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36. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Oktober 1960 i.S. Wittelsbach gegen Egger. | |
Regeste |
Art. 30, 31 StGB. |
Der Rückzug bedarf keiner ausdrücklichen Willenserklärung. | |
Sachverhalt | |
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"Egger gehört also ebensogut auf die Anklagebank wie Schmid. Damit hat er ohnehin die Stellung eines Zeugen verwirkt, auch wenn der Ankläger, um Egger zu schonen, auf eine Anklage gegen ihn verzichtet hat."
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Am 6. November 1958 wurde Egger in Anwesenheit der Parteien und ihrer Anwälte als Zeuge einvernommen und vorgängig vom Instruktionsrichter darauf aufmerksam gemacht, dass ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht zustehe, da der Ankläger ausdrücklich auf eine Strafklage gegen ihn verzichtet habe.
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Nachdem sich Egger in einer weitern Zeugeneinvernahme geweigert hatte, die Namen von Kollegen zu nennen, die durch die Leitung des Konservatoriums ungerechtfertigt gemassregelt worden seien, stellte der Vertreter des Anklägers mit Eingabe vom 3. Januar 1959 das Begehren, Egger nochmals über konkrete Vorfälle einzuvernehmen. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt:
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"Die Weigerung des Zeugen ist sachlich unberechtigt und zudem ungesetzlich, denn es steht ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht zu (StPO 129/131)."
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Nach Abschluss des Beweisverfahrens, in welchem Schmid wiederholt die Abschreibung des Prozesses beantragt hatte, weil der Ankläger auf den Strafantrag verzichtet habe, erhob Wittelsbach am 4. Dezember 1959 auch gegen Egger als Anstifter und Mittäter von Schmid Strafklage wegen Ehrverletzung.
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B.- Am 18. Dezember 1959 sprach das Bezirrksgericht Zürich den Angeklagten Schmid von Schuld und Strafe ![]() | 8 |
Das Obergericht des Kantons Zürich wies am 4. Juli 1960 den Rekurs, den Wittelsbach gegen den bezirksgerichtlichen Einstellungsbeschluss eingereicht hatte, als unbegründet ab. Es erblickt in der Eingabe des Anklägers vom 3. Januar 1959 einen Rückzug des Strafantrages im Sinne von Art. 31 StGB, indem Wittelsbach darin das Zeugnisverweigerungsrecht Eggers unter Hinweis auf § 131 StPO bestritten und damit ausdrücklich zu erkennen gegeben habe, dass Egger im Zusammenhang mit der Sache, in der er als Zeuge auszusagen habe, von Seiten des Anklägers keine Strafverfolgung zu gewärtigen habe.
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C.- Wittelsbach führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung der Anklage gegen Egger an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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2. Nach dieser Bestimmung sind alle Beteiligten zu verfolgen, wenn ein Antragsberechtigter gegen einen an der Tat Beteiligten Strafantrag stellt. Der Kassationshof hat diese Vorschrift dahin ausgelegt, dass auch in den Kantonen, deren Prozessrecht eine formelle Anklage gegen ![]() | 12 |
3. Geht man von der bisherigen Rechtsprechung aus, so hatte die am 30. August 1957 gegen Schmid innert der Antragsfrist und in der vom zürcherischen Prozessrecht geforderten Form anhängig gemachte Anklage gemäss Art. 30 StGB zugleich die Wirkung eines Strafantrages gegen alle Beteiligten, gleichgültig, ob diese bereits bekannt waren oder erst im Verlaufe der Untersuchung ermittelt wurden. Damit war auch gegen Egger, obschon in der Anklageschrift nicht genannt, nach Bundesrecht rechtswirksam Strafantrag gestellt; um das Untersuchungsverfahren gegen ihn auszulösen, bedurfte es nur noch der prozessrechtlich erforderlichen Anklage, die auch noch nach Ablauf der Frist des Art. 29 Abs. 1 StGB möglich war. Hat somit der Ankläger von seinem Recht, Strafantrag ![]() | 13 |
Das Obergericht ist der Meinung, dass der Rückzug des Strafantrages wie der Verzicht auf das Antragsrecht eine ausdrückliche Willenserklärung erfordere; der Wille des Berechtigten, den Strafantrag zurückzuziehen, müsse sich eindeutig und vorbehaltlos aus dem Wortsinn der Erklärung selbst ergeben. Dieser Auffassung steht der klare Wortlaut des Gesetzes entgegen, indem es nur in Art. 28 Abs. 5 für den Verzicht, nicht aber in Art. 31 für den Rückzug Ausdrücklichkeit verlangt. Demnach kann auf den Willen, den Strafantrag zurückzunehmen, auch aus den gesamten Umständen geschlossen werden, sofern er unmissverständlich zum Ausdruck kommt und nicht an eine Bedingung geknüpft ist (BGE 79 IV 100). An den Rückzug des Strafantrages weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Verzicht, ist auch sachlich gerechtfertigt. Wer auf sein Antragsrecht verzichtet, tut es vor Anhebung der Strafuntersuchung und damit regelmässig in Ungewissheit über den Verlauf des Verfahrens und den möglichen Ausgang der Klage, während der Rückzug des Strafantrages im allgemeinen in einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Untersuchung bereits bestimmte Ergebnisse gezeitigt hat, so dass der Antragsteller den Entschluss in Kenntnis der Sach- und Prozesslage fassen kann.
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4. (Gekürzt) In der Eingabe vom 14. Oktober 1958 erklärte der Beschwerdeführer vorbehaltlos, er habe darauf verzichtet, die Bestrafung Eggers zu verlangen. Der Verzicht war als endgültiger zu verstehen, da der Beschwerdeführer ein für allemal von einer Anklage absehen und sich trotzdem der Einvernahme Eggers als Zeuge widersetzen konnte, in der Meinung, dieser sei als Mittäter befangen ![]() | 15 |
Demnach erkennt der Kassationshof:
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