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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. März 1965 i.S. Taupe gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden. | |
Regeste |
Art. 69 StGB. | |
Sachverhalt | |
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B.- Das Kantonsgericht von Graubünden verurteilte Taupe am 18. Dezember 1964 unter anderem wegen qualifizierten Diebstahls zu 18 Monaten Zuchthaus, abzüglich die von 7. bis 25. Oktober 1964 erstandene Untersuchungshaft, und zu fünf Jahren Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit sowie zu 15 Jahren Landesverweisung.
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C.- Taupe führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde. Er verlangt, dass ihm die vom 7. Oktober bis zur gerichtlichen Hauptverhandlung ausgestandene Haft auf die Freiheitsstrafe voll angerechnet werde.
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D.- Die Staatsanwaltschaft Graubünden beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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a) Die Kollusions- und Fluchtgefahr, deretwegen Taupe am 1. Oktober in Zürich in Untersuchungshaft gesetzt worden ist, ergab sich nicht aus einem bestimmten Verhalten nach der Tat, sondern die Gefahr der Kollusion wurde wegen des noch nicht abgeklärten Diebstahlverdachts und die Fluchtgefahr im Hinblick darauf, dass Taupe als Ausländer keinen festen Wohnsitz in der Schweiz hatte, von Gesetzes wegen vermutet (§ 49 lit. a und b zürch. StPO). Die Verhaftung des Beschwerdeführers und seine Haftbelassung nach dem Geständnis vom 7. Oktober wie auch die nach seiner Überführung nach Chur von den Bündner Behörden auf Grund von § 83 der bündnerischen StPO erlassene Haftverfügung stützten sich auf allgemeine, abstrakte Gründe, welche die Anrechnung der Haft nicht ausschliessen. Nur soweit Taupe anfänglich einen Diebstahl ![]() | 6 |
b) Der Beschwerdeführer hält die Nichtanrechnung der nach der Entweichung vom 25./26. Oktober bis zur gerichtlichen Beurteilung ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft für unzulässig, weil keine Anzeichen dafür vorlägen, dass die Haft, wenn er den Fluchtversuch nicht unternommen hätte, aufgehoben oder abgekürzt worden wäre; aus der Haftbelassung des Mitbeschuldigten Schönherr, der keine Flucht unternahm, ergebe sich vielmehr, dass auch Taupe in Haft behalten worden wäre, weshalb sein Verhalten für die nachfolgende Haft nicht kausal gewesen sein könne.
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Diese Auffassung hält nicht stand. Gewiss wurde in BGE 90 IV 70 ausgeführt, für die Nichtanrechnung genüge, "dass die Haft mit dem Verhalten des Beschuldigten ursächlich zusammenhange, d.h. dass dieser sie durch ein anderes Benehmen hätte abwenden oder verkürzen können". Damit wurde der zwischen der Haft und dem Verhalten des Beschuldigten erforderliche Kausalzusammenhang, wie er bisher verstanden worden ist, nicht neu umschrieben. In BGE 90 IV 69 f. werden unter Ziff. 1 lediglich Erwägungen aus früheren Entscheidungen, auf die im einzelnen verwiesen wird, zusammengefasst. Der erwähnte Satz, auf den sich der Beschwerdeführer beruft, bezog sich in BGE 81 IV 23, dem er entnommen ist, nur auf Fälle, in denen das Verhalten des Beschuldigten kein Haftgrund im Sinne des kantonalen Prozessrechtes ist, sondern die Haft nur mittelbar, durch Verzögerung des Verfahrens, zur Folge hat, wie dann, wenn der Beschuldigte im Untersuchungsverfahren die Auskunft verweigert, die Tat leugnet, irreführende Angaben macht oder wenn er, um dem Strafvollzug zu entgehen, offensichtlich trölerisch ein Rechtsmittel einlegt oder aufrechterhält. In diesen Fällen kann gesagt werden, der Beschuldigte hätte die Haft durch ein anderes Benehmen verkürzen oder abwenden können. Das heisst aber nicht, dass jedes Verhalten nach der Tat nur dann für die Haft kausal sei, wenn ohne dieses Verhalten die Verhaftung unterblieben oder eine bereits bestehende Haft aufgehoben oder verkürzt worden wäre. Nach der Rechtsprechung des Kassationshofes ist der Kausalzusammenhang nicht allgemein an eine solche Voraussetzung ![]() | 8 |
Der Umstand, dass im vorliegenden Falle die allgemeine Fluchtgefahr neben der besondern, wie sie sich aus dem Fluchtversuch des Beschwerdeführers ergab, fortbestand und die Haft darum mit grosser Wahrscheinlichkeit auch ohne diesen Fluchtversuch aufrechterhalten worden wäre, schliesst daher nicht aus, dass vom 26. Oktober an nicht mehr die abstrakte, sondern die konkrete Fluchtgefahr massgebender Grund für die Fortdauer der Haft war. Es wäre auch keineswegs unbillig, Taupe die Folgen seines Verhaltens tragen zu lassen, dem Mitbeschuldigten Schönherr, der keinen Fluchtversuch unternahm, dagegen die Haft anzurechnen.
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