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41. Urteil des Kassationshofes vom 14. September 1959 i.S. Biedermann gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich. | |
Regeste |
Art. 18 VO über die Strassensignalisation. | |
Sachverhalt | |
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Am 27. September 1958 kurz nach 10 Uhr führte Erwin Biedermann auf der Überlandstrasse einen Personenwagen stadteinwärts gegen die Kreuzung. Bei gelbem Licht fuhr er in diese ein.
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B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich verurteilte ihn am 1. April 1959 wegen Übertretung von Art. 76 Abs. 2 und 5 MFV zu einer Busse von Fr. 10.-. Der Richter ging davon aus, dass nur bei grünem Licht in die Kreuzung eingefahren werden dürfe.
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C.- Gegen dieses Urteil erhob Biedermann kantonale und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde.
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Die kantonale Beschwerde wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 10. Juli 1959 abgewiesen.
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Mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Biedermann, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an den Einzelrichter zurückzuweisen. Er macht geltend, ![]() | 6 |
D.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Was dieses Zwischensignal bedeutet, sagt die Verordnung nicht. Seine Bedeutung ergibt sich jedoch aus der Zweckbestimmung der Lichtsignalanlagen. Diese sollen, um die unfallfreie Abwicklung des Verkehrs sicherzustellen, verhindern, dass Fahrzeuge, deren Bahnen sich kreuzen, sich gleichzeitig in der Schnittfläche der Strassen befinden. Gelbes Licht kann daher, entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers, von vorneherein nicht anzeigen, dass die Durchfahrt grundsätzlich gestattet sei; denn dann würde gerade eintreten, was wegen der dadurch geschaffenen Unfallgefahr durch die Signalanlage ausgeschlossen werden soll, nämlich dass gleichzeitig oder um Sekundenbruchteile gestaffelt von vier Seiten her Fahrzeuge in die Kreuzung einfahren. So befänden sich, wenn gelbes Licht die Fahrt frei geben würde, beispielsweise gerade an Kreuzungen, deren Verkehr dur ch eine Signalanlage des gleichen Systems geregelt wird, wie sie auf der Überland- und Saatlenstrasse angebracht ist, die auf einer Strasse unmittelbar vor dem Wechsel von Gelb auf Rot und die auf der andern Strasse unmittelbar nach dem Wechsel von Rot ![]() | 9 |
Die Verkehrssicherheit an Kreuzungen mit Lichtsignalanlagen ist am ehesten gewährleistet, wenn nur bei grünem Licht in die Kreuzung eingefahren werden darf, das gelbe Licht somit, gleichgültig ob es auf das grüne oder das rote Signal folgt, Anhalten vor der Kreuzung gebietet. Die strikte Durchführung dieses Grundsatzes würde indessen voraussetzen, dass bei grünem Licht die Motorfahrzeuge, um beim Wechsel auf Gelb unter allen Umständen, selbst auf wenige Meter, vor der Kreuzung anhalten zu können, nur im Schritt auf die Kreuzung zufahren dürften, was zu zusätzlichen Verkehrsstauungen vor Kreuzungen führen und dadurch die erwünschte flüssige Abwicklung des Motorfahrzeugverkehrs erschweren würde.
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Die Rücksichtnahme auf diese Auswirkungen vermag eine Einschränkung des Grundsatzes, dass bei gelbem Licht nicht in eine Kreuzung eingefahren werden dürfe, jedoch nur insoweit zu rechtfertigen, als dadurch die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird. Das trifft einzig mit Bezug auf jene Fahrzeuge zu, die sich beim Wechsel von Grün auf Gelb bereits unmittelbar vor der Kreuzung befinden. Nur bei ihnen besteht hinreichend Gewähr dafür, dass sie sich vor dem Aufleuchten des roten Lichtes und damit vor dem Wiedereinsetzen des Verkehrs auf der vorher gesperrten Strasse nicht mehr in der Kreuzung befinden. Übrigens wäre es auch deshalb unzweckmässig, von den Führern dieser Fahrzeuge zu verlangen, dass sie noch vor der Kreuzung anhalten, weil sie zu diesem Zwecke, auch wenn sie vorschriftsgemäss mit mässiger Geschwindigkeit fahren, zu einer Stoppbremsung Zuflucht nehmen ![]() | 11 |
Für alle übrigen Fahrzeugführer, also für jene, die sich beim Wechsel von Grün auf Gelb noch nicht unmittelbar vor der Kreuzung befinden und daher vor ihr anhalten könnten, ohne zu einer Stoppbremsung Zuflucht nehmen zu müssen, gilt der Grundsatz, dass bei gelbem Licht nicht in die Kreuzung eingefahren werden darf, uneingeschränkt, da sie beim Aufleuchten des nur für wenige Sekunden erscheinenden Zwischensignales von der Kreuzung noch zu weit entfernt sind, um damit rechnen zu können, sie vor seinem Erlöschen vollständig passiert zu haben (vgl. mit Bezug auf die entsprechende ausländische Regelung: FLOEGEL-HARTUNG, Strassenverkehrsrecht, 11. Aufl., Anm. 4 zu § 2 StVO; MÜLLER, Strassenverkehrsrecht, 20. Aufl., Anm. 11 zu § 2 StVO; VAN ROYE, Le code de la circulation, 1956, N. 790; REAU, Circulation routière, 2. Aufl., N. 189). Um das Ve rbot einhalten zu können, darf auch bei grünem Licht nicht mit beliebiger Geschwindigkeit auf die Kreuzung zugefahren werden. Den durch das gelbe und das rote Lichtzeichen erteilten Weisungen kann der Fahrzeugführer, der sich bei grünem Licht einer Kreuzung nähert, nur dann Folge leisten, wenn er entsprechend der Vorschrift des Art. 27 MFG den Lauf mässigt, und zwar soweit, dass er beim Aufleuchten von Rot auf alle Fälle vor der Kreuzung anhalten kann, und dazu auch beim Wechsel von Grün auf Gelb in der Lage ist, es sei denn, dass er sich beim Aufleuchten des gelben Zwischensignals schon unmittelbar vor der Kreuzung befindet und ohne Gefährdung anderer das Fahrzeug nicht mehr vor ihr zum Stehen bringen könnte.
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2. Nach der tatsächlichen Feststellung des als Kassationsinstanz urteilenden Obergerichtes, durch die der vom Einzelrichter als erwiesen angenommene Sachverhalt für das Bundesgericht verbindlich ergänzt wird (nicht veröffentlichte Entscheidung des Kassationshofes vom ![]() | 13 |
Demnach erkennt der Kassationshof:
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