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2. Urteil des Kassationshofes vom 20. Februar 1963 i.S. A und Konsorten gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau. | |
Regeste |
1. Art. 64 letzter Absatz StGB. Die Anwendung dieser Bestimmung entfällt bei Abtreibungen, die nicht der ordentlichen, sondern der zweijährigen Verjährung unterliegen. | |
Sachverhalt | |
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B. liess sich im August 1959 einen Eingriff vornehmen, der den Abgang einer zwei Monate alten Frucht bewirkte. C. hatte die Schwangere mit der Abtreiberin zusammengebracht.
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D. liess sich im August 1959, als sie sich schwanger glaubte, eine Seifenlösung in die Gebärmutter einspritzen, ohne dass eine Frucht abging.
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B.- Am 4. Juli 1962 verurteilte die Kriminalkammer des Kantons Thurgau A. und B. wegen passiver Abtreibung (Art. 118 StGB) sowie C. wegen Gehilfenschaft dazu zu je drei Monaten Gefängnis und D. wegen untauglichen Versuches der passiven Abtreibung zu 2 1/2 Monaten Gefängnis, in allen Fällen unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges.
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C.- Die Verurteilten führen Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Kriminalgerichts sei wegen Nichtanwendung von Art. 64 letzter Absatz StGB aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. A. rügt ausserdem die Nichtanwendung von Art. 100 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Der Milderungsgrund des Ablaufs verhältnismässig langer ![]() | 7 |
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Die Kriminalkammer bemerkt zu Beginn ihrer Erwägungen, dass die Gründe, die in Abtreibungsfällen gegen die Anwendbarkeit des Art. 64 letzter Absatz StGB angeführt ![]() | 9 |
Der Richter ist, wenn die Voraussetzungen des Art. 100 Ziff. 1 Abs. 2 erfüllt sind, nicht verpflichtet, die Bestimmung anzuwenden, sondern er kann die Strafbefreiung ablehnen, wenn sie ihm nach den Umständen des einzelnen Falles nicht gerechtfertigt erscheint. Unter diesem Gesichtspunkt darf der Umstand, dass die begangene Straftat nicht der ordentlichen, sondern einer verkürzten Verjährungsfrist unterliegt, berücksichtigt werden, aus der Überlegung, dass in solchen Fällen weniger Veranlassung besteht, von einer Strafe abzusehen. Die Vorinstanz hätte daher die kurze Dauer der Verjährung bei der Entscheidung darüber, ob von Strafe abgesehen werden soll, in Betracht ziehen können. Auf Grund dieser und der weitern Erwägungen der Vorinstanz, nach denen sie die Ausfällung einer Strafe auch wegen der Schwere der verübten Tat und zum Schutze der Verurteilten vor neuen ähnlichen Verfehlungen für notwendig hält, bleibt die Ablehnung der Strafbefreiung im Rahmen des zulässigen Ermessens.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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