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Informationen zum Dokument  BGE 83 IV 85  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Des Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, der nach links gestel ...
2. Der vorliegende Fall spielte sich zur Nachtzeit mit eingeschal ...
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24. Urteil des Kassationshofes vom 5. Juni 1957 i.S. von Arx gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
 
 
Regeste
 
Art.25Abs. 1 MFG.  
 
Sachverhalt
 
BGE 83 IV, 85 (85)A.- Am 20. Dezember 1955, gegen 17.40 Uhr, führte Kuhn einen Morris-Lastwagen auf der 7 m breiten Überlandstrasse von Wohlen Richtung Lenzburg und wollte auf offener Strecke nach links in die 4 m breite, rechtwinklig einmündende Strasse nach Villmergen abbiegen.
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BGE 83 IV, 85 (86)Er stellte 200-300 m vor der Einmündung den linken Richtungsanzeiger, verlangsamte die Geschwindigkeit auf 10-15 km/Std und bog mit abgeblendeten Scheinwerfern nach links ab, in der Annahme, er werde vor dem Eintreffen eines Wagens, den er entgegenkommen sah, die Strasse überquert haben. Als der Vorderteil des Lastwagens die Nebenstrasse erreicht hatte, stiess der von Lenzburg kommende "Mercedes"-Personenwagen mit dem hintern rechten Teil der Ladebrücke des Lastwagens zusammen. Der Führer des Personenwagens, Urs von Arx, der nach seinen Angaben mit einer Geschwindigkeit von 70-80 km/Std gefahren war, hatte aus dem langsamen Tempo des Lastwagens geschlossen, dieser lasse ihn durchfahren. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt.
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B.- Das Bezirksgericht Bremgarten verurteilte Kuhn wegen Widerhandlung gegen Art. 47 MFV zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 40.-, von Arx wegen Verletzung von Art. 25 Abs. 1 MFG zu einer solchen von Fr. 30.-.
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Die Beschwerde des von Arx wurde vom Obergericht des Kantons Aargau am 29. März 1957 abgewiesen, mit folgender Begründung: Der Führer, der vor dem Linksabbiegen Entfernung und Geschwindigkeit eines entgegenkommenden Fahrzeugs schätzen müsse, laufe Gefahr, einem Irrtum zu unterliegen, namentlich nachts. Damit müsse der Führer des entgegenkommenden, vortrittsberechtigten Fahrzeugs rechnen. Wenn er aus dem Richtungsanzeiger des andern ersehe, dass dieser seine Fahrbahn kreuzen wolle, müsse er sich auf eine mögliche Verkehrsstörung einrichten und dementsprechend seine Geschwindigkeit anpassen, es sei denn, der andere verzichte auf die Verwirklichung seiner Absicht oder die Entfernung sei so gross, dass das Moment der Gleichzeitigkeit fehle. Wo eine sichere Beurteilung der Situation nicht möglich sei, habe der Vortrittsberechtigte damit zu rechnen, dass der andere die Verkehrslage aus einem entschuldbaren oder nicht entschuldbaren Grund falsch beurteile.
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BGE 83 IV, 85 (87)C.- Von Arx führt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, er sei freizusprechen.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Des Kassationshof zieht in Erwägung:
 
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Diese Betrachtungsweise, die sich an die Erwägungen des Bundesgerichts in einem ähnlichen Fall (BGE 81 II 388) anlehnt, entspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach der gemäss Art. 27 MFG bzw. Art. 47 MFV Vortrittsberechtigte sein Recht dann nicht ausüben darf und seinerseits die zur Verhütung eines Unfalls geeigneten Massnahmen zu ergreifen hat, wenn er sieht oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit sehen könnte, dass ihm ein anderer den Vortritt nicht lassen kann oder nicht will (BGE 65 I 56,BGE 66 I 119,BGE 68 II 127,BGE 71 IV 100,BGE 77 IV 221,BGE 79 II 216, BGE 81 IV 138 Erw. 1). Dass der Beschwerdeführer die Missachtung seines Vortrittsrechts durch Kuhn nicht rechtzeitig erkannt und aus diesem Grund zu spät oder unrichtig reagiert habe, wird von der Vorinstanz nicht festgestellt. Sie wirft dem Beschwerdeführer auch nicht vor, er habe sein Fahrzeug nicht beherrscht, als erkennbar war, dass der Lastwagen die Strassenmitte nach Imnks zu überqueren begann, sondern einzig, er habe es unterlassen, schon vor diesem Zeitpunkt die Geschwindigkeit herabzusetzen.
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BGE 83 IV, 85 (88)Dazu wäre er nach Ansicht des Obergerichts verpflichtet gewesen, weil der Motorfahrzeugführer schon dann Vorsichtsmassnahmen ergreifen müsse, wenn ein entgegenkommendes Fahrzeug durch Stellen des Richtungsanzeigers die Absicht zum Linksabbiegen bekunde und nicht mit Sicherheit feststehe, ob es den Vortritt gewähre.
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Dieser Auffassung kann in der Form, wie sie im angefochtenen Urteil vertreten wird, nicht zugestimmt werden. Nach der Rechtsprechung dürfen an die Sorgfaltspflicht des Vortrittsberechtigten nicht so hohe Anforderungen gestellt werden, dass das Vortrittsrecht praktisch entwertet und die flüssige Abwicklung des Verkehrs unnötig erschwert und gehemmt würde (BGE 79 II 216). Das wäre der Fall, wenn der Vortrittsberechtigte allgemein sein Recht erst ausüben dürfte, nachdem er sich restlos vergewissert habe, dass der andere die Regeln über den Rechtsvortritt wirklich beachte (Urteil des Kassationshofes vom 15.7.1955 i.S. Bernasconi).
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Die erwähnte Rechtsprechung schliesst aber nicht aus, dass unter besondern Umständen, welche die Möglichkeit einer bevorstehenden Verletzung des Vortrittsrechts als naheliegend erscheinen lassen, der Vortrittsberechtigte seine Fahrweise anzupassen hat, bevor sein Recht konkret missachtet wird. Bei schlechter Sicht, namentlich nachts, ist eine zuverlässige Schätzung der Entfernung und Geschwindigkeit eines entgegenkommenden Fahrzeugs wie auch die Bestimmung seines Abstandes von der Strassenmitte sehr schwierig, wenn nicht ausgeschlossen. Unter solchen Bedingungen hat der Vortrittsberechtigte zu bedenken, dass ihn die erschwerte Beurteilung der Lage des andern Fahrzeugs darüber täuschen kann, ob dieses die angezeigte Richtungsänderung vorerst nur bis zur Strassenmitte ausführe, um ihn durchfahren zu lassen und allfälligen nachfolgenden Fahrzeugen das Überholen rechts zu ermöglichen, oder ob es das Abbiegen über die linke Strassenhälfte fortsetze. Er muss sich auch sagen, dass ebenso der andere, der abbiegen will, leicht einem Irrtum BGE 83 IV, 85 (89)in der Abschätzung der Distanz unterliegen kann (BGE 79 II 217). Diesen Gefahrenquellen hat der Berechtigte durch erhöhte Vorsicht Rechnung zu tragen. Er darf sich daher in solchen Verhältnissen nicht darauf verlassen, der andere werde sich vorschriftsgemäss verhalten, sondern er hat seinerseits unverzüglich diejenige Massnahme zu ergreifen, die notwendig ist, um einer Verletzung seines Vortrittsrechts wirrksam begegnen zu können.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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