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57. Entscheid der Anklagekammer vom 16. September 1955 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Juge d'instruction du canton de Vaud. | |
Regeste |
Art. 346 Abs. 1 StGB. | |
Sachverhalt | |
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B.- Der Generalprokurator des Kantons Bern und der Untersuchungsrichter des Kantons Waadt streiten um den Gerichtsstand.
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Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt der Anklagekammer des Bundesgerichts mit Eingabe vom 16. August 1955, die Behörden des Kantons Waadt seien zuständig zu erklären, weil der Wohnsitz der unterhaltsberechtigten Kinder sich in diesem Kanton befinde.
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Der Untersuchungsrichter des Kantons Waadt hält die bernischen Behörden für zuständig, weil Wenger sich verpflichtet habe, an die Fürsorgedirektion des Kantons Bern zu bezahlen, Bern also Erfüllungsort sei.
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Die Anklagekammer zieht in Erwägung: | |
Nach der Rechtsprechung der Anklagekammer ist die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten am Orte zu verfolgen, wo der Pflichtige sie zu erfüllen hat (BGE 69 IV 126).
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Ist die Pflicht zum Unterhalt eines Kindes durch Leistung von Geld zu erfüllen, weil es den Eltern durch die Vormundschaftsbehörde wegen Gefährdung seines leiblichen oder geistigen Wohles oder wegen Verwahrlosung weggenommen wurde (Art. 284 Abs. 1 ZGB), so befindet sich der Erfüllungsort nicht am Wohnsitz des Kindes, der, ![]() | 6 |
Hier befindet sich also der Gerichtsstand zur Verfolgung des nachlässigen Unterhaltspflichtigen. Es besteht kein Grund, ihn in Abweichung von der erwähnten Rechtsprechung in solchen Fällen nicht mit dem Erfüllungsort zusammenfallen zu lassen. Wenn das Gemeinwesen in den Anspruch des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist, entfällt zwar die in BGE 69 IV 131 mit verwendete Überlegung, dieser habe als der wirtschaftlich und auch sonst schwächere Teil Rücksichtnahme nötig. Allein die übrigen Gründe, die für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes in die Waagschale geworfen worden sind, haben auch hier Gewicht. Häufiger Wechsel der Wohnung oder Abwesenheit des Unterhaltspflichtigen an unbekanntem Orte könnten auch hier einer wirksamen Strafverfolgung im Wege stehen, wenn sie an seinem Wohnorte stattfinden müsste. Ist auch das Gemeinwesen eher als der Unterhaltsberechtigte in der Lage, nach dem Aufenthalt des ![]() | 7 |
Wenger ist daher weder im Kanton Waadt, wo er wohnt, noch etwa in Basel, wo eines seiner Kinder versorgt ist, sondern im Kanton Bern zu verfolgen und zu beurteilen, da dieser in den Unterhaltsanspruch eingetreten ist.
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Demnach erkennt die Anklagekammer:
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