![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. Januar 1957 i.S. Rufener gegen Generalprokurator des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art.222Abs. 1StGB. |
a) zum Schaden eines andern (Pächter, Versicherer) (Erw. 2 und 3) oder |
b) unter Herbeiführung einer Gemeingefahr (Erw. 4) verursacht? | |
Sachverhalt | |
1 | |
Am 26. Oktober 1955 wurden auf Badgut die Kamine gerusst. Die damit beschäftigten Kaminfeger Glanzmann und Leuenberger warfen den anfallenden Russ und die Asche in einen aus Holzbrettern errichteten und mit Blech ausgeschlagenen Behälter, der an die innere Ostwand des 12 auf 20 m messenden, auf der Südseite offenen Wagenschopfes angelehnt war. Dabei bemerkten sie, dass der Russ glimmte und die Asche rauchte. Dasselbe stellte Paul Rufener fest, der am Nachmittag des 26. Oktober 1955 zufällig in Badgut auf Besuch weilte. Er schlug vor, die Asche mit Wasser zu übergiessen. Glanzmann fand jedoch, es genüge, den Aschenhaufen mit einem Blech ![]() | 2 |
In der Nacht des 27./28. Oktober 1955 brach im Wagenschopf des Badgutes ein Brand aus, der von der Feuerwehr von Langenthal gelöscht werden konnte. Der Brandherd wurde im Bereich des Aschenbehälters festgestellt und als Brandursache das Ablegen der nicht erkalteten Asche ermittelt. Der entstandene Schaden belief sich auf über Fr. 10'000.--. Er wurde von der Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern gedeckt.
| 3 |
B.- Am 3. Juli 1956 sprach die II. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Bern Paul Rufener der fahrrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 60.-.
| 4 |
C.- Rufener führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
| 5 |
D.- Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde.
| 6 |
Des Kassationshof zieht in Erwägung: | |
7 | |
Unbestritten ist, dass der dem Beschwerdeführer gehörende Wagenschopf des in Langenthal gelegenen Badgutes in der Nacht des 27./28. Oktober 1955 Gegenstand einer Feuersbrunst im Sinne der genannten Bestimmung war. Zur Entscheidung steht daher einzig, ob durch den Brand ein anderer geschädigt oder eine Gemeingefahr herbeigeführt wurde.
| 8 |
![]() ![]() | 9 |
10 | |
Durch die Zerstörung oder Beschädigung des versicherten Gegenstandes wird der Versicherer in seinen Rechten nicht unmittelbar berührt. Erleidet er mit Eintritt des Schadensfalles eine Vermögenseinbusse, so lediglich infolge einer ihm obliegenden Entschädigungspflicht. Dass ein solcher Nachteil als Schaden im Sinne des Art. 222 StGB zu gelten habe, sagt das Gesetz nicht. Auch wird in der angeführten Literatur nicht näher begründet, warum dem so sein sollte. Zwar berufen sich HAFTER und THORMANN/v. OVERBECK auf die Gesetzesmaterialien, indem sie das Votum des Berichterstatters der ständerätlichen Kommission heranziehen, der es für selbstverständlich erachtete, dass als "anderer" auch eine Versicherungsgesellschaft in ![]() | 11 |
Im Versicherungsvertrag verspricht der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegen Entgelt für den Fall der Zerstörung, Verletzung oder Schädigung eines Gegenstandes durch ein ungewisses, zukünftiges Ereignis eine in Geld bestimmbare Leistung. Tritt der Schadensfall ein und bezahlt der Versicherer die Versicherungssumme, liegt darin nichts anderes als die Erfüllung einer Vertragspflicht. Das gilt ohne Unterschied auch dann, wenn der Versicherungsnehmer den Eintritt des Schadensereignisses schuldhaft herbeiführt und der Versicherer für solche Fälle die Schadensdeckung übernommen hat. Erleidet dieser dabei eine Vermögenseinbusse, kann er sich - betrügerische Schadensstiftung vorbehalten - nicht darauf berufen, durch den Versicherungsnehmer geschädigt worden zu sein. Nicht anderes verhält es sich, wenn der Versicherer kraft kantonalen Gesetzes zum Abschluss des Versicherungsvertrages verpflichtet ist.
| 12 |
Steht aber zivilrechtlich ein Schaden gar nicht in Frage, geht es nicht an, die beim Versicherer infolge Erfüllung einer vertraglichen Leistungspflicht entstandene Vermögensverminderung dem Versicherungsnehmer als Schaden nach Art. 222 StGB zur Last zu legen. Einer solchen Ordnung entspräche nicht nur kein schutzwürdiges Interesse, sondern sie müsste auch zu unhaltbaren Ergebnissen führen.
| 13 |
![]() | 14 |
15 | |
Wie die herrschende Lehre annimmt, muss die Gemeingefahr im Sinne des Art. 222 StGB eine konkrete sein (HAFTER, a.a.O., S. 492; THORMANN/v. OVERBECK, a.a.O., Vorbemerkung 1 zu Art. 221-230; LOGoz, a.a.O., Vorbemerkung 2 zu Art. 221-230; SCHWANDER, a.a.O., Nr. 666 Ziff. 5). Dem ist beizupflichten. Würde eine bloss abstrakte Gefährdung genügen, wäre nicht einzusehen, warum der Gesetzgeber in Art. 222 StGB, der unter dem Titel der "Gemeingefährlichen Verbrechen und Vergehen" eingereiht ist, noch ausdrücklich auf die "Herbeiführung der Gemeingefahr" hätte hinweisen müssen.
| 16 |
Die Vorinstanz hat die Frage nach der Gemeingefahr bejaht, weil der ganze Schopf in Flammen gestanden sei und das Gebäude sich in nächster Nähe der Scheune befinde. Angesichts des Umstandes, dass Schopf und Scheune Eigentum des Beschwerdeführers waren, genügt die nahe Möglichkeit einer Übertragung des Feuers vom einen auf das andere Gebäude nicht, um eine Gemeingefahr anzunehmen. Anders wäre es nur, wenn ein Übergreifen des Brandes vom Schopf auf die Scheune zugleich eine konkrete Gefährdung des von Max Rufener und seiner ![]() | 17 |
Ob die von gewissen Autoren vertretene Auffassung, wonach eine Gemeingefahr immer dann anzunehmen sei, wenn die Feuerwehr eingreife (vgl. HAFTER, a.a.O., S. 500), dem Sinn des Gesetzes entspricht, erscheint zweifelhaft. Ist doch nicht zu verkennen, dass die Feuerwehrleute in solchen Fällen nicht unverhofft einer Gefahr ausgesetzt werden, sondern die mit dem Löschen von Bränden verbundenen Risiken als Folge ihrer Dienst- oder Berufspflicht auf sich nehmen. Indessen kann die Frage offen bleiben, weil so oder anders nach Art. 222 StGB eine konkrete Gefährdung gegeben sein müsste und dem angefochtenen Urteil hierüber nichts zu entnehmen ist.
| 18 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |