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20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. Juli 1966 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen gegen Kümpel. | |
Regeste |
Art. 42 StGB. |
Der Richter darf von der Verwahrung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zu ihrer Anordnung erfüllt sind, nicht deswegen absehen, weil er eine vormundschaftliche oder administrative Massnahme für geeigneter hält. |
Berücksichtigung des Gesundheitszustandes des Verurteilten durch die Vollzugsbehörde. | |
Sachverhalt | |
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B.- Das Kantonsgericht Schaffhausen verurteilte Kümpel am 25. Juni 1965 wegen Wuchers, Betruges, Diebstahls sowie fortgesetzter und wiederholter Widerhandlung gegen das kantonale Wirtschaftsgesetz zu einem Jahr Zuchthaus und Franken 500.-- Busse sowie zu zehn Jahren Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit und ordnete anstelle des Strafvollzuges die Verwahrung des Verurteilten nach Art. 42 StGB auf unbestimmte Zeit an.
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Das Obergericht des Kantons Schaffhausen, an das Kümpel Berufung einlegte, bestätigte durch Urteil vom 25. März 1966 den erstinstanzlichen Schuldspruch, setzte dagegen die Strafe auf ein Jahr Gefängnis und Fr. 200.-- Busse herab und nahm von einer Verwahrung Abstand.
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C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache zur Anordnung der Verwahrung und zur Einstellung des Verurteilten in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Kümpel beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Der in Art. 42 StGB vorausgesetzte Hang zu Verbrechen oder Vergehen ist beim Beschwerdegegner auf Grund der grossen Zahl der wegen Verbrechen und Vergehen verbüssten Freiheitsstrafen offenkundig. Von einer wesentlichen Verminderung dieses Hanges, die nach der Auffassung der Vorinstanz seit dem Jahre 1951 eingetreten sein soll, kann nicht die Rede sein. Der Beschwerdegegner hat die Unzuchtsdelikte, deretwegen er am 16. Juli 1959 zu einer in Verwahrung umgewandelten Zuchthausstrafe verurteilt wurde, im Zeitraum von 1952 bis 1957 begangen, und in den Jahren 1958 und 1959 machte er sich wiederum des gewerbsmässigen Betruges schuldig, weshalb ihn das Obergericht des Kantons Solothurn am 24. Mai 1960 in eine Zusatzstrafe von einem Jahr Zuchthaus verfällte. Er konnte sich also nach der am 4. August 1951 erfolgten Entlassung ![]() | 7 |
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Das Obergericht ist nicht dieser Überzeugung, angesichts der Wirkungslosigkeit der bisherigen Strafen, die der Beschwerdegegner in grosser Zahl verbüsste, mit Recht nicht. Es geht aber unter Hinweis auf GERMANN (Bemerkungen in der Textausgabe zu Art. 42 StGB) davon aus, dass der schwere Eingriff der Verwahrung erst gerechtfertigt sei, wenn Strafen und andere Massnahmen versagen oder voraussichtlich nicht wirksam sind, und es hält dafür, dass im vorliegenden Falle eine geeignete vormundschaftliche Versorgung genüge, um die Gesellschaft vor dem heute 61-jährigen, gesundheitlich geschädigten Beschwerdegegner zu sichern, weshalb es anordnete, dieser sei nach der Erstehung der Gefängnisstrafe der Verwaltungsbehörde zuzuführen, damit diese die erforderlichen Massnahmen treffe.
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Etwas anderes wollte offenbar auch GERMANN in seinen Bemerkungen zur Textausgabe nicht sagen. Wenn dort von "andern Massnahmen" die Rede ist, so können darunter nur Massnahmen des StGB verstanden werden. Das ergibt sich auch aus der an der erwähnten Stelle angeführten Abhandlung des gleichen Autors (ZStR 1946, 169 ff.), wo nirgends erklärt wird, dass die Verwahrung nach Art. 42 StGB erst dann anzuordnen sei, wenn auch vom StGB nicht vorgesehene, insbesondere vormundschaftliche oder administrative Massnahmen versagen oder keine bessernde Wirkung versprechen.
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Desgleichen ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichts, auf die GERMANN ebenfalls verweist, nie in Erwägung gezogen worden, dass der Schutz der Öffentlichkeit vor unverbesserlichen Gewohnheitsverbrechern auch durch vormundschaftliche oder administrative Massnahmen sichergestellt werden könne. Es ist im Gegenteil angenommen worden, dass an die Stelle der Verwahrung nach Art. 42 StGB nur Massnahmen des StGB treten können, so die Verwahrung oder Versorgung vermindert Zurechnungsfähiger in einer Heil- und Pflegeanstalt nach Art. 14 oder 15 StGB oder die Einweisung in eine Trinkerheilanstalt nach Art. 44 StGB (BGE 86 IV 204, BGE 88 IV 10). Wo dagegen eine andere Massnahme des StGB ausser Betracht fällt, muss zur Sicherung der Gesellschaft gegen Rechtsbrecher, die durch Strafen nicht zu bessern sind, die Verwahrung nach Art. 42 StGB angeordnet werden. Dementsprechend ist auch entschieden worden, dass selbst dann, wenn eine frühere Verwahrung ![]() | 12 |
Der richterlichen Anordnung der Verwahrung steht auch nicht entgegen, dass der Beschwerdegegner gesundheitlich geschädigt ist. Seinem Gesundheitszustand kann bei der Wahl der Anstalt, in der die Verwahrung vollzogen wird, Rechnung getragen werden. In Frage kommt auch eine offene Anstalt oder eine Heil- und Pflegeanstalt. Hierüber hat nicht der Richter, sondern die Vollzugsbehörde zu befinden.
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