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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Juni 1959 i. S. Schmid gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn. | |
Regeste |
1. Art. 221 StGB. Begriff der Gemeingefahr (Abs. 1) und der wissentlichen Gefährdung von Menschen (Abs. 2); Voraussetzungen des subjektiven Tatbestandes (Erw. 1 und 2). |
3. Art. 68 Ziff. 1 StGB. Begeht der Mittäter, der einen anderen zur Tat anstiftet, zwei strafbare Handlungen, die realiter miteinander konkurrieren? (Erw. 4). |
4. Art. 24 Abs. 2 StGB. Akzessorietät der Anstiftung (Erw. 5). | |
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Der Beschwerdeführer hält Art. 221 Abs. 2 nicht für anwendbar, weil er es nur auf die Erlangung finanzieller Vorteile abgesehen, die Gefährdung von Leib und Leben von Drittpersonen dagegen nicht direkt gewollt, sondern höchstens in Kauf genommen habe. Das sei aber auch Merkmal der einfachen Brandstiftung nach Abs. 1, die immer eine Gemeingefahr voraussetze und damit die Gefährdung anderer in sich schliesse. Qualifizierte Brandstiftung im Sinne des Abs. 2 liege deshalb nur vor, wenn der Vorsatz des Täters primär darauf gerichtet sei, für bestimmte Personen eine unmittelbare Lebensgefahr zu schaffen, wie es beispielsweise der Fall sei, wenn ein Knecht den Hof des ihm verhassten Meisters in Brand stecke.
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Daran ist schon die Auffassung unrichtig, dass Brandstiftung notwendig zu einer Gefährdung von Drittpersonen führen müsse, damit die Tat unter Art. 221 Abs. 1 falle. Das Gesetz nennt die objektiven Merkmale der Schädigung eines anderen und der Herbeiführung einer Gemeingefahr alternativ, setzt also nicht voraus, dass ![]() | 3 |
Aus welchem Beweggrunde der Beschwerdeführer sodann gehandelt hat, ob zur Erlangung der Versicherungsentschädigung oder zur Erreichung eines anderen Zweckes, ist ohne Belang. Eine besondere Absicht wird vom Gesetze nicht gefordert. Zum subjektiven Tatbestand des Art. 221 Abs. 2 StGB gehört bloss, dass der Täter die objektiven Tatbestandsmerkmale des Abs. 1 mit Wissen und Willen (vorsätzlich) erfüllt und darüber hinaus weiss, dass er Leib und Leben von Menschen in konkrete Gefahr bringt. Nach der Rechtsprechung zu Art. 237 Ziff. 1 und anderen Bestimmungen des StGB, in denen wie in Art. 221 Abs. 2 ausdrücklich bloss von wissentlicher Gefährdung die Rede ist, genügt es, dass der Täter die durch seine Tat herbeigeführte Gefahr für Leib und Leben von Menschen kennt; zu wollen braucht er sie nicht (BGE 73 IV 229Erw. 1).
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2. Die Vorinstanz hat die Frage der konkreten Gefährdung von Leib und Leben von Personen bejaht, mit Recht. Nach ihren verbindlichen Feststellungen fand ![]() | 5 |
Nach der verbindlichen Feststellung des Schwurgerichts hat der Beschwerdeführer, der über die Verhältnisse genau im Bilde war, gewusst, dass durch die Brandlegung Personen an Leib und Leben gefährdet werden. Der Tatbestand des Art. 221 Abs. 2 StGB ist damit objektiv und subjektiv erfüllt.
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3. Die Vorinstanz betrachtet den Beschwerdeführer als Mittäter, weil er die Initiative zur Brandstiftung ergriff, den Plan zur Tat entwarf, die Rollen verteilte, seinem Bruder Gottfried Weisungen über die Art des Vorgehens bei der Brandlegung erteilte und die Ausführung der Tat erleichterte. Damit hat sie den Begriff der Mittäterschaft nicht verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht so sehr auf die Beteiligung an der ![]() | 7 |
4. Das Schwurgericht verurteilte den Beschwerdeführer als Mittäter der qualifizierten Brandstiftung und zugleich als Anstifter zu diesem Verbrechen, davon ausgehend, dass er zwei voneinander unabhängige Handlungen begangen habe, die im Sinne von Art. 68 Ziff. 1 StGB realiter miteinander konkurrierten. Eine solche Konkurrenz zwischen Mittäterschaft und Anstiftung ist z.B. möglich, wenn der Anstifter sich erst nachträglich entschliesst, sich an der Tat zu beteiligen, zu der er angestiftet hat. Ob indessen zwei konkurrierende Handlungen auch vorliegen, wenn der Mittäter, wie es hier zutrifft, schon im Zeitpunkt der Anstiftung den Willen hat, an der Planung und Vorbereitung der Tat in massgebender Weise mitzuwirken, oder ob in einem solchen Falle die Anstiftung nicht eher als Ausfluss eines einheitlichen, auf die Haupttat gerichteten Willensentschlusses in der Mittäterschaft aufgehe, ist umstritten (vgl. THORMANN/OVERBECK, Vorbemerkungen N. 11 zu Art. 24 StGB; GERMANN, Das Verbrechen, S. 87, 197 Ziff. 5; SCHWANDER, Das schweiz. Strafgesetzbuch, S. 124/5 Nr. 317; SCHULTZ, ZStR 1956, S. 290). Die Frage braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Die Vorinstanz erklärt nämlich, dass sie ohne Annahme einer Konkurrenz die Anstiftung im Rahmen des Art. 63 StGB berücksichtigt hätte und dass sie auf diesem Wege zum gleichen Ergebnis gelangt wäre. Steht aber fest, dass im Falle der Nichtanwendung von Art. 68 Ziff. 1 an der ausgesprochenen Strafe nichts ![]() | 8 |
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Das hat indessen nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge. Die Vorinstanz hat die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage nicht übersehen, sie aber aus prozessualen Gründen offen gelassen mit der Begründung, dass sie angesichts der übrigen dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Handlungen für die Strafzumessung völlig bedeutungslos sei. Damit gibt sie zu erkennen, dass eine Berichtigung des Schuldspruches an den ausgesprochenen Rechtsfolgen nichts zu ändern vermöchte. Nur zur Änderung der Urteilsgründe, zu denen auch der Schuldspruch gehört, ist jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde nicht gegeben (BGE 81 IV 76 und dort erwähnte Entscheidungen).
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