden (Art. 42 Abs. 2).
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2. Die Beschwerdegegnerin bestreitet nicht, dass sie sich zur Lieferung der normalerweise verbrauchten 816 m3 Wasser verpflichtet hatte und die Vergütung dafür im Mietzins inbegriffen war. Unbestritten ist auch, dass dieser am 31. Dezember 1953 und schon vorher den höchstzulässigen Stand erreichte. Wenn die Mieter die durch die Wasserzinserhöhung der Gemeinde Horgen verursachten Mehrkosten der erwähnten 816 m3 Wasser durch eine besondere Vergütung übernommen hätten, hätte daher im Sinne des Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 30. Dezember 1953 der Mietzins "indirekt" den zulässigen Stand überschritten. Ob die Mieter sich das vertraglich hätten gefallen lassen müssen, wie die Beschwerdegegnerin gegenüber der Justizdirektion geltend gemacht hat, aber heute nicht mehr einwendet, kann dahingestellt ![]() | 9 |
3. Schon die gestützt auf Bundesratsbeschluss vom 1. September 1939 erlassene Verfügung Nr. 1 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 2. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung untersagte unter anderem, die Mietzinse (über den Stand vom 31. August 1939) ohne Genehmigung zu "erhöhen". Die kriegswirtschaftlichen Strafgerichte haben diese Bestimmung stets dahin ausgelegt, dass eine Erhöhung schon dann vorliege, wenn der Vermieter einen höheren Mietzins fordert, es also nicht des tatsächlichen Bezuges oder auch nur der Einwilligung des Mieters bedürfe, den geforderten Betrag zu bezahlen (EKSt 3 24; vgl. auch 2 7, 95, 125, 154). An dieser Rechtslage haben der Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 und die Verordnung vom 30. Dezember 1953 nichts geändert. Das ergibt sich insbesondere aus der Botschaft des Bundesrates vom 3. Februar 1953 an die Bundesversammlung über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle, wo ausgeführt wird, eine Mietzinserhöhung im preiskontrollrechtlichen Sinne (Art. 1 Abs. 2) sei jede gegenüber einem Mieter oder Mietreflektanten in irgendeiner Form zum Ausdruck gebrachte Aufforderung zur Vereinbarung oder Bezahlung eines höheren Mietzinses (BBl 1953 I 295). Mit dieser Auslegung, die von der Beschwerdegegnerin nicht beanstandet wird, stimmt überein, dass Art. 4 Abs. 2 der Verordnung unter anderem auch die "besondere Verrechnung von Nebenleistungen, die bisher im Mietzins inbegriffen waren", untersagt. "Verrechnung" bedeutet hier Rechnungstellung (mise en compte). Dass der Mieter sich ihr unterziehe, wird nicht vorausgesetzt. Vom gleichen Geist beseelt ist Art. 14 der Verordnung, der bestimmt, für Objekte, die am 31. August 1939 nicht oder in anderer Zusammensetzung vermietet waren und ![]() | 10 |
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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