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21. Urteil des Kassationshofes vom 29. April 1963 i.S. Rahm gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Art. 25 Abs. 1 MFG. |
Verkehrswidriges Betreten der Strasse durch einen Fussgänger, das für den Motorfahrzeugführer nicht rechtzeitig erkennbar war (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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B.- Das Obergericht des Kantons Zürich sprach Rahm am 4. Dezember 1962 der fahrlässigen Tötung schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 200.--. Es wirft ihm vor, er habe etwas zu lange in die Friesstrasse geblickt. Hätte er seine Aufmerksamkeit einen Bruchteil einer Sekunde früher wieder auf seine Fahrbahn gerichtet, so wäre es ihm möglich gewesen, Frau Bader schon auf eine Entfernung von 25-30 m wahrzunehmen. Dies hätte genügt, um den Wagen rechtzeitig zum Stehen zu bringen und den Zusammenstoss zu vermeiden.
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C.- Rahm führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, das Urteil aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
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Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Auf Strassenverzweigungen hat der wartepflichtige Motorfahrzeugführer nach rechts zu beobachten, und er muss dies, um seiner Vorsichtspflicht zu genügen, mit grosser Aufmerksamkeit tun (BGE 84 IV 59). Das kann er nicht, wenn er die zu beobachtende Strasse nur mit den unscharfen Randbereichen seines Blickfeldes erfasst; erforderlich ist vielmehr, dass die Gesichtsachse zur Seite gewendet wird. Für diese Bewegung, das Ueberblicken der Verkehrslage in der Strasse mit Vortrittsrecht und den neuerlichen Wechsel der Blickrichtung auf die eigene Fahrbahn braucht es erfahrungsgemäss auch dann mindestens eine Sekunde Zeit, wenn sich kein vortrittsberechtigtes Fahrzeug der Kreuzung nähert. Hievon abgesehen könnte eine Pflichtwidrigkeit auch nicht angenommen werden, wenn der Beschwerdeführer für seine Beobachtung z.B. eine Viertels- oder eine Drittelssekunde mehr gebraucht hätte, als normalerweise notwendig gewesen wäre. Die Dauer solcher Reaktionen kann nachträglich nur annähernd abgeschätzt, nicht auf Sekundenbruchteile genau ermittelt werden, so dass Zeitberechnungen, die sich auf Bruchteile von Sekunden stützen, zumindest sehr gewagt, wenn nicht wirklichkeitsfremd erscheinen. Vor allem aber würden die an die Verkehrsteilnehmer gestellten Anforderungen überspannt, wenn man mit Sekundenbruchteilen messen wollte, ob jemand seine Sorgfaltspflicht erfüllt habe und damit strafrechtlich ![]() | 6 |
2. Eine andere Pflichtwidrigkeit kann nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden. Seine Geschwindigkeit von ca. 40 km/Std war, wie auch das Obergericht annimmt, auf der 8 m breiten, übersichtlichen Schaffhauserstrasse, auf der nur wenig Verkehr herrschte, nicht übersetzt. Er brauchte sie an der Einmündung der Friesstrasse wegen der Beobachtung nach rechts, die nur ungefähr eine Sekunde dauerte, nicht herabzusetzen. Dazu wäre er unter den gegebenen Umständen nur verpflichtet gewesen, wenn er hätte erkennen können, dass sich einer der Fussgänger, die sich auf dem Trottoir an der Ecke Schaffhauser-/Friesstrasse befanden, unberechenbar verhalten werde. Hiefür fehlen bestimmte Anhaltspunkte. Es ist nicht festgestellt, wie sich Frau Bader verhalten hat, bevor sie die Schaffhauserstrasse betrat; insbesondere ist nicht bekannt, ob sie vom angrenzenden Gartenareal, in dem sie sich vorher aufgehalten hat, in einem Zuge über das Trottoir geschritten oder ob sie auf diesem noch eine Weile stillgestanden ist. Aus der Tatsache allein, dass das Trottoir von Fussgängern begangen wurde, was der Beschwerdeführer sehen konnte, als er die Einmündung der Friesstrasse erreichte, musste er nicht darauf schliessen, dass sich einer dieser Fussgänger verkehrswidrig benehmen werde. Insbesondere hatte der Beschwerdeführer, da nicht feststeht, dass Anzeichen dafür erkennbar waren, nicht damit zu rechnen, dass an ![]() | 7 |
Da der Zusammenstoss mit Frau Bader nicht auf ein Verschulden des Beschwerdeführers zurückgeführt werden kann, ist dieser von der Anklage der fahrlässigen Tötung freizusprechen.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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