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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Februar 1966 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Art. 28 Abs. 1 und 220 StGB. |
2. Auch kann diesfalls jeder der beiden Ehegatten das Antragsrecht ausüben, ohne dass es der Zustimmung des andern bedürfte (Erw. b). | |
Sachverhalt | |
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B.- Auf Antrag der Frau R., der Mutter von Beatrice, erklärte das Obergericht des Kantons Zürich X. am 5. November 1965 der Entziehung einer Unmündigen im Sinne von Art. 220 StGB schuldig und verurteilte ihn wegen dieser sowie anderer Straftaten zu drei Monaten Gefängnis.
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C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, ihn von der Anklage, sich nach Art. 220 StGB strafbar gemacht zu haben, freizusprechen; eventuell sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Der Beschwerdeführer macht geltend, mangels eines rechtsgenügenden Strafantrages könne er nicht nach Art. 220 StGB bestraft werden. Er hält dafür, dass der Strafantrag, um gültig zu sein, nicht nur von der Mutter, sondern auch vom Vater der Beatrice R. hätte unterzeichnet werden müssen; jedenfalls hätte die Mutter nicht ohne Zustimmung des Vaters handeln dürfen. Dass dieser dem Antrag zugestimmt habe, sei aber nicht erwiesen.
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a) Als Verletzter im Sinne von Art. 28 StGB kommt nach ständiger Rechtsprechung nur der Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsgutes in Betracht; wer durch die strafbare Handlung bloss mittelbar (z.B. als Angehöriger oder Gläubiger) betroffen worden ist, gilt nicht als verletzt und ist folglich auch nicht antragsberechtigt (BGE 86 IV 82, BGE 87 IV 106).
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Art. 220 StGB will im Unterschied zu Art. 185 StGB nicht die Freiheit der unmündigen Person, sondern vor allem die Ausübung der Rechte und Pflichten schützen, die dem Inhaber der elterlichen Gewalt über den Unmündigen zustehen (vgl. HAFTER, Bes. Teil S. 443). Der Schutz kommt freilich stets auch dem Minderjährigen zugute, da die elterliche Gewalt ihren Sinn und Zweck im Wohle des Kindes hat. Ob die unmündige Person deshalb als durch die Tat verletzt anzusehen sei, wenn sie den Eltern entzogen oder vorenthalten wird, kann dahingestellt bleiben. Denn verletzt sind auf jeden Fall die Eltern selber, hat die Tat für sie doch zur Folge, dass sie ihre Befugnisse dem Kinde gegenüber nicht mehr ausüben können. Wenn sie die Bestrafung des Täters verlangen, handeln sie daher als unmittelbar betroffene Gewalthaber aus eigenem, nicht abgeleitetem Rechte. Art. 28 StGB dient, zumal in Verbindung mit Art. 220 StGB, nicht nur dem Schutze materieller Interessen, bei deren Verletzung übrigens unabhängig vom Strafverfahren Schadenersatz verlangt werden kann, sondern auch und in erster Linie dem Schutze ideeller Werte. Zu diesen gehört auch das Interesse der Eltern, in der Ausübung ihrer Befugnisse über das Kind nicht gestört zu werden (vgl. BGE 87 IV 110 Nr. 24).
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Besitzen die Eltern aber in Fällen, wie hier, ein eigenes und selbständiges Antragsrecht, so lässt sich nicht sagen, Frau R. habe bloss in Vertretung ihrer Tochter gehandelt, wie der Beschwerdeführer anzunehmen scheint. Auch kommt nichts ![]() | 7 |
b) Durch das Verhalten des Beschwerdeführers wurde zwar auch der Vater der Beatrice in seinen Elternrechten verletzt. Fragen kann sich deshalb nur noch, ob Frau R. unbekümmert darum, dass ihr Mann für die Verfolgung des Täters kein Interesse zeigte, für sich allein Strafantrag stellen konnte und, wenn ja, ob sie hiezu der Zustimmung des Mannes bedurfte.
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Es kommt nicht selten vor, dass ein und dieselbe Straftat mehrere Personen trifft. Ist sie nur auf Antrag strafbar, so kann nach Art. 28 Abs. 1 StGB jeder, der durch die Tat verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters verlangen. Das Antragsrecht steht dem einzelnen Verletzten selbst dann zu, wenn ein anderer sich der Tat und ihren Folgen gegenüber gleichgültig verhält. Daran ändert auch Art. 30 StGB nichts. Der Grundsatz der Unteilbarkeit des Strafantrages bezieht sich nur auf Personen, die als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen an der Verwirklichung des Straftatbestandes beteiligt sind (BGE 81 IV 274 Erw. 2); auf eine Mehrheit von Verletzten findet er keine Anwendung.
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Das gilt auch bei Vergehen gegen die elterliche Gewalt im Sinne von Art. 220 StGB. Gewiss haben die Eltern gemäss Art. 274 ZGB die Gewalt während der Ehe gemeinsam auszuüben, und ist die Ehefrau in der praktischen Ausübung insofern beschränkt, als sie im Einvernehmen mit dem Ehemann zu handeln und bei Uneinigkeit seinen Willen als entscheidend anzuerkennen hat (BGE 67 II 11/12). Am Recht der Ehefrau, selbständig Strafantrag zu stellen, ändert dies jedoch nichts. Inhalt und Umfang der elterlichen Gewalt ergeben sich aus den Art. 275-282 ZGB. Die Gewalt umfasst die Fürsorge für die Person und das Vermögen der Kinder sowie deren Vertretung ![]() | 10 |
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