BGE 84 IV 119 | |||
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36. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Oktober 1958 i.S. Saba, Radio-, Televisions- und Elektro AG und Werder & Schmid AG gegen Eschenmoser. | |
Regeste |
1. Art. 11 Abs. 1 erster Satz MSchG. |
b) Zulässigkeit von Markenlizenzen (Erw. 1). |
2. Art. 24 lit. c MSchG. |
Frage der Verwechslungsmöglichkeit und Verwechslungsgefahr bei Feilhalten von ausländischen Erzeugnissen unter der vom ausländischen Fabrikationsunternehmen angebrachten Marke, wenn Inhaberin des Markenrechtes für den schweizerischen Gebietsbereich eine Tochtergesellschaft jenes Unternehmens ist, die selber nicht fabriziert noch mit Erzeugnissen der Muttergesellschaft handelt, und wenn die feilgebotenen Waren unter Umgehung der schweizerischen Generalvertretung der ausländischen Herstellerfirma in die Schweiz eingeführt wurden (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
A.- 1.- Die Schwarzwälder Apparate-Bau-Anstalt August Schwer Söhne GmbH in Villingen (Deutschland) ist Inhaberin der internationalen Wortmarken "Saba" und "Saba-Radio" sowie der Wort/Bild-Marke "SabaRadio". Am 30. Juli und 29. November 1955 übertrug sie diese Marken für das Gebiet der Schweiz auf die von ihr hier gegründete Tochtergesellschaft SABA, Radio-, Televisions- und Elektro AG, Lenzburg (im folgenden Saba-Lenzburg genannt), die ihrerseits das Lizenzrecht an der Marke "Saba" der Firma Werder & Schmid AG, als der schweizerischen Generalvertretung der Schwarzwälder Apparate-Bau-Anstalt, Villingen (im folgenden Saba-Villingen genannt), einräumte.
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Die Saba-Villingen ist im Besitz sämtlicher Aktien der Saba-Lenzburg, deren Geschäftszweck nach dem Eintrag im schweizerischen Firmenregister 1957 in der Absatzförderung und Marktregulierung für Saba-Erzeugnisse, insbesondere im Schutz aller Rechte und Interessen der Saba-Villingen besteht. Die Saba-Lenzburg stellt selber keine Apparate her, noch handelt sie mit solchen.
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2.- Im Jahre 1956 gelang es dem Radiohändler Eschenmoser, in Deutschland Radio- und Fernsehapparate der Marke "Saba" zu erwerben und unter Umgehung der Werder & Schmid AG in die Schweiz einzuführen, wo er sie zu Preisen verkaufte, die erheblich unter den von der Saba-Villingen bestimmten Ansätzen lagen.
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3.- Am 15. Mai 1956 stellten die Saba-Lenzburg und die Firma Werder & Schmid AG gegen Eschenmoser unter anderem Strafantrag wegen Widerhandlung gegen Art. 24 lit. c und e MSchG.
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B.- Am 7. Juli 1958 sprach das Obergericht des Kantons Zürich Eschenmoser von Schuld und Strafe frei.
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C.- Gegen dieses Urteil erhoben die Firmen Saba-Lenzburg und Werder & Schmid AG Nichtigkeitsbeschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
1. Die Vorinstanz hat den Beschwerdegegner von der Anklage der Widerhandlung gegen Art. 24 lit. c und e MSchG freigesprochen, weil die Antragstellerinnen gar nicht Inhaberinnen der angeblich verletzten Markenrechte seien. Denn die Saba-Villingen habe ihr Geschäft nicht an die Tochtergesellschaft Saba-Lenzburg abgetreten, sondern ihr bloss bestimmte Aufgaben übertragen, die gewöhnlich Gegenstand eines Auftrages bildeten. Da nach Art. 11 Abs. 1 MSchG eine Marke nur mit dem Geschäft übertragen werden könne, fehle es an der für die Gültigkeit des Markenüberganges erforderlichen Voraussetzung. Der auf Übertragung der Marken gerichtete Vertrag zwischen der Saba-Villingen und ihrer Tochtergesellschaft sei daher nichtig und infolgedessen auch die lizenzweise Abtretung der Wortmarke "Saba" durch die Saba-Lenzburg an die Werder & Schmid AG.
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Nach dem Wortlaut von Art. 11 Abs. 1 erster Satz MSchG kann eine Marke in der Tat nur mit dem Geschäft übertragen werden, dessen Erzeugnissen sie zur Unterscheidung dient. Wie jedoch das Bundesgericht schon in BGE 58 II 180 und BGE 61 II 61 auseinandergesetzt hat, darf diese Vorschrift nicht strenger ausgelegt werden, als es der ihr zugrunde liegende Schutzgedanke erfordert. Art. 11 MSchG will das Publikum davor schützen, dass es die mit der Marke versehene Ware als aus einem Geschäftsbetrieb stammend erachte, aus dem sie in Wirklichkeit nicht herrührt. Mit einer solchen Täuschungsgefahr ist indessen nur zu rechnen, wenn Inhaber und Erwerber des Markenrechtes sowohl juristisch als auch ökonomisch verschiedene Unternehmen sind. Sind sie bloss juristisch verschieden, wirtschaftlich aber eng verbunden oder gar zu einer Einheit zusammengefasst, so besteht kein Anlass, die Gültigkeit des Markenübergangs von der Mitübertragung des Geschäftes abhängig zu machen. Dieser Rechtsprechung ist der Gesetzgeber mit der Novelle vom 22. Juni 1939 insofern gefolgt, als er in Art. 6bis MSchG die Hinterlegung sogenannter Konzernmarken zuliess und damit eine Ausnahme vom Grundsatz des Art. 11 Abs. 1 statuierte (BGE 75 I 346). Danach können Industrielle, Produzenten oder Handeltreibende ihre Marken ohne gleichzeitige Übertragung des Geschäftes an andere Industrielle, Produzenten oder Handeltreibende abtreten, sofern sie mit diesen wirtschaftlich eng verbunden sind und durch den Markenübergang weder das Publikum getäuscht noch sonstwie das öffentliche Interesse verletzt werden kann (vgl. auch BGE 83 II 326).
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Die Firmen Saba-Villingen und Saba-Lenzburg stehen nicht bloss im Verhältnis von Mutter- und Tochtergesellschaft und damit in engen Beziehungen zueinander, sondern sie bilden wirtschaftlich eine Einheit, indem der gesamte Aktienbestand der Saba-Lenzburg in der Hand der Saba-Villingen vereinigt ist. Da überdies nach wie vor der Übertragung die Marken "Saba" und "Saba-Radio" nur auf Fabrikaten der Saba-Villingen angebracht wurden, hatte der Markenübergang von der Mutter- auf die Tochtergesellschaft auch keine Täuschungsgefahr für das Publikum zur Folge. Sind demnach die Voraussetzungen für eine rechtsgültige Markenübertragung ohne gleichzeitigen Geschäftsübergang erfüllt, so ist die Saba-Lenzburg für den schweizerischen Gebietsbereich im Jahre 1955 zur rechtmässigen Inhaberin der ihr von der deutschen Muttergesellschaft übertragenen Marken geworden. Es erübrigt sich deshalb, zu prüfen, ob, wie die Beschwerdeführerinnen behaupten, die Saba-Villingen anlässlich der Gründung ihres Tochterunternehmens in der Schweiz diesem samt den Marken auch einen Teil ihres Geschäftes abgetreten habe.
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Als rechtmässige Markeninhaberin konnte die Saba-Lenzburg der Firma Werder & Schmid AG als der schweizerischen Generalvertretung der mit ihr eine wirtschaftliche Einheit bildenden Saba-Villingen Lizenzrechte an der Marke "Saba" einräumen. Die Zulässigkeit von Markenlizenzen wurde von der Rechtsprechung für den Fall anerkannt, dass die Lizenz einem Geschäft erteilt wird, das mit demjenigen des Lizenzgebers in enger wirtschaftlicher Beziehung steht, was insbesondere zutrifft, wenn die vom Lizenznehmer vertriebenen Waren mit denjenigen des Lizenzgebers identisch sind (BGE 75 I 347; vgl. ferner BGE 61 II 61). Damit ist jedoch die Frage nicht entschieden, ob die Werder & Schmid AG in ihrer Eigenschaft als Lizenznehmerin oder als Generalvertreterin auch zu den nach Art. 27 Ziff. 1 MSchG dem getäuschten Käufer und dem Inhaber der Marke zustehenden Klagen befugt sei. Diese in der Literatur allgemein in negativem Sinn beantwortete Frage (MATTER, Kommentar S. 244; DAVID, Kommentar S. 188 N. 20 und S. 295 N. 5; FALB, Die Übertragung der Fabrik- und Handelsmarke nach Art. 11 MSchG, S. 133; MARTIN-ACHARD, La cession libre de la marque, S. 48; vgl. auch BGE 41 II 285), kann indessen offen bleiben, weil die Beschwerde so oder anders unbegründet ist.
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2. Zur Erfüllung der Tatbestände von Art. 24 lit. a-c MSchG ist erforderlich, dass durch den Missbrauch der Marke eine Verwechslungsmöglichkeit geschaffen und das Publikum der Gefahr einer Täuschung ausgesetzt wird (BGE 33 I 209, BGE 51 I 340, BGE 52 I 203). Dass eine solche Verwechslungsmöglichkeit dann nicht vorliegt, wenn Waren desselben Geschäftes mit der gleichen Marke versehen werden, liegt auf der Hand. In diesem Fall läuft das Publikum auch nicht Gefahr, mit Rücksicht auf die Markenbezeichnung eine herkunftsmässig andere Ware zu erhalten als diejenige, die es zu kaufen beabsichtigt. Dagegen kann eine Täuschungsgefahr im Sinne von Art. 24 MSchG entstehen, wenn Waren verschiedener Unternehmen mit gleichen oder mehr oder weniger ähnlichen Marken versehen werden. Das Verhalten des Beschwerdegegners bewirkte keine derartige Gefahr. Die von ihm verkauften Saba-Apparate stammten aus der Fabrikation der Saba-Villingen und wurden auch von dieser Firma mit ihren Marken versehen. Eine Verwechslungsmöglichkeit bestand umso weniger, als weder die Saba-Lenzburg noch die Werder & Schmid AG Saba-Apparate herstellen. Dass die vom Beschwerdegegner in die Schweiz emgeführten und hier feilgebotenen Saba-Fabrikate nicht unter Fabrikgarantie standen und auch nicht den Garantieservice der Werder & Schmid AG genossen, ändert daran nicht das geringste. Solche dem Käufer eingeräumten Vorteile gehören nicht notwendig zu einem über Markenartikel abgeschlossenen Kaufgeschäft. Der Verkäufer kann für derartige Leistungen nur in Anspruch genommen werden, wenn er dem Käufer entsprechende vertragliche Zusicherungen gemacht hat. Dass Eschenmoser seinen Klienten zugesichert habe, sie würden mit dem Kauf eines Saba-Radios oder eines Saba-Fernsehempfängers des Garantieservices der Werder & Schmid AG teilhaftig, behaupten auch die Beschwerdeführerinnen nicht. Selbst wenn aber eine diesbezügliche Täuschungsgefahr anzunehmen wäre, so bezöge sich diese nicht auf die Herkunft der Ware, sondern bloss auf bestimmte Vertragsabreden und fiele als solche nach Art. 24 MSchG ausser Betracht, weil diese Bestimmung den Markeninhaber nicht gegen ihn möglicherweise benachteiligende Verkaufsbedingungen der Konkurrenz schützt (vgl. BGE 50 I 333). Die Garantiefunktion der Marken "Saba" und "Saba-Radio" für die Identität und Herkunft der damit bezeichneten Waren aus dem Betrieb des Zeichenberechtigten wurde somit durch den Beschwerdegegner nicht gestört.
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Demgegenüber dringt der unter Berufung auf BGE 32 I 157 vorgebrachte Einwand der Beschwerdeführerinnen nicht durch, dass die im fremden Herkunftsland rechtmässige Zeichenanbringung bei Verkauf der Produkte in der Schweiz zu einer im Sinne von Art. 24 lit. c MSchG unzulässigen werde, weil das Markenrecht des ausländischen Inhabers territorial auf das Gebiet des Eintragungslandes beschränkt sei. Diesen Grundsatz hat der Kassationshof nie zur ausschliesslichen Regel erhoben. Insbesondere war gerade im genannten Falle nicht der Gesichtspunkt der territorialen Wirksamkeit der Marke massgebend für die Annahme einer Markenrechtsverletzung, sondern es waren die ganz speziellen, von den vorliegenden völlig verschiedenen Verhältnisse sowie die Tatsache, dass hinsichtlich Identität und Herkunft der im Ausland gezeichneten Waren eine Verwechslungsmöglichkeit mit den Inlandprodukten bestand. In BGE 50 I 330 hat der Kassationshof es überdies ausdrücklich abgelehnt, das Inverkehrbringen von Waren, auf denen im Ausland berechtigterweise ein mit einer schweizerischen Marrke identisches Markenzeichen angebracht wurde, als Markenrechtsverletzung im Sinne von Art. 24 lit. c MSchG zu behandeln. Eine solche Verletzung lasse sich - so wurde damals ausgeführt - auch bei weitgehendster Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen nicht unter den seiner Fassung nach eindeutigen Straftatbestand subsumieren. Im übrigen hingen die im Verhältnis von Mutter- und Tochtergesellschaft stehenden ausländischen und schweizerischen Unternehmen wirtschaftlich so eng zusammen, dass die ausländischen Erzeugnisse als Produkte der schweizerischen Firma angesehen werden müssten und die darauf angebrachten Wortmarken ihre bestimmungsgemässe Verwendung als Erkennungszeichen auch in der Schweiz bewahrten, zumal dadurch weder das Publikum irregeführt, noch der schweizerische Markeninhaber in seinen Individualrechten beeinträchtigt werde. Das muss, was die Verwechslungsgefahr anbetrifft, umso mehr im vorliegenden Fall gelten, wo das ausländische wie das schweizerische Markenzeichen von ein und demselben Unternehmen angebracht wurde. Wie die Beschwerdeführerinnen zutreffend hervorheben, ist zwar die I. Zivilabteilung des Bundesgerichtes in BGE 78 II 167 hinsichtlich der Auslegung von Art. 24 lit. c MSchG dem Kassationshof nicht gefolgt, indem sie vom Grundsatz der territorial beschränkten Wirksamkeit der Marke ausgehend den Gebrauch eines im inländischen Verkehr erscheinenden Warenzeichens, das nicht vom schweizerischen Markeninhaber stammt noch von ihm oder mit seiner Ermächtigung angebracht wurde, selbst dann gemäss Art. 24 lit. c MSchG als rechtswidrig bezeichnete, wenn der schweizerische und der ausländische Markenberechtigte durch Angehörigkeit zum gleichen Konzern wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Dem kommt jedoch für den heutigen Entscheid keine Bedeutung zu. Denn in der von der I. Zivilabteilung beurteilten Sache wurde durch die Verwendung der gleichen Marke durch den ausländischen und den schweizerischen Markenberechtigten das Publikum der Gefahr einer Täuschung ausgesetzt, während im vorliegenden Falle das Moment der Verwechslungsgefahr und Verwechslungsmöglichkeit gerade fehlt. Aus BGE 78 II 167 lässt sich daher nichts zu Lasten des Beschwerdegegners ableiten.
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