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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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18. Entscheid der Anklagekammer vom 8. April 1960 i.S. Pache gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und Untersuchungsrichter des Kantons Waadt. | |
Regeste |
Art. 264 BStP. |
Art. 346 Abs. 1 Satz 2, Art. 348 StGB. |
1. Gerichtsstand des Erfolgsortes bei Wucher, begangen durch Gewährung von Darlehen seitens eines im Ausland befindlichen Kreditinstituts an in der Schweiz wohnhafte Personen (Erw. 2). |
2. Der Gerichtsstand des Erfolgsortes geht den Gerichtsständen aus Art. 348 StGB vor (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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B.- Von der Bezirksanwaltschaft Zürich aufgefordert, sich zur Sache vernehmen zu lassen, bestritt Pache die örtliche Zuständigkeit der Zürcher Behörden, indem er geltend machte, die Darlehensverträge seien in Vaduz abgeschlossen worden und dort sei auch der Erfolg eingetreten.
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C.- Mit Eingabe vom 19. Februar/11. März 1960 ersucht Pache die Anklagekammer des Bundesgerichtes um Bestimmung des Gerichtsstandes. Er beantragt, es sei den Behörden des Kantons Zürich die örtliche Zuständigkeit abzusprechen, eventuell sei der Kanton Waadt gemäss Art. 348 Abs. 1 StGB als Wohnsitzkanton mit der Sache zu befassen.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt im Einvernehmen mit dem Untersuchungsrichter der Waadt Abweisung des Gesuches.
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Die Anklagekammer zieht in Erwägung: | |
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In Anwendung dieser Grundsätze könnte sich fragen, ob das vorliegende Gesuch, das erst drei Monate nach dem Rekursentscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich bei der Anklagekammer eingereicht wurde, nicht ![]() | 7 |
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Dass die strafbaren Handlungen, deren Pache beschuldigt wird, in der Schweiz ausgeführt worden seien, hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich in ihrer Verfügung vom 9. Dezember 1959 nicht angenommen. Sie hielt jedoch dafür, dass der deliktische Erfolg in Zürich eingetreten sei. Der Wortlaut des Gesetzes (Art. 157 StGB) lasse deutlich erkennen, dass die Erfüllung des Tatbestandes durch das "Gewährenlassen" oder "Versprechenlassen" von Vermögensleistungen eine Tätigkeit des Bewucherten voraussetze. So hätten denn im vorliegenden Fall die ausgebeuteten Personen die ihnen auf dem Korrespondenzweg aus Vaduz zugestellten Unterlagen prüfen, die Darlehensverträge unterzeichnen und die Vertragsinstrumente dem Beschuldigten zurücksenden müssen. Ihre Tätigkeit sei, auch wenn zivilrechtlich die Darlehensverträge damit nicht als zustandegekommen betrachtet werden könnten, dem strafrechtlich relevanten Erfolg zuzurechnen. Dieser sei zumindest sowohl in Zürich als auch in Vaduz eingetreten.
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Demgegenüber wendet der Gesuchsteller ein, die Staatsanwaltschaft gehe von einem unrichtigen Begriff des Erfolges im Sinne des Art. 346 Abs. 1 StGB aus. Sie übersehe, ![]() | 10 |
Des Wuchers macht sich gemäss Art. 157 StGB schuldig, wer die Notlage, die Abhängigkeit, die Geistesschwäche, die Unerfahrenheit, die Charakterschwäche oder den Leichtsinn einer Person ausbeutet, um sich oder einem andern für eine Vermögensleistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen zu lassen, die mit der Leistung in einem offenbaren Missverhältnis stehen. Danach genügt, dass die Ausbeutung zum Mittel gemacht werde, um einen auf Austausch von Vermögensleistungen gerichteten Vertrag, in welchem Leistung und Gegenleistung in einem offenbaren Missverhältnis stehen, zustande zu bringen (BGE 80 IV 18). Vollendet ist das Verbrechen mit dem Abschluss des wucherischen Geschäftes. Vorher kann, was auch der Gesuchsteller anerkennt, Versuch gegeben sein, indem sich beispielsweise die Verhandlungen über den abzuschliessenden Vertrag zerschlagen, weil sich der Auszubeutende noch rechtzeitig eines Besseren besinnt (THORMANN/v. OVERBECK, Kommentar, N. 11 und LOGOZ, Kommentar, N. 5 zu Art. 157). In jedem Falle wird der Tatbestand entscheidend durch das Merkmal der Ausbeutung geprägt, die notwendigerweise ein Opfer voraussetzt, von dem sich der Täter die wucherischen Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt. Durch diese Ausbeutung wird der Bewucherte nicht bloss im Sinne einer "Fernwirkung", sondern unmittelbar betroffen, unbekümmert darum, ob er mit dem Geschädigten identisch sei oder nicht (vgl. BGE 80 IV 18). Entsprechend tritt denn auch der verbrecherische Erfolg mindestens teilweise schon dort ein, wo der Bewucherte auf Veranlassung des Wucherers tätig wird, von wo aus er die von diesem ausbedungenen Vermögensleistungen gewährt oder verspricht ![]() | 11 |
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Demnach erkennt die Anklagekammer:
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