![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
24. Urteil des Kassationshofes vom 18. Juni 1962 i.S. Häuptli und Studer gegen JURA Elektroapparatefabriken L. Henzirohs AG | |
Regeste |
Art. 13 lit. d UWG. |
Voraussetzungen, unter denen die Verwechselbarkeit bei technischen Erzeugnissen und Mustern oder Modellen, die gemeinfrei sind, vermeidbar ist. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Die Jura AG, die der Auffassung war, der "Miotherm"-Heizapparat werde vom Publikum mit ihrem eigenen Erzeugnis verwechselt, reichte Ende 1956 gegen die Rotel AG Strafklage wegen unlauteren Wettbewerbes ein.
| 2 |
B.- Das Obergericht des Kantons Aargau, das im "Miotherm" (Typ A) eine Nachahmung des "Jura-Schnellheizers" erblickte, erklärte mit Urteil vom 5. März 1962 die beiden Direktoren der Rotel AG, Häuptli und Studer, des unlauteren Wettbewerbes im Sinne von Art. 13 lit. d UWG schuldig; es verurteilte Häuptli zu einer Busse von Fr. 1000.-- und Studer zu einer solchen von Fr. 700.--, beide Bussen bedingt vorzeitig löschbar.
| 3 |
C.- Häuptli und Studer führen gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, sie seien freizusprechen.
| 4 |
Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
5 | |
Die kantonalen Gerichte bejahten die Gefahr der Verwechslung der zwei in Frage stehenden Heizapparate wegen ihrer äussern Ähnlichkeit, und dies mit Recht. Bei beiden Apparaten stimmt die Form des Blechkörpers, ein etwas ![]() | 6 |
Der Jura-Schnellheizer besitzt dank der originellen Formgestaltung seiner Heizwände Kennzeichnungskraft, die ihn von andern gleichartigen Apparaten unterscheidet. Der Vergleich mit den von den Beschwerdeführern angeführten Konkurrenzprodukten ("Maxim", "Camerad", "Fael-Bijou", "Therma") zeigt auf den ersten Blick, dass das Gesamtbild, das diese Erzeugnisse vermitteln, infolge ihrer eindeutig abweichenden äussern Gestaltung von demjenigen des Jura-Heizkörpers verschieden ist. Mit dieser Feststellung erweist sich auch die Behauptung der Beschwerdeführer als unbegründet, wonach die äussere Form und Ausstattung elektrischer Heizöfen allgemein von solcher ![]() | 7 |
2. Zum Tatbestand des Art. 13 lit. d UWG genügt nicht, dass durch Nachahmung der Ausstattung eines andern die Waren verschiedener Herkunft vcrwechselt werden können, sondern die Verwechselbarkeit muss ausserdem vermeidbar gewesen sein (BGE 83 II 162, BGE 83 IV 199). Nach ständiger Rechtsprechung ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, wenn die übernommene äussere Gestaltung technisch bedingt, d.h. notwendig ist, damit die technische Konstruktion überhaupt ausgeführt werden kann und brauchbar ist. Die Übernahme von äussern Ausstattungsmerkmalen ![]() | 8 |
Was für die äussere Ausstattung technischer Erzeugnisse gilt, hat analog auch zu gelten, wenn die äussere Gestaltung einer Ware die Eigenschaften eines Musters oder Modells (Geschmackmusters) aufweist. Bei muster- und modellrechtlich nicht oder nicht mehr geschützten Mustern oder Modellen ist die in der ästhetischen Form verkörperte Idee gemeinfrei und darf grundsätzlich von jedem Mitbewerber benützt werden (BGE 83 II 163, BGE 87 II 63); auch das Wettbewerbsrecht steht der Übernahme der ästhetischen Schöpfung als solcher nicht entgegen, so wenig es die Nachahmung einer freien technischen Konstruktion verbietet, denn sonst ergäbe sich auf dem Umweg über das UWG ein zeitlich unbeschränkter Monopolschutz, der sowohl durch das Patentgesetz wie das Muster- und Modellgesetz gerade ausgeschlossen werden wollte (BGE 57 II 459,BGE 79 II 319). Wettbewerbsrechtlich ist die ästhetische Form bloss insofern geschützt, als sie Kennzeichnungskraft besitzt, um die Herkunft der Ware von gleichen oder gleichartigen Erzeugnissen anderen Ursprungs zu unterscheiden. Diese Eigenschaft setzt aber voraus, dass die Form nicht das Wesen der Ware bestimmt, diese also nicht erst durch die Formgebung entsteht, sondern dass die Form bloss äussere Zutat zur Kennzeichnung der Ware ist (TROLLER, Immaterialgüterrecht, Bd. I S. 505 ff.). Nur wenn die ästhetische Form ohne Änderung des Wesens der Ware auswechselbar ist, kann in der Nachahmung der Formgebung unlauterer Wettbewerb liegen.
| 9 |
Im vorliegenden Falle war die Verwechselbarkeit vermeidbar.
| 10 |
![]() | 11 |
3. Der Vorwurf der Beschwerdeführer, die Jura AG habe wider Treu und Glauben gehandelt, da sie nach dem Verzicht der Rotel AG auf die Fabrikation des "Miotherm" als Lizenzgeberin und Bestandteillieferantin der Lenco AG die Belieferung der Migros mit dem genau gleichen "Miotherm" selber aktiv gefördert habe, ist unbegründet. Die Lenco AG war auf Grund des Lizenzvertrages zur Übernahme der Ausstattung des Jura-Schnellheizers berechtigt und hat daher nicht wie die Rotel AG die Leistung der Beschwerdegegnerin missbräuchlich ausgenützt. Die Jura AG anderseits hat für die Überlassung ihrer Ausstattung von der Lenco AG eine entsprechende Gegenleistung erhalten und ist deshalb durch die Herstellung und den Vertrieb des "Miotherm" ![]() | 12 |
13 | |
Demnach erkennt der Kassationshof:
| 14 |
15 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |