BGE 83 IV 32 | |||
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7. Urteil des Kassationshofes vom 22. März 1957 i.S. Leibundgut gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern. | |
Regeste |
Art.25Abs. 1 MFG. | |
Sachverhalt | |
A.- Max Leibundgut fuhr am Vormittag des 18. Oktober 1956 mit einem linksgesteuerten Personenwagen durch die Baselstrasse in Luzern stadteinwärts. In der Nähe der Post stellte er den Wagen auf dem als Parkplatz bestimmten rechten Trottoir längs der Strasse ab. Als er später wieder in die Strasse einschwenkte, um die Fahrt in der ursprünglichen Richtung fortzusetzen, näherte sich ihm von hinten ein von Frieda Zwald geführter "Chevrolet". Dieser streifte den schräg in die Strasse hineinragenden Wagen Leibundguts an dessen vorderm linken Kotflügel, geriet wegen übermässig abgenützter Pneus auf dem nassen Asphaltbelag ins Schleudern und prallte gegen ein weiter vorn parkiertes Auto. An den drei Fahrzeugen entstand Sachschaden.
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B.- Frau Zwald erklärte Annahme der vom Statthalteramt Luzern-Stadt wegen Fahrens mit ungenügenden Pneus beantragten Busse von Fr. 30.-, wogegen Leibundgut gerichtliche Beurteilung verlangte.
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Am 8. Februar 1957 verurteilte ihn das Amtsgericht Luzern-Stadt wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs (Art. 237 Ziff. 2 StGB) zu einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 40.-. Es warf ihm vor, er habe den herannahenden Wagen der Frau Zwald zu spät wahrgenommen und es daher an der erforderlichen Aufmerksamkeit fehlen lassen.
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C.- Leibundgut beantragt mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an das Amtsgericht zurückzuweisen. Er bestreitet jedes Verschulden und schreibt den Zusammenstoss ausschliesslich den von Frau Zwald begangenen Fehlern zu.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
1. Wer ein am Strassenrand angehaltenes oder parkiertes Motorfahrzeug wieder in den Verkehr einschalten will, darf es erst tun, wenn er sich gewissenhaft überzeugt hat, dass die Strasse dazu frei ist. Art. 25 Abs. 1 MFG verlangt, dass er auf den fliessenden Verkehr auf der Fahrbahn Rücksicht nehme und die zweckentsprechenden Vorsichtsmassnahmen treffe, damit herannahende Fahrzeuge nicht behindert oder gefährdet werden. Der Fahrzeugführer genügt dieser Pflicht nicht immer dadurch, dass er vor dem Anfahren einen Blick nach hinten wirft und den Richtungsanzeiger stellt. Er muss in Rechnung stellen, dass namentlich auf Strassen, die grosse Geschwindigkeiten zulassen oder eine grosse Verkehrsdichte aufweisen, die Verkehrssituation sehr rasch ändern kann. Das bedingt, dass dort, wo es die örtlichen Verhältnisse erfordern, und immer dann, wenn die Ausfahrt aus der Parkstellung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, das rückwärts liegende Strassenstück nicht bloss unmittelbar vor dem Anfahren, sondern auch während des Ausbiegens in die Fahrbahn mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt beobachtet wird. Wo die Sicht vom Führersitz des abgestellten Fahrzeugs nach hinten ungenügend ist, obliegt dem Führer ausserdem die Pflicht, sich mit grösster Vorsicht in die Fahrbahn hineinzutasten, bis er durch den Rückblickspiegel oder das allenfalls geöffnete Seitenfenster sich vergewissern kann, ob er auf sie hinausfahren darf.
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Umsomehr sind diese Sorgfaltspflichten zu beachten, wenn ein neben der Strasse, auf dem Trottoir oder einem angrenzenden Platz parkiertes Motorfahrzeug in den Verkehr eingeschaltet werden soll. Wie der Kassationshof wiederholt festgestellt hat, ist es in erster Linie Sache desjenigen, der in die Strasse hinausfahren will, die zu seinem Schutz notwendige Vorsicht walten zu lassen, sich vor allem gehörig umzusehen; der auf der Strasse Fahrende muss sich darauf verlassen können (BGE 64 I 353, BGE 80 IV 132, Urteil des Kassationshofes vom 23.9.1955 i.S. Kyburz).
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Ob auch Frau Zwald ein Verschulden am Unfall trifft, ist unerheblich. Wäre diese Frage zu bejahen, so würde damit die Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers nicht beseitigt und dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht aufgehoben; im Strafpunkt gibt es keine Schuldkompensation. Insbesondere vermag die Berufung auf die angeblich übersetzte Geschwindigkeit des "Chevrolet" den Beschwerdeführer nicht zu entlasten. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Führer eines Motorfahrzeuges diejenige Geschwindigkeit in Rechnung stellen, die ein anderes tatsächlich hat, nicht diejenige, die dieses haben sollte. Ebensowenig hilft dem Beschwerdeführer, dass die Reifen des "Chevrolet" abgenützt waren. Er durfte sich nicht darauf verlassen, ein herannahendes Fahrzeug werde noch rechtzeitig bremsen oder ausweichen können, sondern er war im Gegenteil verpflichtet, keine gefährliche Lage zu schaffen, die ein anderes Fahrzeug zum Bremsen zwang, wenn es einen Zusammenstoss verhindern wollte.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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