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56. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 4. Dezember 1964 i.S. Nikles gegen Eheleute Bonnet. | |
Regeste |
1. Art. 271 Abs. 2 BStP, Art. 55 Abs. 1 lit. a OG. Nichtigkeitsbeschwerde im Zivilpunkt. Erfordernis der Angabe des Streitwertes in der Beschwerdeschrift (Erw. 1). | |
Sachverhalt | |
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B.- Das Obergericht des Kantons Bern sprach am 12. Februar 1964 Nikles von der Anschuldigung der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs frei, wogegen es das Verfahren wegen Widerhandlung gegen Verkehrsvorschriften zufolge Verjährung einstellte. Es führte aus, der Unfall sei einzig auf die beim Bremsmanöver aufgetretene Linksdrehung des Opels und diese auf die Ungleichheit des Strassenbelages im Bereiche der rechten und linken Räder zurückzuführen. Der 1947 angebrachte Durit-Asphaltbelag sei im Frühjahr 1961 am rechten Rand der bergseitigen Fahrbahn auf einer Breite von rund 1,4 m mit einem Kaltteermischgut überholt worden, das mit der Zeit Bindemittel ausgeschieden habe, wodurch die Flickstelle weich und ausserordentlich glatt geworden sei und die darauf fahrenden Räder weniger gebremst worden seien als die linken, die auf dem härteren und griffigeren Durit-Belag rollten. Objektiv sei daher die Geschwindigkeit nicht dem Strassenzustand angepasst gewesen, und es hätte der Angeschuldigte die Schleuderbewegung auch nicht bloss durch Gegensteuer korrigieren, sondern zudem sofort die Bremsen lösen sollen. Diese Fehler könnten ihm aber nicht zum Verschulden angerechnet werden, da er die Wirkungen der ungewöhnlichen Beschaffenheit des Bodenbelages nicht habe voraussehen können und es einer überdurchschnittlichen Fahrkunst bedurft hätte, um in einer solchen Lage richtig zu reagieren.
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Die adhäsionsweise geltend gemachten Zivilklagen der Eheleute Bonnet auf Ersatz des Körperschadens wurden vom Obergericht dem Grundsatze nach dahin gutgeheissen, dass es Nikles verpflichtete, Frau Andrée Bonnet als Halterin des Citroen 70%, Jean Pierre Bonnet, den als Fahrzeugführer ![]() | 3 |
C.- Nikles führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, die Zivilklagen der Eheleute Bonnet seien abzuweisen. Er macht unter anderem geltend, die mangelhafte Beschaffenheit des Strassenbelages sei auf grobe Fahrlässigkeit der staatlichen Strassenbauorgane zurückzuführen, und sie habe sich als höhere Gewalt ausgewirkt.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Nach Art. 55 Abs. 1 lit. a OG ist bei Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur, deren Streitgegenstand nicht in einer bestimmt bezifferten Geldsumme besteht, die Höhe des Streitwertes in der Berufungsschrift anzugeben. Diese Vorschrift gilt, obwohl Art. 271 BStP nicht ausdrücklich auf Art. 55 OG verweist, auch für die Nichtigkeitsbeschwerde, welche in den Fällen gleichzeitiger Beurteilung ![]() | 6 |
In der Beschwerdeschrift des Beschwerdeführers fehlt jede Angabe über den Streitwert. Normalerweise hat dieser Formfehler zur Folge, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann (erwähnte Urteile des Kassationshofes, fernerBGE 71 II 252ff.,BGE 76 II 112, BGE 83 II 247). Eine Ausnahme macht jedoch die Rechtsprechung, wenn der Streitwert ohne weiteres mit Sicherheit erkennbar ist (BGE 81 II 310, BGE 82 II 593, BGE 83 II 247, BGE 87 II 114). Diese Voraussetzung trifft hier zu. Aus dem obergerichtlichen Urteil ergibt sich, dass jeder der beiden Kläger für Schadenersatz und Genugtuung mehr als Fr. 15'000.-- eingeklagt hat und dass sie die Genugtuungsforderung, auf die sie im Berufungsverfahren verzichteten, vor erster Instanz auf je Fr. 5'000.-- bezifferten. Der Streitwert betrug somit nach Massgabe der Rechtsbegehren, wie sie vor der letzten kantonalen Instanz noch streitig waren (Art. 46 OG), immer noch mindestens je Fr. 10'000.--. Auf die Beschwerde ist demnach einzutreten.
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a) Es steht fest, dass die mangelhafte Beschaffenheit der Flickstelle in der Glätte der Belagsoberfläche bestand, die darauf zurückzuführen ist, dass die im verwendeten Kaltteer ![]() ![]() | 9 |
b) Die Glätte der Flickstelle kann auch nicht als höhere Gewalt gelten, nämlich als unvorhersehbares und unvermeidliches Ereignis, das unabhängig vom Betrieb des Motorfahrzeuges mit unabwendbarer Gewalt von aussen hereinbricht (OFTINGER, a.a.O., Bd. I, S. 101). Wirkungen, die sich als Folgen der Beschaffenheit oder des Unterhaltes des benutzten Verkehrsweges darstellen, sind nicht höhere Gewalt (STREBEL, N. 102/c zu Art. 37 MFG). Jeder Motorfahrzeugführer hat mit Mängeln des Strassenbelages zu rechnen und kann die Folgen durch entsprechende Fahrweise abwenden. Wie die Vorinstanz feststellt, wäre es auch im vorliegenden Falle objektiv möglich gewesen, die Schleudergefahr durch Herabsetzung der Geschwindigkeit auszuschalten oder doch die Schleuderbewegung durch Loslassen der Bremsen aufzufangen.
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