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47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. Dezember 1958 i.S. Frank und Konsorten gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. | |
Regeste |
1. Art. 253 StGB. Der Kaufvertrag über ein Grundstück ist falsch beurkundet, wenn nach Vereinbarung eines höheren Kaufpreises und Anzahlung eines Teilbetrages in der öffentlichen Urkunde nur noch die Restsumme als Kaufpreis genannt wird. | |
Sachverhalt | |
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Frank kaufte am 22. Februar 1956 von Gemperle die Liegenschaft Weinbergstrasse 107 in Zürich 6. Vereinbart war ein Kaufpreis von Fr. 475'000.--, an den Frank vor der öffentlichen Beurkundung des Kaufvertrages eine Vorauszahlung von Fr. 35'000.-- leistete. Die Parteien veranlassten daraufhin den Notar, als Kaufpreis den Betrag von Fr. 440'000.-- zu verurkunden. Ihre Absicht war, durch dieses Vorgehen steuerrechtliche Vorteile zu erlangen.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Die öffentliche Beurkundung, welche das Gesetz als Gültigkeitserfordernis bestimmter Rechtsgeschäfte, so u.a. für Kaufverträge über Grundstücke, vorschreibt, ist zum Schutze der Parteien wie zur Erhöhung der allgemeinen Rechtssicherheit bestimmt und mit der Wirkung ausgestattet, dass die Urkunde für die darin bezeugten Tatsachen vollen Beweis erbringt, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist (Art. 9 ZGB). Daraus hat die Rechtsprechung gefolgert, dass der verurkundete Vertrag vollständig und richtig sein muss, d.h. dass alle objektiv und subjektiv wesentlichen Vertragspunkte, namentlich auch der Kaufpreis, der Beurkundung bedürfen und dass sie dem wirklichen Willen der Parteien entsprechen müssen (BGE 68 II 233,BGE 78 II 224). Die Beurkundung ist demnach unrichtig, wenn der vereinbarte Kaufpreis mit dem verurkundeten Betrag nicht übereinstimmt, denn die Urkunde täuscht dann einen Vertragsinhalt vor, der dem wirklichen Parteiwillen nicht entspricht. Dabei ist kein Unterschied zu machen, ob in der Urkunde ein höherer oder ein niedrigerer Kaufpreis als der gewollte angegeben und ob im letztern Fall der unterdrückte Teilbetrag vor oder erst nach der Beurkundung bezahlt wird. In diesem Sinne hat der Kassationshof schon bisher entschieden (BGE 78 IV 105, unveröffentlichte Urteile vom 12. Februar 1954 i.S. Gerber und vom 24. Januar 1955 i.S. Kägi). Davon abzugehen, besteht kein Anlass.
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Allein die Formvorschrift erstreckt sich auf den Vertrag als Ganzes, und der Kaufpreis als wesentliches Element muss darum in der öffentlichen Urkunde in seiner wahren Höhe angegeben werden. Er setzt sich aus der Gesamtheit aller Leistungen zusammen, welche der Käufer dem Verkäufer als Entgelt für die Übertragung des Eigentums am Grundstück zu erbringen hat. Was im Zeitpunkt der Beurkundung bereits bezahlt ist, hat daher nicht weniger Kaufpreischarakter, als was noch aussteht, und die Höhe des wirklich gewollten Kaufpreises bleibt sich genau gleich, ob der in der Urkunde verheimlichte Überpreis zum voraus oder erst nach der Beurkundung bezahlt wird. Das Argument, es genüge die Bestimmbarkeit des Kaufpreises und diese sei auf Grund des öffentlich beurkundeten Vertrages in Verbindung mit anderen Dokumenten möglich (BGE 50 II 146), ist nicht überzeugend. Um dem Erfordernis der Angabe des wahren Kaufpreises in der öffentlichen Urkunde zu genügen, kann von Bestimmbarkeit nur die Rede sein, wenn alle zur Bestimmung des Kaufpreises notwendigen Faktoren aus der Urkunde selbst ermittelt werden können und es dazu des Beizuges anderer Beweismittel nicht bedarf. Auch die von der Formvorschrift verfolgten Zwecke würden nur ungenügend erreicht, wenn Anzahlungen an den Kaufpreis in der öffentlichen Urkunde unerwähnt blieben. Denn im ![]() | 7 |
Die I. Zivilabteilung, die nach einer vorübergehenden Änderung der Geschäftsverteilung heute wie ursprünglich für die Beurteilung von Streitigkeiten aus Grundstückkäufen zuständig ist, hat denn auch in einem Meinungsaustausch mit dem Kassationshof am 12. Dezember 1958 erklärt, dass sie an der Auffassung der II. Zivilabteilung nicht festhalte.
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c) Gemperle und Frank haben als Kaufpreis bloss den Betrag von Fr. 440'000.-- in die öffentliche Urkunde aufnehmen lassen, den wirrklich vereinbarten von Fr.475'000.-- wie die erfolgte Vorauszahlung von Fr. 35'000.-- dagegen verschwiegen. Sie bewirkten somit durch täuschende Angaben, dass der Notar eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundete. Art. 253 Abs. 1 StGB ist damit objektiv erfüllt.
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Art. 335 Ziff. 2 StGB ermächtigt die Kantone, Strafbestimmungen zum Schutze des kantonalen Steuerrechts aufzustellen. Dieses kantonale Sonderstrafrecht geht dem gemeinen Strafrecht vor, dergestalt, dass die ganze vom kantonalen Steuerstrafrecht geregelte Materie, z.B. die Urkundenfälschung, ausschliesslich den Bestimmungen des Steuerstrafrechts untersteht und auch für eine subsidiäre Anwendung des gemeinen Strafrechts kein Raum bleibt (BGE 81 IV 168). Das heisst aber nicht, dass immer nur kantonales Steuerstrafrecht anwendbar sei, wenn eine vom ![]() | 11 |
An dieser Voraussetzung fehlt es. Die öffentliche Beurkundung ist als Gültigkeitserfordernis des Grundstückkaufes notwendig Teil dieses zivilrechtlichen Geschäfts, die Urkunde selbst vor allem Grundbuchbeleg und für die Parteien unter sich und gegenüber Dritten Ausweis für den Abschluss des Vertrages. Dass die Urkunde infolge ihrer Eignung als Beweismittel zugleich steuerrechtlichen Zwecken dient, ändert an ihrer vorwiegend zivilrechtlichen Zweckbestimmung nichts. Die Erschleichung der Falschbeurkundung eines Grundstückkaufes fällt deshalb ungeachtet der Absicht des Täters, die Urkunde als Mittel zur Hinterziehung von Steuern oder Abgaben zu verwenden, auf jeden Fall unter die bundesrechtliche Bestimmung des Art. 253 StGB. Ob daneben das kantonale Recht anwendbar wäre, wenn die Handlung gleichzeitig einen Tatbestand des kantonalen Steuerstrafrechts erfüllt hätte, braucht nicht entschieden zu werden, da die Vorinstanz nur die eidgenössische Strafbestimmung angewendet hat.
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